Lust auf engagierte Autoren

Lust auf engagierte Autoren
(Tageblatt/Hervé Montaigu)

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Zu für Künstler und Journalisten nächtlicher Stunde – will man gängige Vorurteile bedienen – trafen wir uns auf einen Kaffee mit Myriam Muller in der „Theaterstuff“ am Glacis.

Sie war es schon vorher, doch seit die Schauspielerin, Regisseurin, Produzentin, Lehrerin und Mutter von drei Kindern nun auch noch offiziell die Leitung des Centaure übernommen hat, sind die Tage noch praller gefüllt.

Auch wenn Myriam Muller in ihrer langen Karriere bereits an vielen verschiedenen Theatern im In- und Ausland gearbeitet hat, bezeichnet sie das kleine Théâtre du Centaure in der hauptstädtischen Grand-rue als ihr Zuhause. Immer wieder sei sie dorthin zurückgekehrt, auch nach längeren Aufenthalten im Ausland. Und deshalb sei es auch nicht so, dass sie nun, mit der offiziellen Übernahme der Theaterleitung, endlich ihr eigenes Theater besitze. Erstens gehöre das Theater schließlich allen, dem gesamten Team und vor allem auch dem Publikum. Und zweitens sei sie ja nicht von einem Tag auf den anderen plötzlich Direktorin geworden, auch wenn dies manchmal so dargestellt werde. Schon seit Jahren ist Myriam Muller die rechte Hand von Marja Leena Junker, die nun, nach beinahe 25 Jahren, die Aufgabe der künstlerischen Leitung an ihren Zögling weitergibt. Ein weicher Übergang also, der eher der Kontinuität folgt denn eines Neuanfangs gleichkommt.

„Marja Leena Junker hat das Théâtre du Centaure in den letzten Jahren auf ein hohes Niveau gebracht, daran versuche ich natürlich anzuknüpfen“, sagt Myriam Muller. Auch dank ihr habe sich das Theater in den letzten Jahrzehnten in Luxemburg professionalisiert. Dennoch möchte Muller in der Zukunft auch eigene Schwerpunkte setzen: „Das Centaure ist zu klein und hat zu wenig Geld, um von fertigen Produkten leben zu können. Ich sehe es eher als eine Art Laboratorium, in dem auch Experimente gemacht werden dürfen, die schiefgehen könnten.“ Anstatt sich also auf sogenannte „valeurs sûres“ zu verlassen, möchte Myriam Muller verstärkt jungen Kreativen die Chance geben, sich auszuprobieren. Der Schwerpunkt soll auf zeitgenössischem Theater liegen, auf engagierten Autoren, die in Luxemburg oft noch nicht oder wenig gespielt wurden. Dennoch möchte Myriam Muller auch einen Klassiker pro Saison im Programm behalten. Einen Klassiker, der auch auf den Lehrplänen der Schulen steht und der ein neues, junges Publikum ans Theater heranführt. Angesichts der vielen neuen Medien hat es das Theater ohnehin schwer, sich zu behaupten. Deshalb sei es wichtig, immer wieder Schritte auf gerade junge Menschen zuzugehen. „Denn ich bin davon überzeugt“, sagt Myriam Muller, „dass das Theater auch heute noch eine wichtige Plattform ist, um sich mit unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen.“ Ob dies nun ganz konkret mit Autoren unserer Zeit stattfinde oder aber mit Klassikern, die darauf untersucht werden, was sie uns heute noch sagen, spiele dabei eine geringe Rolle.

„Was wäre Dom Juan heute?“ fragt Myriam Muller zurzeit im Grand Théâtre. Dort probt sie mit zwölf Schauspielern gerade den französischen Klassiker aus dem 17. Jahrhundert. Dom Juan: Ein Frauenheld? Nicht wirklich. Vielmehr ein einsamer, kaputter, an sich selbst zweifelnder und eine Show abziehender Mann. Davon gibt es tatsächlich auch heute noch jede Menge. Stoff genug also, um sich mit unserer Gesellschaft und unserem Leben auseinanderzusetzen.
Zu sehen ist die Inszenierung Ende September, Anfang Oktober im Grand Théâtre.