Bettel: „Tsipras muss liefern“

Bettel: „Tsipras muss liefern“
(Jean-Claude Ernst)

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Im Schuldendrama läuft unerbittlich die Zeit ab. Die Europartner geben Griechenland bis Sonntag Zeit, um ein "schwarzes Szenario" abzuwenden. Regierungschef Xavier Bettel ist wenig optimistisch.

Griechenland hat nur noch wenige Tage Zeit, um mit den Europartnern einen Kompromiss im Streit über die Schuldenkrise des Landes zu finden. „Die endgültige Frist endet diese Woche“ (Link), sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach einem Eurozonen-Gipfel am Dienstag in Brüssel. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte einen Sondergipfel aller 28 EU-Mitgliedstaaten für Sonntag an.

Falls auch dieser keine Lösung bringt, wird in den Brüsseler Institutionen bereits ein „Grexit“-Szenario durchgespielt. „Sonntag wird so oder so ein Schlussstrich gezogen“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Tusk betonte: „Ohne Zweifel ist das sicherlich der kritischste Moment in unserer gemeinsamen Geschichte der EU und der Eurozone.“

Bettel erhöht den Druck

Der Luxemburger Ministerpräsident Xavier Bettel, der die derzeitige halbjährige EU-Ratspräsidentschaft inne hat, warnte vor Illusionen: „Herr Tsipras muss liefern. Es müssen auch Vorschläge sein, mit denen die anderen 18 Euro-Länder leben können.“ Die Regierungschefs Belgiens und der Niederlande warnten, ohne eine Einigung werde es keine Hilfe für das kurz vor dem Bankrott stehenden Land geben.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras kündigte wie von den Euro-Partnern verlangt ein Reformpaket an. „Die Vorschläge enthalten glaubwürdige Reformen, die sozial gerecht sind“, sagte er in der Nacht zum Mittwoch. Im Gegenzug werde Griechenland Unterstützung bekommen, um seinen mittelfristigen Finanzbedarf zu decken. Es sei auch ein Investitionspaket im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit vorgesehen sowie Gespräche über eine Umschuldung. „Das Ziel ist eine sozial gerechte und wirtschaftlich machbare Vereinbarung für Griechenland und für Europa“, betonte er.

„Wir haben ein ‚Grexit‘-Szenario“

Laut Merkel erwarten die Europartner, dass Athen bis spätestens Donnerstag vorschlägt, wie genau ein Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM aussehen könne. Bisher seien die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen über ein solches Rettungsprogramm nicht gegeben. „Sie sehen mich hier nicht ausgesprochen optimistisch“, sagte Merkel. Frankreichs Staatspräsident François Hollande betonte: „Frankreich will, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt und arbeitet daran, das zu erreichen.“

Die EU-Kommission ist laut Juncker auf alle Szenarien vorbereitet: „Wir haben ein ‚Grexit‘-Szenario im Detail ausgearbeitet. Wir haben ein Szenario, was die humanitäre Hilfe angeht. Und wir haben ein Szenario – und das ist auch mein Lieblingsplan – mit dem wir dem Problem Herr werden könnten und Griechenland im Euro-Währungsgebiet bleibt.“ Juncker betonte, er sei gegen ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. Allerdings müsse Athen dafür Reformen zusagen und umsetzen.

Überbrückungskredit im Juli

Einen von Griechenland verlangten erneuten Schuldenerlass lehnen die Euro-Staaten bisher mehrheitlich ab. Merkel sagte dazu: „Ein haircut kommt nicht infrage. Das ist ein Bailout innerhalb der Währungsunion, und das ist verboten“, sagte sie. Damit ist die Übernahme von Schulden eines Eurolandes durch die anderen Mitglieder gemeint.

Damit Griechenland nicht schon im Juli unter seiner Schuldenlast zusammenbricht, ist laut EU-Diplomaten ein Überbrückungskredit im Gespräch. Dieser könnte die Zeit bis zu einem dritten Hilfspaket überbrücken. Ein Betrag hierfür sei bisher nicht bekannt, hieß es. Das zweite und bislang letzte Hilfsprogramm ist Ende Juni ausgelaufen, nicht abgerufene Milliardenhilfen verfielen.

Humanitäre Hilfe für Athen

Tusk zufolge ist auch humanitäre Hilfe für notleidende Menschen in dem Krisenland denkbar. „Für uns ist es wichtig, die Meinung der (EU-)Kollegen über eine mögliche humanitäre Hilfe für Griechenland zu hören, wenn sie denn notwendig werden sollte“, sagte der EU-Ratspräsident. Ein sogenanntes „schwarzes Szenario“, also den Austritt Griechenlands aus der Eurozone, schloss Tusk in seiner Beschreibung der Lage nicht aus.

Dem Vernehmen nach präsentierte Tsipras den Staats- und Regierungschefs in Brüssel Vorschläge, die auf Plänen der Geldgeber von Ende Juni aufbauen. Dazu gehören eine Renten- und Mehrwertsteuerreform sowie eine Luxussteuer. Bei einem Referendum am Sonntag hatten griechische Wähler dieses Angebot der Geldgeber mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen.

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