Mit einem Schuldenschnitt von historischem Ausmaß verschafft sich Griechenland Luft im Kampf gegen die Pleite. Nach monatelangem Bangen gab das Finanzministerium in Athen am Freitagmorgen eine hohe Beteiligung an dem „freiwilligen“ Forderungsverzicht privater Gläubiger bekannt. Damit will sich Finanzminister Evangelos Venizelos aber nicht zufriedengeben: Ein Teil der Investoren, die sich bislang weigerten, sollen nun zum Mitmachen gezwungen werden. Andere Anleger bekommen zwei Wochen mehr Zeit, um sich für eine Teilnahme zu entscheiden. Mit dem erfolgreichen Schritt dürfte nun auch der Weg für das neue 130-Milliarden-Hilfspaket frei sein. Die Euro-Finanzminister wollen noch am Freitag endgültig grünes Licht dafür geben. Sie zogen ihre Telefonkonferenz für 12.30 vorziehen, hieß es aus dem Umfeld von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker.
Im Detail sieht die Schuldenschnitt-Bilanz so aus: Bei den Papieren im Volumen von 177 Milliarden Euro, die nach griechischem Recht ausgegeben worden waren, wurden 85,8 Prozent zum Umtausch eingereicht. Die restlichen Anleihen sollen nun auf dem Weg von Umtauschklauseln zusammenkommen. Die Aktivierung dieser „Collective Action Clauses“ (CAC) ist nach einem eigens dafür geschaffenen Gesetz möglich. Bei den übrigen Anleihen, die ein Volumen von 29 Milliarden Euro haben, beträgt die Beteiligungsquote 69 Prozent. Für diese Anleihen, die nach internationalem Recht ausgegeben wurden, wird die Annahmefrist für das Umtauschangebot bis zum 23. März verlängert.
Zweites Hilfspaket
Der Schuldenschnitt war eine Bedingung der internationalen Helfer für neue Unterstützung. Die Argumentation, mit der private Gläubiger ins Boot geholt wurden: Ohne weitere Hilfen wäre Griechenland bankrott und Anleihegläubiger würde der Verlust ihres gesamten Investments drohen. Griechenland ist nach Ansicht der Kreditwirtschaft aber noch nicht dauerhaft über den Berg.
Nach Aktivierung der Zwangsklauseln wird die Beteiligung am Schuldenschnitt nach Angaben des Finanzministeriums dann insgesamt bei 95,7 Prozent liegen. Das würde 197 von insgesamt 206 Milliarden Euro Anleihevolumen in der Hand privater Gläubiger abdecken. Die zuvor mit den Banken getroffene Grundsatzvereinbarung mit den Banken sieht einen Forderungsverzicht von 53,5 Prozent vor. Daraus ergibt sich dann eine faktische Reduzierung des Schuldenbergs um gut 105 Milliarden Euro. Die Gläubiger erhalten im Tausch neue Anleihen mit langen Laufzeiten und relativ niedrigen Zinsen.
„Historischer Moment“
Regierungssprecher Pantelis Kapsis sagte am Morgen im Fernsehen: „Es ist ein historischer Moment. Wir werden damit mehr als 100 Milliarden Schulden los.“ Minister Venizelos dankte den Gläubigern, „die unser ehrgeiziges Reform- und Anpassungsprogramm unterstützt und sich an den Opfern des griechischen Volks bei diesem historischen Unterfangen beteiligt haben“.
Venizelos will nach früheren Angaben gegen Mittag bei einer Pressekonferenz das Ergebnis des Schuldenschnitts kommentieren. Voraussetzung für den zweiten Hilfspaket der EU war ein Erfolg der Schuldenschnitt-Operation. Das Land hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf und hatte damals Hilfszusagen von 110 Milliarden Euro bekommen. Bald danach zeigte sich aber, dass diese Kredite nicht ausreichen, um Griechenland dauerhaft vor der Pleite zu bewahren.
Entscheidende Umschuldungsklauseln
Für Spannung sorgt noch die Frage, ob mit der Aktivierung der Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses (CAC)) nun als „Kreditereignis“ gewertet wird; mit diesem Begriff ist ein Zahlungsausfall gemeint, der die sogenannten Kreditausfallversicherungen auslösen würde. Darüber entscheidet die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) noch am Freitag in London. Traditionell kommen CAC bei Anleihen zur Anwendung, die nach englischem, japanischem oder luxemburgischem Recht aufgelegt werden.
Bei den Plänen zur griechischen Umschuldung wurde bisher alles daran gesetzt, dass die Ausfallversicherungen („Credit Default Swaps“, CDS) nicht fällig werden – deshalb sollten der Schuldenschnitt eigentlich vollends „freiwillig“ ablaufen. Wegen der negativen Erfahrungen mit Kreditausfallversicherungen während der letzten großen Finanzkrise 2008 gilt das Thema als heikel. Nachdem CDS-Titel bei der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zu einem kolossalen Dominoeffekt und zur Beinah-Pleite des großen US-Versicherers AIG geführt hatten, sind ihre Auswirkungen gefürchtet.
(Takis Tsafos und Thomas Kaufner/dpa/Tageblatt.lu)
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