Das Ende des Bargeldes

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In wohl nicht allzu ferner Zukunft wird man auf die heutige Zeit zurückschauen und jeden von uns als Wirtschaftskriminellen betiteln. Dann nämlich, wenn das Bargeld aus dem Zahlungsverkehr verschwunden sein wird.

Wir sind mittlerweile gerade in Luxemburg in technologischer Hinsicht ein großes Stück vorangekommen, um nicht zu sagen Vorreiter, wenn es darum geht, das Bargeld obsolet zu machen. Der Zahlungsverkehr über Kreditkarten hat sich schon seit Jahrzehnten eingebürgert. Nun folgt die nächste Evolution via Web-Banking und mobiles Bezahlsystem. Man kann sich quasi bargeldlos durch den Alltag schlagen – vorausgesetzt natürlich man verfügt über andere Bezahlsysteme. Eine Evolution, die in der Tat viele Vorteile verspricht, und sei es nur die des einfachen und praktischen Bezahlens. Dass die Konsumfreudigkeit – und somit die Überschuldung der Haushalte – zunimmt, je nachdem, welches Zahlungsmittel man verwendet, ist für manche Nutznießer ein positiver Nebenaspekt.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Man könnte meinen, dass diese Zukunftsvorstellung lediglich Mumpitz ist. Irgendwie wird es ja doch noch Bargeld geben, oder? Nun ja, wenn man bedenkt, mit welcher Vehemenz der Weg zum gläsernen Bürger in den vergangenen Jahren forciert wurde, welche Datenmengen die großen (amerikanischen) Internetkonzerne über jeden Einzelnen sammeln, um sie dann kommerziell auszuwerten, und mit welcher Wucht die Rückverfolgbarkeit des internationalen Zahlungsverkehrs durch die westlichen Staaten vorangetrieben wurde, dann scheint das Ende des Bargeldes unumgänglich.

Zu mächtig ist die Allianz derer bereits geworden, welche vom Verschwinden des Bargelds profitieren. Den Banken und dem Handel erleichtert es die Abrechnungen, sie können also Kosten einsparen. Der Zahlungsverkehr wird für die Sicherheitsbehörden leichter zu verfolgen sein – Stichwort Terrorismusbekämpfung. Die Staatskassen und Steuerämter wird es auch freuen – weil ja praktischerweise jede Schwarzgeldzahlung damit unmöglich erscheint.

Allein der Besitz von Bargeld wird demnach suspekt sein. Wofür, wenn nicht um krumme Dinge zu drehen, braucht man denn noch Cash? Wer ein paar Kröten in seiner Geldbörse mit sich trägt, wird quasi automatisch straffällig werden. Denn die Argumente für den gläsernen Konsumenten werden dieselben sein, die bereits für die Erstellung des gläsernen Bürgers benutzt werden: „Wer nichts zu verbergen hat, wird nichts zu befürchten haben.“

Einleuchtendes Argument, aber …

Auch wenn es nicht der offizielle Slogan ist, so kennt man diese Aussage z.B. bereits als Einflüsterung, als es galt, einzelne Räume der Öffentlichkeit per Kamerainstallierung zu sichern. Dass dieses Argument auch gerne in Diktaturen verwendet wird, wird niemanden kümmern. Denn für die meisten Bürger – die sich nichts zuschulden haben kommen lassen – ist dies ja durchaus auf den ersten Blick einleuchtend.

Man vergisst dabei allerdings, dass durch das Ende des Bargeldes etwas verloren gehen wird: das Recht auf Anonymität, das Recht auf Diskretion, also auch ein großer Teil des Rechts auf Selbstbestimmung. Das Ende des Bargeldes wird demnach ein weiteres Teilstück sein, das dazu beiträgt, die Freiheit und letztlich auch die Demokratie zu untergraben.

Der Prozess – der längst läuft – ist schleichend und bereitet im Moment dem braven Bürger weder Kopfzerbrechen noch andere Schmerzen.

(Sascha Bremer)