Bombenleger vermutlich Einzeltäter

Bombenleger vermutlich Einzeltäter
(AP)

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Die beiden aus Tschetschenien stammenden Brüder hatten nach Einschätzung der Ermittler keine Verbindungen zu muslimischen Terroristengruppen. Das Motiv für den Anschlag soll aber in ihrem islamischen Glauben zu finden sein.

Von radikalislamischen Motiven geleitete Einzeltäter ohne Verbindung zu muslimischen Terroristengruppen – so beschreiben US-Sicherheitskreise nach einer ersten Vernehmung des überlebenden mutmaßlichen Bostoner Bombenlegers Dschochar Zarnajew die Beweggründe der beiden aus Tschetschenien stammenden Brüder mit US-Pass. Die Angaben Zarnajews müssten noch überprüft werden, betonten zwei Gewährsleute im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Nach der am Montag veröffentlichten Strafanzeige der Bundesbehörden droht Dschochar Zarnajew die Todesstrafe.

Die Vorwürfe gegen den 19-Jährigen lauten auf Verschwörung zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen mit Todesfolge, wie Justizminister Eric Holder mitteilte. Zudem wurden Dschochar und der am Freitag bei einer Verfolgungsjagd ums Leben gekommene Tamerlan Zarnajew beschuldigt, mit Schrapnellen gefüllte Dampfkochtöpfe als Bomben eingesetzt zu haben, bei deren Explosionen beim Zieleinlauf des Bostoner Marathons am vergangenen Montag drei Menschen getötet und mehr als 200 verletzt wurden.

Zarnaew droht Todesstrafe

Das Weiße Haus erklärte, Zarnajew werde nicht als sogenannter „feindlicher Kämpfer“ vor ein Militärtribunal für ausländische Terroristen gestellt, sondern komme als US-Bürger vor ein Zivilgericht. Zarnajew, der seit gut zehn Jahren in den USA lebte und eingebürgert wurde, könne deshalb nicht vor ein Militärtribunal gestellt werden, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Er verwies aber darauf, dass seit den Anschlägen vom 11. September 2001 das Bundesjustizsystem dazu benutzt worden sei, Hunderte von Terroristen zu verurteilen und hinter Gitter zu bringen.

Für Dschochar Zarnajew hat das Konsequenzen bezüglich des Strafmaßes: Nach Bundesrecht droht ihm die Todesstrafe, im Staat Massachusetts, in dem Boston liegt, gibt es diese nicht. Die Justiz des Staates wird Zarnajew aber vermutlich noch wegen des Todes eines Polizisten der Universität MIT am vergangenen Donnerstag belangen.

Dem Haftrichter vorgeführt

Der schwer verletzte Zarnajew befand sich am Montag nach Behördenangaben in einem ernsten, aber stabilen Zustand. Er kam erstmals zu Bewusstsein, konnte aber wegen einer Schusswunde am Hals nicht sprechen. Er wurde in seinem Krankenzimmer in der Klinik Beth Israel dem Haftrichter vorgeführt. Er kommunizierte mit den Ermittlern schriftlich, sagten die Gewährsleute. Nur einmal habe er „Nein“ gesagt: Nämlich auf die Frage, ob er sich einen eigenen Anwalt leisten könne. Er habe genickt, als er gefragt worden sei, ob er Fragen beantworten könne und ob er die Belehrung über seine Rechte durch den Richter verstanden habe. Eine mögliche erste Anhörung zu dem Fall wurde für den 30. Mai vorgesehen.

Dschochar und sein getöteter Bruder Tamerlan gelten als Hauptverdächtige der Bombenanschläge auf den Marathon von Boston. Zudem soll das Duo an der Eliteuniversität MIT einen Polizisten erschossen haben. Bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei wurde der 26-jährige Tamerlan im Feuergefecht schwer verletzt und erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Dschochar wurde nach einer Großfahndung lebend gefasst, hat aber ebenfalls mehrere Schusswunden – am Kopf, am Hals, an den Beinen und an einer Hand.

„Ich habe das getan“

Im Bericht der Bundespolizei FBI für die Gerichtsunterlagen heißt es, Dschochar Zarnajew sei von Überwachungskameras dabei gefilmt worden, wie er einen Rucksack nahe der Stelle der zweiten Explosion ablegte und dann sein Handy benutzte. Sekunden später gab es die erste Explosion und Panik ergriff die Menge. Zarnajew aber – im Gegensatz zu allen neben ihm befindlichen Menschen – wirkte ruhig und ging schnell weg, schrieb das FBI, das keine Angaben zum Motiv der Brüder machte. Aus dem Bericht ging auch nicht hervor, ob Zarnajew mit seinem Handy die Explosionen auslöste oder mit jemandem sprach. Beide Brüder hätten je einen Rucksack mit einer Bombe platziert.

Der FBI-Bericht enthält ein besonderes Detail von der Flucht der Brüder aus Cambridge: Sie zwangen einen Autofahrer, sie mitzunehmen. Einer der Brüder habe ihn gefragt: „Haben Sie von der Explosion in Boston gehört? Ich habe das getan.“