„Der Rückgang des Stahlverbrauchs in Europa seit 2008 ist vergleichbar mit der Stahlkrise der 70er und der 80er Jahre“, sagte ArcelorMittal Generaldirektor Michel Wurth am Freitagabend vor der Luxemburger Presse. „In der Krise des Jahres 2008 ist die Stahlindustrie brüsk von ihrem Gipfel gefallen, auf dem sie damals war. Wir bewegen uns in der Stahlindustrie auf ein neues Struktursystem zu. Auf das Niveau des Jahres 2008 werden wir wohl so schnell nicht mehr kommen“, fügte Wurth an.
In Europa entwickele sich die Situation unterschiedlich. Spanien verharre in einem Tief. In Deutschland und in Polen habe man es mit einem guten Markt zu tun. Hier sei man auf ein Niveau herangekommen, dass nur vier bis fünf Prozent unter dem des Jahres 2007 läge. Insgesamt befände sich die Stahlnachfrage auf einem Niveau, das 28 Prozent unter dem von 2007 angesiedelt sei, sagte Wurth. „Die Stahlnachfrage läuft dort, wo die Industrie läuft. Dort, wo sie nicht läuft, geht es auch dem Stahl nicht gut. Stahl ist ein Produkt für den Endverbraucher. Wenn der kleine Autos kauft, haben wir als Strahlhersteller ein Problem. Wenn der Maschinenbau klagt, haben wir ebenfalls ein Problem.“ Wurth verwies darauf, dass es im Gegensatz zu Europa in den USA gut laufe. Hier habe man im vergangenen Jahr einen Zuwachs von acht Prozent verzeichnen können. Der Markt läge fast wieder auf dem Niveau von 2007.
Starke Standorte
Die Strategie der Gruppe, die Produktion auf starke Standorte zu konzentrieren, habe sich im vergangenen Jahr in Luxemburg bewährt, sagte Wurth. Die Produktion von Spundbohlen in Belval habe ihr zweitbestes Jahr überhaupt erlebt und die Produktion in Differdingen sei so gut gelaufen wie nie. Natürlich sei es nie gut Installationen zu schließen, wie es mit Schifflingen geschehen sei und das Stahlwerk in Rodange zurückzufahren. Aber hier habe es in den vergangenen Jahren bis zu 140 Millionen Euro Verlust gegeben und wenn man die Produktion hätte weiterlaufen lassen, wäre der Verlust noch höher geworden. Die Schließung sei die einzige Möglichkeit gewesen.
In Düdelingen habe man die Produktion des ultraresistenten Stahls Usibor hochgefahren und werde auch 2013 mehr produzieren. In Belval gäbe es neue Produkte wie auch Bissen sich mit neuen Drahtprodukten profiliere. Als positiv bewertete Wurth auch die neue Stromversorgungslinie nach Frankreich, die gänzlich unterirdisch verlaufe und im ersten Vierteljahr 2013 fertiggestellt sein werde.
International abhängig
Über 90 Prozent der Produkte aus Luxemburg gehen in den Export. Da die Stahlproduktion in Luxemburg international abhängig sei, forderte Wurth eine europäische Industriepolitik. Die Produkte in Bettemburg und in Wiltz seien direkt der chinesischen Dumping-Konkurrenz ausgesetzt. Die Automobil- und auch die Maschinenbau-Industrie müssten in Europa gehalten werden, um die europäische Stahlindustrie zu halten.
Wurth ging noch einmal auf den alten Arbed-Sitz an der Avenue de la Liberté ein. Die Einmottung des Gebäudes bedeute eine Millionen-Einsparung. Untergebracht gewesen sei in dem Gebäude die ArcelorMittal Akademie. Da das Unternehmen Schulden abbauen wolle und auf Sparkurs fahre, daher auch die Reisen zur Akademie eingeschränkt worden seien, sei keine andere Entscheidung möglich gewesen, als das Gebäude stillzulegen.
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