Montag10. November 2025

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Alle lieben Erasmus

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(dpa)

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Das Austauschprogramm Erasmus ist nach 25 Jahren beliebter denn je. 231.000 Gaststudenten sind an Europas Unis. 2011 suchten 441 luxemburger Studenten das Weite.

Büffeln unter spanischen Palmen, Seminare in altehrwürdigen britischen Elite-Unis und Sprachübungen in der französischen WG: Mehr Studierende als je zuvor wagen einen Erasmus-Aufenthalt im europäischen Ausland. Mit über 231.000 Teilnehmern habe das vor 25 Jahren gegründete und inzwischen „weltweit erfolgreichste Austauschprogramm überhaupt“ eine Rekordmarke erreicht, teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Die jüngsten Zahlen seien „sehr erfreulich und die Nachfrage noch größer als das Angebot“, sagte Bildungskommissarin Androulla Vassiliou in Brüssel.

Der Erasmus-Boom hielt auch im Hochschuljahr 2010/11 an: Allein 190.000 Studierende gingen bis zu zwölf Monate an eine Universität oder andere Hochschuleinrichtung fern der Heimat – 7,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Weitere 41.000 Jungeuropäer arbeiteten mit Erasmus-Hilfe für ein Unternehmen im Ausland, was sogar einem Plus von 15 Prozent entspricht. Obendrauf kamen knapp 43.000 Stipendien für Professoren und Lehrer, die ihren pädagogischen Horizont im Ausland erweitern konnten.

Das Luxemburg-Phänomen

Luxemburg erlebte im vergangenen Jahr einen Rückgang der Erasmus-Studenten von 468 (2009/10) auf 441 (2010/11). Das ist ein Minus von 5,8 Prozent. Wir sind damit Schlusslicht in Europa. Gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden auf nationaler Ebene entsandte Luxemburg allerdings die meisten Studierenden ins Ausland.

Mit 37.432 Gaststudenten war Spanien erneut beliebtestes Zielland, gefolgt von Frankreich (27.721) und Deutschland (24.734). Bei der Herkunft des reisefreudigen Nachwuchses herrscht auf den ersten drei Plätzen das gleiche Nationen-Bild mit unveränderter Reihenfolge. Gut ein Drittel der Erasmusteilnehmer in Europa studiert Sozial-, Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften.

460 Millionen Euro

Insgesamt beteiligen sich an der grenzüberschreitenden Bildungsinitiative über 4.000 Hochschuleinrichtungen in 33 Ländern. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten sind auch Kroatien, Island, Liechtenstein und Norwegen sowie die Schweiz und Türkei dabei. Arrangiert werden Erasmus-Aufenthalte über die Auslandsämter der jeweiligen Universitäten. Durch Absprache mit der Gast-Uni oder dem ausländischen Unternehmen wird die spätere Anerkennung der dort erbrachten Leistungen in der Heimat vereinfacht.

Das durchschnittliche Erasmus-Stipendium, das die zusätzlichen Lebenshaltungskosten im Ausland sowie die Reisekosten decken soll, belief sich 2010/11 auf 250 Euro pro Monat. Außerdem zahlen Programmteilnehmer grundsätzlich keine Studiengebühren an der Partneruni. Wie hoch der Betrag im jeweiligen Gastland ausfällt, entscheiden die national zuständigen Agenturen dabei von Fall zu Fall.

Eine lange Tradition

Das Programm wurde 1987 von der Europäischen Union ins Leben gerufen. Seit damals haben nach Angaben der EU-Kommission über 2,5 Millionen Studenten einen Aufenthalt an einer Hochschule oder ein Praktikum in einem Unternehmen fern der Heimat absolviert. Das Programm diene vor allem der Vermittlung von Fremdsprachen, Anpassungsfähigkeit, interkulturellem Verständnis und Führungskompetenz: „Also Fähigkeiten, die die Beschäftigungsaussichten der jungen Menschen verbessern und ihre persönliche Entwicklung prägen“. Hierfür stellte die EU in der Förderperiode 2010/2011 rund 460 Millionen Euro bereit.

Allerdings hat sich Brüssel zum Ziel gesetzt, den Anteil der Studierenden, die einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland absolvieren, bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Derzeit sind es den Angaben zufolge nur halb so viele, rund 4,5 Prozent erhalten ein Erasmus-Stipendium. Um das Ziel zu erreichen, will die EU-Kommission unter dem Dach „Erasmus für alle“ sieben Förderprogramme zusammenfassen. In der Haushaltsperiode 2014 bis 2020 sollten dafür 19 Milliarden Euro ausgegeben werden, sagte Vassiliou.

Toleranz und Meinung

Benannt wurde das Programm nach dem niederländischen Augustinermönch Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536), einem bedeutenden Vertreter des europäischen Humanismus während der frühen Reformationszeit. Bereichert von den Eindrücken seiner Reisen über den europäischen Kontinent trat der Philosoph und Theologe immer wieder für wechselseitige Toleranz der verschiedenen Meinungen und gegen Dogmatismus ein. Das Akronym ERASMUS steht zudem für European Community Action Scheme for the Mobility of University Students.