Sonntag9. November 2025

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Berlusconis Immunität steht auf dem Prüfstein

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Die Anwälte des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi haben das umstrittene Immunitätsgesetz der Regierung verteidigt.

Bei einer etwa einstündigen Anhörung vor dem italienischen Verfassungsgericht erklärten sie am Dienstag in Rom, das Gesetz sei verfassungsgemäß und notwendig, um das Recht auf eine faire Verteidigung sicherzustellen. Anwalt Nicolo Ghedini merkte außerdem an, dass das italienische Recht auch andere Wege zur Aussetzung von Gerichtsverfahren zulasse, wie etwa im Falle einer schweren Krankheit.

Mit Blick auf die notorisch langsamen Mühlen des italienischen Justizsystem sagte er auch: „Niemand kann behaupten, dass zügige Gerichtsverfahren in unserem Land üblich sind.“
15 Verfassungsrichter prüfen derzeit ein von der konservativen Parlamentsmehrheit im März beschlossenes Gesetz, nach dem Verfahren gegen Regierungsmitglieder für 18 Monate ausgesetzt werden können, wenn es ein „legitimes Hindernis“ gibt.
Das Verfassungsgericht muss nun entscheiden, ob die Immunitätsregelung gegen den Grundsatz verstößt, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind. Außerdem müssen die Richter klären, ob das umstrittene Gesetz Formfehler aufweist. Die Richter wollen sich nach Angaben des Präsidenten des Verfassungsgerichts Ugo De Siervo am Donnerstag zu Beratungen zurückziehen, eine Entscheidung wird am gleichen Tag erwartet.

Schutzschirm

Berlusconi steht wegen des Immunitätsgesetzes in der Kritik. Seine Gegner werfen ihm vor, die Regelung sei auf ihn zugeschnitten und sie solle ihn schützen. Der Ministerpräsident ist wegen Korruption und Steuerbetrugs angeklagt. Beide Verfahren wurden ausgesetzt. Sollte das Verfassungsgericht die Immunitätsregelung aber kippen, müsste der Regierungschef sich in Mailand vor Gericht verantworten.

Für den Fall, dass eine verfassungsrechtliche Ächtung des Immunitätsgesetzes scheitern sollte, haben italienische Zeitungen und Rechtsexperten eine andere Möglichkeit ins Spiel gebracht, um Berlusconi vor Gericht zu stellen. So könnten verantwortliche Richter prüfen, ob bei Berlusconi tatsächlich legitime Hindernisse für eine Strafverfolgung vorlägen, hieß es.

Verjährt

In den vergangenen Jahrzehnten hat es unzählige Ermittlungen gegen Berlusconi gegeben, mehrfach kam es zu Prozessen gegen ihn – verurteilt wurde er aber nie. Entweder wurde er freigesprochen oder die Vorwürfe waren verjährt.
Bei einem der jüngsten Verfahren ging es darum, dass Berlusconi den britischen Anwalt David Mills bestochen haben soll, damit dieser in den 90er Jahren vor Gericht in seinem Sinne eine Falschaussage ablieferte. Mills wurde 2009 verurteilt, weil er 600.000 Dollar Bestechungsgeld angenommen habe. Das Urteil wurde danach aber vom höchsten italienischen Strafgericht aufgehoben, weil die Vorwürfe verjährt waren.

In einem anderen Verfahren wird Berlusconi vorgeworfen, sich beim Kauf von TV-Rechten für sein Medienimperium Mediaset der Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben. Der Ministerpräsident hat jegliches Fehlverhalten stets abgestritten.
Bereits 2004 und 2009 hatte der Ministerpräsident Anläufe zu einem Immunitätsgesetz unternommen. Doch das Verfassungsgericht wies die Gesetze beide Mal zurück.

Regierungsgeschäfte

Das im März verabschiedete Gesetz stellt eine Übergangslösung dar, während die konservative Parlamentsmehrheit an einer weitergehenden Regelung arbeitet. Befürworter sagen, das Gesetz erlaube es Berlusconi, sich auf seine Regierungsgeschäfte zu konzentrieren. Es schützte ihn davor, sich von Gerichtsverfahren ablenken zu lassen. Der Ministerpräsident hat kein Geheimnis aus seiner Ansicht gemacht, dass es den linksgerichteten Staatsanwälten und Richtern nur darum gehe, ihn aus dem Amt zu jagen.