Machine Head demontieren „den Atelier“

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Back to the roots

„Metalcommunity vereinige dich“ – so oder so ähnlich könnte man das Motto zum Konzert der Metal-Veteranen Machine Head am Mittwoch lauten. Schwarze Shirts, Bier, Bärte und gute Stimmung, man fühlt sich willkommen zurück in einer lebendigen Subkultur. Seit Monaten ausverkauft, warteten nun über 500 begeisterte Metalheads auf den, im doppelten Sinne, heißen Auftritt der Mannen um Frontmann Robb Flynn und sollten einen legendären Abend erleben …

Wohnzimmer Luxemburg

Des Öfteren wird bekannten oder oft wiederkehrenden Bands das Prädikat „Wohnzimmer-Band“ verliehen; Luxemburg scheint hier für einige Bands ein wunderbares Pflaster zu sein: Billy Talent, Rise Against, Megadeth etc. sind solche Gruppierungen, die immer für ausverkaufte Häuser sorgen. Vergessen wird hier immer eine Band: Machine Head. Bereits zum 12. Mal in ihrer 27-jährigen Karriere fanden sie den Weg nach Luxemburg und nicht nur das Publikum fühlte sich wie bei alten Freunden. Frontmann Flynn: „The last time, my dear Luxembourg, you were way louder“ und profitierte von der Gunst des Momentes, um über das „Erleben“ zu sprechen: „Some don’t want to look strange or act weird – but you are weird, therefore you are here! Play and watch music, that it’s what is all about, go and get it out!“ Im Wohnzimmer Luxemburg brauchten die vier Oaklander genau eine ganze Minute, um das Publikum zum „absoluten“ Moshen zu bewegen – dieser empathische Zustand 500 Höriger sollte sich in den nächsten 169 Minuten nicht mehr ändern, im Gegenteil …

Metaltornado

Eine grün getränkte Bühne und die monumentalen Klänge von „Imperium“ läuteten einen Metaltornado der feinsten Art ein, der mit einem diskografischen Rückgriff auf alle neun Alben bestückt ist, setzen aber das neue 2018er Album „Catharsis“ mit sechs Songs klar in den Vordergrund (darunter „Catharsis“, „Behind a Mask“, „Kaleidoskope“ und „Triple Beam“). Dem Set den Titel „Best of“ zu verleihen, wäre keineswegs vermessen, findet man doch eigentlich einfach jeden Knaller der Band, bei 26 Songs wäre Gegenteiliges verwunderlich …

Von „Davidian“ vom Erstling „Burn my Eyes“ über „Struck a Nerve“ und „Ten Ton Hammer“ bis hin zu „Locust“ vom gleichnamigen Album und den Smashern „Killers & Kings“ und „Now We Die“ vom 2014er „Bloodstone & Diamonds“ war für die Nostalgiker ebenso wie für die vergleichsweise wenigen nach Flynn genannten „New Bloods“ – die die erstmals ein MH-Konzert gesehen haben – gesanglich und melodisch etwas Passendes dabei.

Sorgenquelle Robert Flynn

Robb Flynn wirkte, dies sei vorweggenommen, auch mit 50 Jahren immer noch sehr agil und scheint in der Musik seinen Jungbrunnen gefunden zu haben. Die bereits 96. Show dieser Tour hat er in Luxemburg gespielt. Dies war in den letzten Jahren nicht immer so: Alkohol- und Drogenmissbrauch, ein Leistenbruch, eine verschleppte Luftröhreninfektion und schwere Stimmbandprobleme führten in den vergangenen Jahren zu einigen Konzertabsagen. Hiervon war nichts mehr zu sehen und Flynns Growlen sowie sein Gesang führten das Plenum „Back to the roots“ in alte Trashmetal-Tage zurück und strafte jeden Kritiker Lügen.

Machine Head kann ohne Zweifel als Metalmaschine definiert werden, die es versteht, den originalen Metalspirit, bestehend aus heißen, schwitzigen Clubshows und direkter Interaktion mit einem Publikum, das mosht, headbangt und die Fäuste in die Luft wirft, wieder aufleben zu lassen. Derjenige der Metallicas legendäres 1991er Moskauer Konzert mal gesehen hat, wird verstehen, was es heißt, dieses Gefühl der musikalischen Hingabe kurzzeitig zu besitzen.

Von Sascha Dahm