Ausbeutung geschieht überall

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(dpa)

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In einigen Branchen wie dem Hotel- oder Baugewerbe werden Arbeitskräfte in der EU einer neuen Studie zufolge häufig ausgebeutet. Luxemburg wird wegen seiner schwachen Strafen kritisiert.

Hungerlohn, Pass einkassiert, von der Außenwelt abgeschnitten: Schwere Ausbeutung von Arbeitskräften ist nach einem EU-Bericht in einigen Wirtschaftszweigen weit verbreitet. Die EU-Grundrechteagentur (FRA) stützt sich bei dieser Einschätzung unter anderem auf rund 600 Gespräche mit Gewerkschaftern, Polizisten oder Mitarbeitern von Aufsichtsbehörden. „Ausländische Arbeitnehmer haben in der EU ein ernsthaftes Risiko, ein Opfer von Arbeitsausbeutung zu werden“, sagte Blanca Tapia von der FRA.

Nichts Neues
Die Aussagen der der EU-Grundrechteagentur über Luxemburg wundern OGBL-Zentralsekretär Jean-Luc de Matteis nicht. „Seit Jahren pochen wir darauf, dass die Gesetze in Luxemburg verschärft werden müssen. Die juristischen Prozeduren sind in Luxemburg sehr langwierig. Die Fälle ziehen sich über die Jahre und verlieren sich oft in dem ganzen Durcheinander,“ betont de Matteis gegenüber Tageblatt.

„Wir erleben immer wieder, dass Firmen in Luxemburg sich nicht an die gesetzlichen Arbeitszeiten halten oder unter anderem Überstunden nicht bezahlen. Die Strafen von maximal 25.000 Euro sind da Peanuts für Unternehmen,“ so de Matteis.

Er kritisiert auch, dass der Gewerbeinspektion für solche Fälle kaum weitreichende Befugnisse hat.

Keine Zahlen
Zahlen zum Ausmaß des Problems in der EU liefert die Studie nicht. „Diese Verbrechen geschehen im Verborgenen“, erklärt Blanca Tapia von der FRA. „Niemand kann diese Zahlen haben.“ Die Autoren hätten vielmehr nach Ursachen forschen oder Gruppen von Betroffenen identifizieren wollen.

Gemeinsam sei vielen Fällen der sehr niedrige Lohn, manchmal von einem Euro pro Stunde und weniger, sowie die langen Arbeitszeiten von zwölf Stunden und mehr an sechs oder sieben Tagen in der Woche, heißt es in dem Bericht der EU-Grundrechteagentur, der am Dienstag in Wien und Brüssel vorgestellt wurde.

Geringes Risiko für Täter

„Wie die Ergebnisse zeigen, ist die kriminelle Ausbeutung von Arbeitskräften in einer Reihe von Wirtschaftszweigen weit verbreitet, vor allem in der Landwirtschaft, im Bauwesen, in der Hotellerie und Gastronomie, in der Hausarbeit und dem verarbeitenden Gewerbe“, erklärte die Grundrechteagentur. Die Täter trügen dabei nur ein geringes Risiko, strafrechtlich verfolgt zu werden oder die Opfer entschädigen zu müssen.

Oft hätten die Betroffenen Angst, Anzeige zu erstatten, weil sie ihre Arbeit dann verlieren könnten. Die Studie (Link) nimmt die Arbeitssituation von Einwanderern und EU-Bürgern, die innerhalb Europas umziehen, unter die Lupe. Die rechtliche und institutionelle Lage wird für alle 28 EU-Staaten analysiert, Feldforschung wurde allerdings nur in 21 Ländern betrieben. Umfassende länderspezifische Analysen enthält der Bericht nicht.

Lasche Gesetze in Luxemburg

Luxemburg wird neben Griechenland, Lettland und die Tschechische Republik wegen seiner laschen Gesetze und entsprechend schwacher Strafen kritisiert. Gerade bei besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingen sind Strafen nur auf weniger als zwei Jahre ausgerichtet, heißt es in dem Bericht. In dem Bericht wird der entsprechende Artikel im Luxemburger Strafrecht genannt. Es handelt sich dabei um Artikel 382-2. Er sieht je nach Urteil Strafen zwischen acht Tagen und einem Jahr vor.

Der Interims-Direktor der Grundrechteagentur, Constantinos Manolopoulos, mahnte die EU-Staaten, stärker zu handeln. „Die Ausbeutung von Arbeitskräften, die durch ihre wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gezwungen sind, sich auf unwürdige Arbeitsbedingungen einzulassen, ist nicht akzeptabel“, erklärte er.

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