Auf Klima-Euphorie folgt Ernüchterung

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Die USA, China und die EU ernteten mit ihren verkündeten Reduktionszielen weltweit Applaus vor der UN-Klimakonferenz. Doch der Teufel steckt auch in Lima im Kleingedruckten.

Mit großer Hoffnung war die Klimakonferenz in Lima gestartet. Doch die verpuffte schnell, sobald es um harte Details des geplanten Weltklimavertrags ging.

US-Präsident Barack Obama und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatten im Vorfeld gemeinsam ihre jeweiligen Reduktionsziele verkündet. Das galt als gutes Signal, denn lange hatten sich die beiden Länder beim Thema Klima hart bekämpft und wenig getan.

Lob von Ban

„Die jüngste gemeinsame Ankündigung der USA und Chinas, das Rahmenprogramm der EU für Klima und Energie bis 2030 – sowie die Selbstverpflichtung von Deutschland – all das bildet die Basis für immer höhere Ziele“, lobt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Konferenzplenum – und mahnt damit zugleich, dass die Vorschläge nicht genügen.

In Lima wird das Gerüst für einen Weltklimavertrag verhandelt, der Ende 2015 in Paris vereinbart werden soll. Er hat zum Ziel, die Erderwärmung auf für Mensch und Tier noch erträgliche zwei Grad Celsius zu begrenzen.

– 3 Grad

Nach einer jüngsten Berechnung reichen die Ankündigungen aller Länder nun lediglich aus, um die Erderwärmung bei rund drei Grad Celsius zu stoppen. „Es ist jedoch noch recht unsicher, wie sich China langfristig entwickelt“, schränken die Experten vom Climate Action Tracker ein, an dem auch Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt sind.

Die mit viel Applaus begleiteten Klimaziele sind jedoch ein Hauptknackpunkt in der peruanischen Hauptstadt, sobald es um konkrete Vertragstexte geht. Sie sollen etwa nach dem Willen der EU im Paris-Protokoll vergleichbar sein. Es geht um den Zeitrahmen und darum, was sie beinhalten sollen, etwa auch Finanzzusagen.

Reduktion erst ab 2030

Doch die Länder legen erstmal das vor, was sie wollen. China, das sich auf Klimakonferenzen stets als Entwicklungsland bezeichnet und als solches auch künftig behandelt werden möchte, will seine Emissionen bis spätestens 2030 noch steigern und dann erst senken.

Die EU sieht sich mit ihrem Reduktionsziel von 40 Prozent im Zeitraum 1990 bis 2030 gern als Vorreiter. Dabei lässt sie meist unerwähnt, dass in dieser Zeit der wirtschaftliche Umbau des Ostblocks viel Kohlendioxid (CO2) gespart hat. Die USA wollen ihren Ausstoß von 2005 bis 2025 um 26 bis 28 Prozent reduzieren – das dort durch Fracking gewonnene Gas senkt ihren CO2-Ausstoß in diesen Jahren, weil bei der Gasverbrennung weniger CO2 entsteht als bei der von Kohle.

„Schwellenländer sind keine Entwicklungsländer“

Je nach Zeitrahmen, den man betrachtet, stehen die EU oder die USA besser da. Viele Industrieländer bestehen zudem darauf, dass große Schwellenländer bei der Verpflichtung zu Klimazielen nicht mehr als Entwicklungsland betrachtet werden dürfen und stoßen damit auf harte Kritik von China.

Wie weit das Paris-Protokoll verbindlich wird, ist ohnehin unklar. Der Umgang mit dem Protokoll von Kyoto gibt da wenig Hoffnung. Kanada etwa, das sein Vertragsziel nicht erfüllte, schlich sich gegen Ende der Verpflichtungsperiode einfach aus dem Protokoll hinaus. Allerdings erntete das Land dafür international heftige Kritik. Die USA unterzeichneten den Vertrag zwar, er kam aber nicht durch den Kongress, damit er im Land umgesetzt werden konnte.

Nicht mehr als heiße Luft?

US-Verhandlungsleiter Todd Stern antwortet in Lima auf die Frage, wie er die Zustimmung des Kongresses für ein Paris-Protokoll erlangen will: „Wir werden dem Kongress das geben, was er haben muss. Und das hängt davon ab, wie die Vereinbarung geschrieben ist.“ Beobachter halten es für möglich, dass am Ende in Paris nur ein rudimentäres Vertragspapier verbindlich wird, die essenziellen nationalen Klimaziele aber in einem davon abgetrennten Text stehen.

Haben Klimakonferenzen dann überhaupt einen Sinn? „Sie beschleunigen den Klimaschutz“, meint Regine Günther vom WWF. So seien etwa die Reduktionsziele, auch der USA, im Vorfeld unter dem Willen entstanden, in Lima einen Beitrag zu leisten. „Auf den Klimakonferenzen wird wahrgenommen, welcher Staat was macht.“ Jan Kowalzig von der Organisation Oxfam hebt die Bedeutung eines Weltvertrags hervor: „Die Politiker können dann auch daheim der Industrie erklären, alle sind in einem Boot.“ Und US-Außenminister John Kerry fasst in Lima zusammen: „Kein Land kann das Problem alleine lösen. Wir brauchen eine globale Lösung.“