Auch Taliban essen gerne mal ein Eis

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Vanille oder Schoko? In der afghanischen Stadt Herat hat Eis im Sommer Tradition. Marktführer Herat Ice Cream kämpft mit Islamisten, Stromausfällen und skrupellosen iranischen Eiscremeschmugglern.

Die ersten Takte des Celine-Dion Megahits „My Heart Will Go On“ aus dem Film „Titanic“ tönen blechern durch die staubigen Straßen der afghanischen Stadt Herat. Doch in Afghanistan kündigt der Popsong nicht den Untergang eines Ozeanriesen an, sondern die Ankunft des Eismannes. Herat ist die Heimat von Herat Ice Cream, dem afghanischen Marktführer. „Jeder mag Eiscreme. Sogar die Taliban essen gerne Eis“, sagt Firmengründer Fasl Ahmad stolz.

Gegründet im Jahr 2003 mit einem Budget von einer halben Million Dollar (etwa 400 000 Euro) produziert der Betrieb heute über 30 Produkte – unter anderem Eiscreme, Joghurt und Schokoriegel. Der Umsatz im Vorjahr betrug rund 5 Millionen Dollar. Ahmads Eisverkäufer sind in allen 34 Provinzen Afghanistans aktiv – auch im gefährlichen Süden und Osten. Die Gewalt der Taliban-Rebellen schreckt den Unternehmer nicht ab. Ihn plagen zusätzlich andere Sorgen: nicht genug Geld, um zu expandieren, Korruption und iranisches Eiscreme-Dumping.

Harte Konkurrenz

Die Konkurrenz von iranischen Herstellern sei groß, so Ahmad. „Sie wollen unseren Markt. Wir brauchen viel Kapital, um ihr Preis-Dumping zu verhindern“, beschwert er sich. Sein Eis koste 10 Afghanis (umgerechnet etwa 17 Cent), die iranische Konkurrenz verkaufe ihre Produkte um etwa die Hälfte. Ein Verlustgeschäft, meint er, aber: „Sie wollen den Markt kontrollieren“. Dafür schrecken die Iraner auch nicht davor zurück, Eis über die kaum kontrollierte Grenze nach Afghanistan zu schmuggeln, wie Ahmad behauptet.

In seiner Fabrik in Herat stellen 200 Männer und Frauen etwa 30 Tonnen Eiscreme pro Tag her. 15 Tonnen frische Milch werden dafür verarbeitet. Damit ist Herat Ice Cream ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Bauern in der Umgebung, auch wenn der Hersteller zusätzlich einen Teil des Milchpulvers aus den Niederlanden importieren muss. „Frische Milch ist besser“, meint Ahmad.

Winter-Pause

In den Wintermonaten steht die Produktion für drei Monate still. Es gibt nicht genug Lagerkapazitäten. „Wir müssen die Arbeiter bezahlen, auch wenn sie zu Hause sitzen“, erzählt der Firmenchef. Deswegen plane er den Bau eines Kühlhauses. Doch für einen Ausbau fehlt das Geld. Afghanische Betriebe, die nicht im militärischen Bereich oder im Baugewerbe tätig sind, haben es schwer, an Gelder zu gelangen. Ahmad hofft nun auf ausländische Investoren. Die weit verbreitete Korruption ist ein weiteres Problem: „Wir brauchen sehr viel Strom und müssen die Behörden bestechen, damit wir genügend Strom für die Produktion haben.“ Trotz all seiner Sorgen ist Ahmad optimistisch.

Seine Kunden geben ihm recht. Er verkaufe etwa 300 Portionen Eis am Tag, erzählt ein Verkäufer von Herat Ice Cream in der Hauptstadt Kabul. „Es ist ein heißer Sommer. Wer mag da kein Eis?“ Seine treuesten Kunden Schüler und Polizisten, fügt der Mann hinzu.

(Subel Bhandari/dpa/Tageblatt.lu)