Für neuen Unmut sorgt nun das Stichdatum 1. Oktober, bis zu dem laut einer „circulaire“ des Innenministers die Gespräche zwischen Gemeinden und Kirchenfabriken abgeschlossen sein sollen. Dieser Zeitraum sei viel zu kurz, wird sich beklagt. Dabei steht seit der Konvention Regierung-katholische Kirche vom Januar 2015 fest, wie zu verfahren sei was Kirchengebäude und andere Besitztümer der Kirchenfabriken angeht. Eine „circulaire“ des Innenministers gab es am 24. April 2015.
Und diese Konvention wird nun 1:1 umgesetzt, mit zusätzlichen Details versehen. Die Argumentation, man habe erst abwarten müssen, wie der genaue Text des Gesetzesprojektes aussehen würde, kann man nachvollziehen. Allerdings hätten seit Januar 2015 und bis Ende Juli 2016 (Text liegt vor) bereits alle wesentlichen Details geklärt werden können, sodass man bei Veröffentlichung des Textes „nur“ noch die Verhandlungen hätte abschließen müssen. Das geplante Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2017 stand auch bereits in der Konvention.
„Es war einfach so“
V.a. der wesentliche Knackpunkt hätte allerorts bereits endgültig geklärt werden können: Gibt es eine notarielle Besitzurkunde für das Kirchengebäude?
So weiß man bisher nur, dass es wohl um die 500 Kirchengebäude gibt; dass laut Generalvikar Leo Wagener deren 28 definitiv der katholischen Kirche gehören (Stand 5. August), und dass wohl in den „allermeisten Fällen“ (Innenminister Dan Kersch), resp. geschätzt in „70 bis 80% der Fälle“ (Generalvikar Wagener) keine Besitzurkunde existiert. Ziemlich erstaunlich, „es war einfach so“, um es salopp zu formulieren. Dass dies nicht mehr „einfach so“ sein soll, könnte man eventuell als einen der Grundgedanken der beabsichtigten Trennung von Kirche und Staat ansehen.
Unabhängig davon, ob es eine Besitzurkunde gibt oder nicht, sollte idealerweise laut Konvention im Konsens Kirchenfabrik-Gemeinde geklärt werden, ob ein Kultusgebäude der betreffenden Gemeinde gehört oder in den Fonds übergeht. In den Fällen ohne Konsens entscheidet der Gesetzgeber, und der hat sich entschieden: „Prinzipiell sollen die Kirchen dahin, wo sie hingehören: zur Kirche“, so der Minister am 5. August auf einer Pressekonferenz.
Finanzielle Sorgen
Vielfach wird auch die Befürchtung geäußert, Kirchengebäude könnten „verkommen“, v.a. wenn der Fonds den Unterhalt eventuell nicht mehr finanziell garantieren könne. Ganz frei nach dem naturwissenschaftlichen Prinzip „rien ne se crée, rien ne se perd“, kann auch diese Sorge erstaunen. Bisher „verlotterte“ kein Kirchengebäude nachweislich, es waren also genug Mittel für den Unterhalt da. Auch vonseiten der Kirchenfabriken. Diese Mittel gehen nun in den Fonds über, sind also auch in Zukunft da.
Nimmt man nun die Defizite heran, die bisher ja obligatorisch von den Gemeinden übernommen wurden mussten, so lagen diese zwischen 2004 uns 2015 stets zwischen 8,075 und 13,592 Millionen Euro/Jahr (Quelle: parlamentarische Frage Mai 2015). Dazu würden dann noch weitere Kosten kommen, die die Gemeinde eh auf Eigeninitiative integral finanzierte. Diese Summen müssten nun wegen des Verbots der Ko-Finanzierung zusätzlich vom Fonds aufgebracht werden, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nach aber nicht für alle ca. 500 Gebäude; d.h. es wäre also eher weniger.
Bei diesen Summen wären „ein guter Teil der Kirchengüter“, so das Gemeindesyndikat Syvicol in einer Stellungnahme im Dezember 2012, „bei der Berechnung des Defizits gar nicht in Betracht gezogen“ worden – der stets wiederkehrende Vorwurf von Gemeindeseite an Kirche und Kirchenfabriken; mit der Forderung nach Offenlegung aller Vermögenswerte aller Kirchenfabriken stieß der Staat bisher auf Granit.
Keine Offenlegung
Die Kontrolle der Finanzen der Kirchenfabriken oblag derweil diesen selbst: „(…) dass der ‚Trésorier‘ der Kirchenfabrik die Konten am ersten Sonntag im März dem ‚Bureau des marguilliers‘ vorlegen muss. Und das sind die Küster oder Kirchenvorsteher, laizistische Mitglieder der Kirchenfabriken. Mit anderen Worten: die Kirche kontrolliert die Konten selber“, schrieben wir am 29. Mai 2015 im Artikel über die bereits erwähnte parlamentarische Frage und die mehr als 200 Jahre alten Dekrete.
Wie viel Vermögen die 285 Kirchenfabriken besitzen oder auch nicht, wird man demnach erst mit der Überführung aller Vermögenswerte in den Fonds erfahren. Man könnte davon ausgehen, dass diese – aller geäußerter finanzieller Besorgnis zum Trotz – möglicherweise nicht unerheblich sind.
Sollte die sprichwörtliche Kirchenmaus dennoch arm sein, gibt es im Gesetzesvorschlag einen „Rettungsschirm“: Nimmt der Fonds in den drei ersten Jahren seines Bestehens einen Kredit auf, garantiert der Staat die Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen bis zu einer Höhe von maximal 15 Millionen Euro.
Weitere Details finden Sie in der Tageblatt-Ausgabe vom 19. August (Print und Epaper).
De Maart
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