„Die Ewige Rückkehr des Cavaliere“

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Das hielten viele für unmöglich. Nach seinem Scheitern vor gut einem Jahr will es Berlusconi noch einmal wissen. Doch es sieht wie ein Akt der Verzweiflung aus, um das angeschlagene rechte Lager zu retten.

Silvio Berlusconi steigt doch wieder in den Ring und versetzt Mario Monti sofort ein paar Tiefschläge. Erst kehren seine Leute in beiden Kammern des Parlaments der Regierung Monti den Rücken und stoßen sie damit an den Rand einer Krise. Dann verkündet der Chef von Berlusconis Mitte-Rechts-Partei PdL (Volk der Freiheit), Angelino Alfano, der Medienzar und dreifache Regierungschef wolle wieder als Spitzenkandidat antreten.

Dies löst hektisches politisches Treiben in Rom aus. Denn damit ist der Wahlkampf für 2013 voll entbrannt. Aber hat Berlusconi bei dem Urnengang im Frühjahr überhaupt eine Chance?

Seit dem Sommer hält der 76-jährige „Cavaliere“ nicht nur Italien in Atem, denn auch die europäischen Partner und die Börse setzen auf die Reformpolitik des Wirtschaftsprofessors Monti. Berlusconi kündigt mal an, sehr wohl über eine Kandidatur nachzudenken, dann wieder will er eine neue Partei gründen oder auch den jüngeren Alfano ranlassen.

Auflösungszeichen

Der einst starke PdL ist zerrissen, zeigt Zeichen der Auflösung und ist in Umfragen auf nur noch etwa 15 Prozent abgestürzt. Noch einmal meint Berlusconi also, jene Rolle übernehmen zu müssen, die nach seinem Rücktritt vor einem Jahr die allermeisten für ausgespielt hielten – als Retter der Partei, der Rechten und des in der Rezession steckenden Landes. «Die Ewige Rückkehr des Cavaliere», so nennt das die römische „La Repubblica“, die Anti-Berlusconi-Speerspitze. Und sieht den Schritt als Verzweiflungstat, mit der Berlusconi Freunden und Feinden, Monti und dem Land die Pistole an die Schläfen setze.

Das hoch verschuldete und in einer tiefen Rezession steckende Italien hat sich aber seit Berlusconis Abgang ein gutes Stück weit verändert. Der von Staatschef Giorgio Napolitano eingesetzte Monti brachte mit seiner eisernen Spar- und Reformpolitik das Vertrauen in Europa und bei den Finanzmärkten merklich zurück.

Bersani, Spitzenkandidat

Aufgestiegen zur stärksten Kraft ist in dieser Zeit die Mitte-Links-Partei PD des Pier Luigi Bersani, der in überzeugenden Urwahlen zum Spitzenkandidaten der Linken gekürt wurde. Aufgestiegen ist vor allem aber auch die rechtspopulistische Anti-Politik- und Anti-Euro-Internetbewegung «Fünf Sterne» des Komikers Beppe Grillo. Dann gibt es Kräfte und eine neue Partei, die wollen, dass Monti seine Reformen fortsetzen kann.

In der unübersichtlichen politischen Gemengelage ist vor allem der Staatschef wieder gefragt. Napolitano hatte es eingefädelt, dass Monti und seine so genannte Technokratenregierung ohne Wahlen auf Reformkurs gehen konnten. Giorgio Napolitano müsse nun zu verhindern versuchen, „dass Mitte-Rechts, am Rande des Kollapses, seine Spannungen und Unsicherheiten auf dem Regierungschef ablädt“, so der rechtsliberale Mailänder „Corriere della Sera“. Die Welt schaut auf Italien und die Finanzmärkte reagierten sofort negativ auf die jüngste Entwicklung.

Kein aufgezwungener Kandidat

Napolitano warnt davor, dass alles zu Bruch geht. Er dürfte versuchen, einem überstürzten Ende der Legislaturperiode mit einem Plan für ein geordnetes Vorgehen zu begegnen. Am Freitag zitierte der in Italien angesehene Staatschef PdL-Chef Angelino Alfano zu sich.

Alfano tritt ins Glied zurück, da Berlusconi antritt, und muss auch die Wogen in den eigenen Reihen zu glätten versuchen. Denn die meisten in der Partei wollten Urwahlen wie bei der Linken, keinen aufgezwungenen Kandidaten Berlusconi. „Ohne Armee kämpft man nicht, Alfano gehört die Zukunft, Berlusconi respektiert die Regeln nicht“, sagte der PdL-Senator Carlo Giovanardi der „Repubblica“. Das klingt so, als nehme der Cavaliere die auf ihn zugeschnittene Partei als Geisel. Aus der kam allerdings auch höchster Unmut über die Politik des Reformers Monti, die Berlusconi bislang noch zähneknirschend mitgetragen hatte. Jetzt geht er den Wirtschaftsprofessor frontal an.

Und Monti? Der frühere EU-Kommissar wartet mit der ihm eigenen Ruhe ab, welche Signale aus dem Palast des Staatschefs kommen. Er will nicht unbedingt wieder Regierungschef werden und ist schon für andere Aufgaben im Gespräch. Aber er will auch, als „Retter Italiens“ gerufen, dass seine noch unvollendete Reformpolitik fortgeführt wird.