Montag1. Dezember 2025

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Abschreiben ist kein Kavaliersdelikt

Abschreiben ist kein Kavaliersdelikt
(dpa)

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Das Beispiel vom deutschen Verteidigungsminister hat es gezeigt: Abschreiben ist kein Kavaliersdelikt. An den Unis in Luxemburg und in Trier entdecken Programme Plagiatoren.

„Noch kein solcher Fall gehabt“, schickt Britta Schlüter voraus, als Tageblatt.lu sie um eine Stellungnahme zu Plagiate im akademischen Betrieb bittet. Gleich darauf fügt sie hinzu, dass die Uni Luxemburg dieses Thema sehr ernst nehme. „Schließlich sind wir eine junge Universität, die gerade dabei ist, sich ein Renommee aufzubauen“, so Schlüter.

Universität Luxemburg:

Aktuell 360 Doktoranden, bisher 100 vergebene Doktortitel.

Universität Trier:

120-130 Promotionen durchschnittlich pro Jahr.

Dass nicht erst seit dem Fall zu Guttenberg wissenschaftliche Arbeiten von Studenten systematisch überprüft werden, bestätigt auch Britta Schlüter. „Wir benutzen eine spezielle Prüf-Software in einigen Fachbereichen. Demnächst soll sie an der gesamten Universität anwendbar sein“, kündigt Schlüter an. Momentan stellen die Studenten ihre Seminar-, Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit auf einer internen Plattform. Das Programm vergleicht den Text anschließend auf der ganzen Welt mit allen gängigen Datei-Formaten und liefert die Treffer als Prozentzahl.“

Dozent ist Entscheidungsinstanz

Die Entscheidung, ob und wie viel abgeschrieben wurde und worauf das zurückgeführt werden kann, trifft der Hochschullehrer. Hinweise auf „Diebstahl geistigen Eigentums“ könnten eine Stiländerung im Text oder eine bekannte, weil viel zittierte Passage aus einem Werk sein, so die Pressesprecherin. „Die Professoren haben ein gutes Gespür dafür“, räumt Schlüter mit dem Klischee unter Studenten auf, Dozenten würden die abgegebenen Arbeiten nicht lesen.

Wenn es bewiesen ist, dass ein Plagiat vorliegt, dann gibt es Sanktionen, die je nach Schwere des Vergehens variieren können. An der Uni Luxemburg, würde dann ein Ausschuss zum Einsatz kommen. Dort bekommt auch der Student oder Doktorand die Möglichkeit, sich zu äußern. Im Ergebnis kann, so Britta Schlüter, als Strafe ein Ausschluss vom Studium bis hin zur Titel-Aberkennung verhängt werden.

„Studenten kennen Zitierstandards“

Peter Kunz, Leiter der Pressestelle der Universität Trier erklärt, dass beide gängige Zitierweisen in Vorbereitungsseminaren zur Verfassung von wissenschaftlichen Arbeiten gelehrt werden: Quellenverweis außerhalb vom Text am Ende jeder Seite (Fußnote) oder den Verweis auf Autor und Werk im Text selbst (Autor-Seite-System oder amerikanische Zitierweise).

An der Universität Trier muss vor jeder Abgabe einer Seminararbeit eine „eidesstaatliche Erklärung“ vom Studenten unterschrieben und mit der Arbeit abgegeben werden, wo man ausdrücklich erklärt, kein fremdes geistiges Eigentum „geborgt“ zu haben, betont Kuntz.

Schlüsselfigur „Doktor-Vater“

Darüber hinaus bekommt der angehende Promotionsstudent einen „Doktor-Vater“ zur Seite gestellt, der die Arbeit kontinuierlich betreut. Manche Dozenten verlangen von ihren Schützlingen wöchentlich eine Vorabschrift des jeweiligen Kapitels der Arbeit. Während der zwei- bis vierjährigen Promotionsprozedur muss der Kandidat verschiedene Publikationen, Vorträge abliefern, die sein wissenschaftliches Arbeiten und seine Entwicklung zeigen.

„Ob eine Doktorarbeit durch eine spezielle Software geprüft wird, hängt von den beiden Gutachtern, die die Arbeit bewerten“, erklärt Peter Kunz. Das sicherste Prüfkriterium dabei sei jedoch das eigene Expertenwissen und das Gefühl, das man in einer jahrelangen wissenschaftlichen Forschungskarriere für sein Fachgebiet bekomme, so Kuntz. Falls jedoch die Meinungen der beiden Gutachter zu weit auseinandergehen, kann eine dritte Expertenmeinung hinzugezogen werden.

„Verteidigung“ der Doktorarbeit

Erst wenn auch diese letzte Prüfungsinstanz ausgeschöpft ist, geht es zur Finaldiskussion über die Doktorarbeit. Dort muss der Kandidat sich noch einmal einer strengen Prüfung von nun einem ganzen Begutachtungsausschusses stellen.

Spätestens an diesem Punkt des Verfahrens wird sichtbar, ob der Prüfling tatsächlich über das geforderte Wissen verfügt oder ob er sich bis zum Schluss durchgemogelt hat. „Auch der Prüfer der Doktorarbeit hat Interesse daran, nach bestem Wissen und Gewissen bei der Beurteilung zu handeln. So kann ihm später keiner einen Mangel an sorgfältigem Arbeiten vorwerfen“, betont Kuntz.

Fall zu Guttenberg

Münzt man die Erklärungen aus dem Trierer Beispiel auf den Fall „Guttenberg“, stünden „Doktor-Vater“ und Schützling auf dem Prüfstand. Darüber hinaus, muss man fragen, wie der jetzige Verteidigungsminister es geschafft hat, erfahrene Hochschullehrer als Gutachter und mündliche Prüfer derart vorzuführen, dass sie die Täuschung nicht bemerkt haben.

Die Rückgabe des Doktortitels, die Karl-Theodor zu Guttenberg am Dienstag bekannt gegeben hat, darf als taktischer Schritt eines Medienprofis nicht über den „Tatbestand des Plagiats“ hinwegtäuschen. Die Folgen für die Person sind die gleichen wie für jedermann: Man verliert seine Glaubwürdigkeit. Einen Stempel als „Lügner“ bekommt man gratis dazu. Noch schlimmer trifft es die promovierenden Studenten, da sie nun stärker im Visier der Gutachter als potenzielle Plagiatoren rücken.