„Die Kinder starben zuerst“

„Die Kinder starben zuerst“
(AFP)

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Überlebende der jüngsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer haben die Schrecken ihres tage- und nächtelangen Überlebenskampfes auf hoher See geschildert.

„Die Kinder starben fast alle am ersten Tag durch die Kälte. Dann sahen wir die Frauen sterben, schwangere Frauen sterben“, berichtete einer der wenigen Überlebenden dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. Allein ein zweijähriges Mädchen, das beide Eltern verloren habe, wird dem Bericht zufolge in „stabilem Zustand“ im Krankenhaus behandelt.

Das Flüchtlingsboot mit mehr als 500 Migranten an Bord war Mitte September auf hoher See gesunken, nachdem es laut Schilderung der Überlebenden absichtlich von einem anderen Schiff gerammt und zum Kentern gebracht worden war. Experten gehen nicht davon aus, dass weitere Überlebenden gefunden werden.

„Wurden immer weniger“

„Nachts haben wir einen Kreis gebildet und uns aneinander festgeklammert. Nach dem dritten Tag fingen wir an, uns aus den Augen zu verlieren“, schilderte der Palästinenser Schukri Al-Asuli (35), den „Report Mainz“ und „Spiegel“ zusammen mit anderen Geretteten auf Kreta ausfindig gemacht haben. „Manche haben die Kälte nicht mehr ertragen können, manche sind ohnmächtig geworden. Viele starben. Wir wurden immer weniger.“ Dann sei nur noch eine kleine Gruppe übriggeblieben: „Wir waren zu fünft.“

Zwei andere Überlebende berichteten: „Wir waren vier Tage im Wasser, ohne etwas zu trinken, ohne etwas zu essen. Wir hatten nichts. Dazu kamen die Kälte, die Dunkelheit und die Angst.“ Nach zwei Tagen hätten die Leute Halluzinationen bekommen. „Die haben zum Beispiel im Wasser gesagt: Hier um die Ecke gibt es ein Einkaufszentrum.“

„Als Hurensöhne beschimpft“

Nach Angaben der Überlebenden sollten die Besatzungen sowohl des rammenden als auch des gerammten Bootes aus Ägypten gewesen sein. Die Kapitäne des Flüchtlingsbootes seien in arabischer Sprache als „Hurensöhne“ beschimpft worden. Die Überlebenden trieben nach eigenen Aussagen vier Tage lang hilflos auf dem Meer. Die Opfer waren laut Augenzeugen vor allem Palästinenser, Syrer und Sudanesen.