Der britische Premierminister David Cameron hat eine eingehende Untersuchung der Abhöraffäre um das Boulevard-Blatt „News of the World“ gefordert. Möglicherweise seien sogar mehrere Ermittlungen notwendig, sagte Cameron am Mittwoch im Unterhaus, das das Thema am Nachmittag in einer Sonderdebatte behandelte. Die Regierung steht zunehmend unter Druck, den Vorwürfen nachzugehen, Journalisten der zum Imperium des Medienunternehmers Rupert Murdoch gehörenden Zeitungen hätten nicht nur die Mailbox eines ermordeten zwölfjährigen Mädchens, sondern auch die von Politikern und Terroropfern geknackt und abgehört.
Cameron sagte, die Affäre habe die britische Öffentlichkeit aufgebracht. Die oppositionelle Labour-Partei legte Rebekah Brooks den Rücktritt als Chefin der britischen Tageszeitungen von Murdochs Konzern News Corp nahe. Brooks war zur fraglichen Zeit Redakteurin bei den „News of the World“. Der Konzern selbst erklärte, er begrüße die Forderung nach einer Untersuchung der Praktiken der Branche.
Polizei ermittelt
Die Parlamentsdebatte dürfte für Cameron unerfreulich werden, weil er mit Brooks befreundet ist. Der Premierminister beherbergte Brooks und ihren Mann wiederholt in seinem Landhaus. Cameron steht darüber hinaus in der Kritik, weil er den früheren „News of the World“-Journalisten Andy Coulson als Kommunikationsdirektor eingestellt hat.
Mittlerweile geht die Polizei Hinweisen nach, Journalisten des Sonntagsblatts könnten Telefonanrufe von Angehörigen der 52 Todesopfer der Bombenanschläge vom 7. Juli 2005 in London abgehört haben. Er sei von der Polizei deswegen angesprochen worden, sagte Graham Foulkes der BBC. Sein Sohn David gehörte zu den Toten. Er habe sich seinerzeit verzweifelt um Informationen über seinen Sohn bemüht und sehr intime Dinge preisgegeben. „Der Gedanke, dass diese Kerle zugehört haben können, graust mich“, sagte Foulkes.
Opfer entschädigen
Für den in Australien geborenen Murdoch kommt der Skandal zur Unzeit. Er setzt derzeit alles daran, mit News Corp den britischen Satellitensender BSky zu übernehmen. Es ist nicht das erste Mal, dass „News of the World“ Negativschlagzeilen schreibt. Jahrelang scheint das Blatt die Mailboxen von Prominenten, Politikern und Mitgliedern des Königshauses abgehört zu haben. Jüngst kündigte News Corp an, einigen Opfern – darunter die Schauspielerin Sienna Miller – eine Entschädigung zu zahlen.
De Maart

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