Die Polizei in Oslo erklärte am Samstag, der Schütze namens Anders Behring Breivik habe womöglich eine halbe Stunde Zeit gehabt, um das Blutbad unter den Jugendlichen anzurichten. Ein Sondereinsatzkommando sei nach der Explosion in Oslo in Bereitschaft versetzt worden.
„Es dauert, so lange wie es dauert, schnell dorthin zu fahren“,
sagte Johan Fredriksen von der Polizei über die Anfahrtszeit des
Sondereinsatzkommandos. Der Schütze hatte bis zu seiner Festnahme
mindestens 84 Menschen auf der Insel getötet und dabei offenbar
mehrere Schusswaffen verwendet.
Keine Chance
Die norwegische Insel Utöya ist klein, gerade einmal 500 Meter lang, von Kiefern bewachsen. Als der Attentäter am Freitag zu schießen beginnt, bleiben den Teenagern im Sommerlager der sozialdemokratischen Regierungspartei nicht viele Chancen zur Flucht. Viele von ihnen stürzen sich ins Wasser und versuchen, dem Angriff auf diesem Weg zu entkommen.
„Ich sah, wie sie ins Wasser sprangen, rund 50 Leute schwammen in Richtung Land“, sagt die 42-jährige Anita Lien, die am Tyrifjord-See lebt, wenige hundert Meter von Utöya entfernt. „Die Leute weinten, zitterten, waren völlig verängstigt. Und sie waren so jung, 84 Menschen entkommen nicht und fallen den Schüssen zum Opfer.
Ein Ausweis
Ein Wachmann schildert, wie es dem Attentäter gelungen ist, auf die Insel zu gelangen. Der Mann habe sich als Polizist ausgegeben und sei in einem silbergrauen Wagen vorgefahren. „Er steigt aus dem Auto aus und zeigt seinen Ausweis“, schildert Simen Braenden Mortensen die Szene der Tageszeitung „Verdens Gang“.
„Er sagt, er sei geschickt worden, um die Sicherheit zu überprüfen. Dass das eine reine Routine sei nach dem Terroranschlag in Oslo.“ Im Zentrum der Hauptstadt war wenige Stunden zuvor vor einem Regierungsgebäude mit einem Büro des Ministerpräsidenten eine Bombe explodiert und hatte mindestens sieben Menschen getötet. „Das machte alles einen normalen Eindruck“, sagt Mortensen weiter. „Es wird ein Boot gerufen und das bringt ihn hinüber nach Utöya. Wenige Minuten vergehen, dann hörten wir die Schüsse.“
Leute schreien
Ein Teenager verfolgt die Ereignisse vom Festland aus: „Wir hörten die Leute schreien, es war furchtbar“, erzählt der dem britischen TV-Sender Sky. „Viele winkten zu uns herüber.“ Anrainer des Sees rücken mit ihren Booten aus, um Teenager aus dem Wasser zu retten. „Ich habe mit meinem Boot viele Leute von der Insel herübergeholt“, sagt ein Mann, der in einem weißen Haus am Ufer lebt. „Ich habe viele Verletzte gesehen.“
Am frühen Samstagmorgen verlässt eine Ambulanz das Seengebiet nordwestlich von Oslo und bringt ein Opfer weg. Vor einem nahegelegenen Hotel fährt Auto um Auto vor. Tief besorgte Angehörige steigen aus, um hier die Überlebenden zu treffen, die von der Insel herübergebracht wurden. Die Polizei sucht noch immer das Eiland und den See ab, von Booten und auch Hubschraubern aus. Rettungsfahrzeuge stehen bereit. die Lichtkegel von Suchscheinwerfern gleiten in der Dunkelheit langsam über das Wasser.
Unscheinbarer Typ
Anders Behring Breivik stammt aus Norwegens Hauptstadt und wird der rechts-nationalistischen Szene zugeordnet. Der Facebook-Seite zufolge, die wie andere Internetquellen von der Netzgemeinde noch in der Nacht zum Samstag aufgespürt und gesichert wurde, ist er christlich und konservativ, geht gerne jagen und spielt „Worlds of Warcraft“. Er soll mindestens zwei registrierte Waffen besitzen.
Nach Angaben des TV-Senders NRK bewohnte der blonde, unverheiratete und kinderlose Mann bisher eine Wohnung am östlichen Stadtrand von Oslo. Vor einem Monat habe er sich bei den Behörden umgemeldet auf einen kleinen ländlichen Hof nahe der Hauptstadt. Fernsehbilder zeigen einen Bauernhof in Rena nördlich von Oslo. Im Handelsregister steht, er baue dort Gemüse, Melonen und Rüben an – der Kunstdünger könne als Sprengstoff benutzt werden, wird in den Medien spekuliert.
Will aussagen
Der festgenommene 32-jährige Norweger gilt für die Osloer Polizei als Täter beider Anschläge vom Freitag. Das sagte Fahndungschef Øystein Mæland bei der Pressekonferenz im Polizeihauptquartier am Samstagvormittag. Er wollte aber keine Einzelheiten über den Ablauf, mögliche Hintergründe und die bisherigen Aussagen des mutmaßlichen Täters nennen. „Es deutet einiges darauf hin, dass er sich erklären wird“, sagte Mæland weiter.
De Maart














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