Bernankes Fed druckt noch viel mehr Geld

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(dpa-Archiv)

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Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche in den USA wirft die Federal Reserve zum Jahreswechsel erneut kräftig die Notenpresse an. Experten kritisieren, die Fed schalte "auf Autopilot".

Zugleich bindet die US-Zentralbank sich in ihrer Zinspolitik überraschend an feste Zielmarken für Inflation und Beschäftigung und schaltet damit geldpolitisch für die nächste Zeit auf Automatik. Ihren eigenen Prognosen zufolge dürften die Notenbanker um Fed-Chef Ben Bernanke jedenfalls vor 2015 nicht mehr an der Zinsschraube drehen.

Bernanke mahnte am Mittwochabend (MEZ) vor Journalisten in Washington jedoch, die Federal Reserve müsse sich von ihrer extrem konjunkturstimulierenden Geldpolitik lösen, schon bevor das Endziel der Vollbeschäftigung erreicht werde. Er versicherte aber zugleich, die Fed werde auch nicht zu schnell vom Gas gehen: „Wir sind keineswegs auf Autopilot. Sollte nur einer der Schwellenwerte erreicht werden, heißt das noch nicht, dass automatisch die Unterstützung für die Konjunktur zurückgefahren wird.“

Neue Milliarden

Und Unterstützung für die lahmende Wirtschaft zwischen Chicago und Los Angeles gibt es reichlich: Wie die US-Notenbank am Mittwoch nach der letzten Sitzung ihres Offenmarktausschusses 2012 mitteilte, will sie ab Januar monatlich für 45 Milliarden Dollar Staatsanleihen kaufen. Zusätzlich setzt sie den im September begonnen Aufkauf bestimmter Immobilienpapiere in einem Volumen von 40 Milliarden Dollar pro Monat fort. Beides war an den Finanzmärkten erwartet worden. An der Wall Street setzten der Dow Jones-Index und die Nasdaq ihre Rally der vergangenen Tage fort. Der Dollar gab nach.

Überraschend früh und nicht erst wie erwartet im kommenden Jahr setzten sich die US-Notenbanker auch konkrete Zielmarken, die sie mit ihrer Geldpolitik anpeilen. So soll der Leitzins, der seit vier Jahren bei quasi null Prozent liegt, so lange nicht steigen, bis die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent sinkt und auf Sicht von ein bis zwei Jahren eine Inflationsrate von höchstens 2,5 Prozent erwartet wird. Bis dato hatte die Fed erklärt, der Schlüsselzins werde wohl nicht vor Mitte 2015 wieder erhöht.

Selbstverpflichtung

Entsprechend ihrer neuen Konjunkturprognosen, die ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht wurden, dürfte es aber auch mit der neuen Selbstverpflichtung dabei bleiben. Denn erst im Jahr 2015 rechnet Bernanke damit, dass die Arbeitslosenquote wieder auf Werte zwischen 6,0 und 6,6 Prozent fällt. Er betonte zugleich, die Zentralbank müsse wirklich ernsthafte Fortschritte erkennen, bevor über eine Rücknahme des Stimulus nachgedacht werden könne: „Wir erwarten, dass wir mit dem Wertpapierkäufen so lange weiter machen, bis wir tatsächlich eine substanzielle Aufhellung des Ausblicks für den Arbeitsmarkt erkennen können – und das in einem Umfeld niedriger Inflation.“

Die Realität des Spätherbstes 2012 sieht hingegen deutlich düsterer aus: zuletzt lag die Arbeitslosenquote in den USA bei 7,7 Prozent – weit entfernt vom jetzt propagierten Ziel. Sie war zuletzt zwar gesunken. Experten gehen aber davon aus, dass dies vor allem der Fall ist, weil immer mehr Amerikaner die Suche nach einem neuen Job ganz aufgeben. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank (EZB), die ausschließlich das Ziel eines stabilen Preisniveaus verfolgt, muss die Federal Reserve wegen ihres gesetzlichen Auftrages auch dafür sorgen, dass möglichst Vollbeschäftigung herrscht.

„Auf Autopilot“

Mit den neu beschlossenen Staatsanleihekäufen ersetzen die Notenbanker ein Ende Dezember auslaufendes Programm – die „Operation Twist“. In diesem Rahmen hatten sie in ihrer Bilanz kurzlaufende Staatsanleihen in langlaufende Papiere umgetauscht, um damit die langfristigen Zinsen in den USA zu drücken und so die Konjunktur zu stimulieren. Bereits seit September pumpt Bernanke durch den Aufkauf hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) Monat für Monat 40 Milliarden Dollar in die Wirtschaft. Zusammen mit dem neuen Staatsanleihen-Kaufprogramm über monatlich 45 Milliarden Dollar wird sich die Bilanz der Zentralbank durch beide Maßnahmen zusammen bis Ende 2013 um rund 1,2 Billionen auf vier Billionen Dollar aufblähen.

Viele Experten reagierten zufrieden auf die neuen Aktionen. der Zentralbank. „Sie hat eine blutleere Volkswirtschaft vor sich und deshalb tut sie alles, was sie kann, um wenigstens ein bisschen Fortschritt zu erreichen. Ich bin schon überrascht, wie lange sie sich im Zweifelsfall selbst binden wollen“, sagte der Chef der Beratungsfirma Lancz & Associates in Toledo, Ohio, Alan Lancz. Nach Ansicht von Ökonom Mark Zandi von Moody’s Analytics war die letzte Zins-Sitzung 2012 voraussichtlich auf für längere Zeit das letzte Treffen der Notenbanker mit größerer Tragweite: „Wer 2013 im Offenmarkt-Ausschuss sitzt, ist nicht mehr wichtig. Die Fed hat die Geldpolitik auf Autopilot gestellt.“