Shaggy wie vom Sting gestochen

Shaggy wie vom Sting gestochen

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Von Christian Schaack

Straßensperrungen, Umleitungen oder Verkehrsprobleme kündigten schon einige Tage vorher etwas Großes an. Am Fuße des Hochofens wurde die Bühne aufgebaut, sodass die Rockmusik visuell harmonisch mit der spektakulären Silhouette Belvals verschmilzt. Alle Vorzeichen zu einem Abend der Extraklasse sind gegeben: gutes Wetter, eine grandiose Location, viele Zuschauer und zwei Superstars, die ihr gemeinsam geschriebenes Album „44/876“ präsentieren.

Beeindruckend ist zuerst das Polizeiaufgebot. Überraschend ist vor allem die Tatsache, dass einige Polizisten Maschinengewehre und kugelsichere Westen tragen. Inmitten seiner Leute stehend, meint Daniel Reiffers, der Direktor der Escher Polizei, dass wohl kaum etwas anbrennen werde: „Der Abend wurde sorgfältig geplant und mit allen Akteuren detailliert abgesprochen, sodass die Sicherheit der erwarteten 9.000 Zuschauer garantiert ist.“ Der Chef hat eigentlich nur Bedenken, „dass es nach dem Fußballspiel Portugal-Uruguay zeitgleich im Zentrum von Esch zu eventuellen Ausschreitungen kommen könnte. Doch auch darauf sind wir gut vorbereitet. Heute Abend ist halt etwas mehr los als gewöhnlich.“

Um 19.30 Uhr geht es mit dem Auftritt der lokalen Band Lata Gouveia los. Dabei wirkt die Musikgruppe recht statisch und versprüht nur quäntchenweise ansteckende Energie. Ganz anders verhält es sich mit dem darauffolgenden Singer-Songwriter. In der Tat gelingt es dem Jungtalent Alex Francis, mit Pep und Spielfreude das Publikum zu bewegen. Gut arrangierte Popsongs trägt der von Kritikern hochgelobte Brite mit einfühlsamer Stimme gekonnt vor. Wegen seines echten Potenzials sollte man sich diesen Namen schon merken.

Zwischendurch erläutert die gut gelaunte Magali Folgendes: „Ich bin hier wegen meiner Mutter. Diese ist seit eh und je ein großer Sting-Fan. Deshalb nutzen wir die Gelegenheit, den Meister live zu erleben. Ich persönlich bin sehr gespannt, wie die Reggae-betonten Songs der beiden Künstler wohl hier klingen werden. Es stimmt, dass dieses Album anders klingt als alles, was man bis jetzt von Sting so kannte. Auch wenn ich seine klassischen Nummern bevorzuge, bin ich gespannt, wie das Ganze gleich rüberkommen wird. Die Melodien auf dem Album sind durchwegs gut und die verschiedenen Klangfarben der beiden Stimmen harmonieren wunderbar.“

Verschmelzung der Kulturen

Der Security-Chef des Abends fügt hinzu, „dass es in Luxemburg sehr selten ist, an einem Abend 9.000 Zuschauer zu zählen. Besondere Ängste gibt es deswegen jedoch nicht. Heute Morgen gab es bereits ein Meeting mit der Polizei und jetzt gleich treffen wir uns ein weiteres Mal. Die Stimmung ist auch insgesamt entspannt, da wir, wenn ich das so sagen darf, ein eher älteres Publikum haben. Die haben schon viele Konzerte erlebt.“
Und der Sting-Shaggy-Auftritt war zum Genießen! Mit guter Soundqualität erklingt „An Englishman in New York“ im waschechten Reggae-Kleid. Shaggy singt dazu „A Jamaica Man in New York“ und erntet prompt Beifall. In der Tat ergänzen sich die musikalischen Geschmäcke der beiden perfekt und die Stimmen harmonieren in der Tat.

Mal ertönt eine Prise Calypso, mal ist der Sound rockiger, mal poppiger. Mit enormer Spielfreude und intensiver Energie erobern die Musiker die Herzen der Zuschauer.
Die Chorgesänge fügen sich perfekt ein und der ständig herumlaufende Shaggy zieht alle Blicke auf sich. Sting bildet eher den ruhenden Gegenpol. Insgesamt wurden nur drei Nummern aus dem aktuellen Album vorgetragen. Hingegen fehlt kein einziger Klassiker aus dem Schaffen der beiden. Viermal geht sogar jeweils ab der Hälfte ein Shaggy-Titel nahtlos in eine Sting-Komposition über. Police-Songs erklingen dabei in purem Jamaika-Reggae und Shaggy-Hits werden in einem unerwartet rockigen Medley interpretiert. Shaggy hält immerzu sein Publikum vorbildlich bei Laune! Ständig werden die Zuschauer in die Songs miteinbezogen, sodass fast jeder irgendwie herumtanzt.

Die von der Show freigesetzte Energie ist definitiv ansteckend. Die Musik quellt fortwährend wie wohltuende Lava unter dem Hochofen hervor. Unter anderem genießt auch der Getränkeverkäufer Christophe das Konzert. „So etwas Großes habe ich in Esch noch nie erlebt. Die Zuschauer sind aus dem Häuschen.“ Im Laufe des Konzerts entsteht eine enge Verbindung zwischen den Menschen und Kulturen. Bei diesem Fest haben alle einen zweistündigen musikalischen Melting Pot der Extraklasse erlebt. Der Albumtitel „44/876“ kombiniert die Vorwahlnummern Englands und Jamaikas. Diese Show hingegen vereint auf rein menschliche Weise.