Auf den ungewohnten Spuren eines „Gregor Samsa“

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Der Haarschnitt hat ihm sichtlich gut getan - diesem „musikalischen Wunderkind“, wie er liebend gerne von der internationalen Presse betitelt wird. Conor Oberst, der vielleicht so manchen auch unter dem Namen „Bright Eyes“ bekannt sein mag, war am Donnerstagabend - nach einem Jahr der Abstinenz - erneut zu Gast im Atelier. Emile Hengen

Der Haarschnitt hat ihm sichtlich gut getan – diesem „musikalischen Wunderkind“, wie er liebend gerne von der internationalen Presse betitelt wird. Conor Oberst, der vielleicht so manchen auch unter dem Namen „Bright Eyes“ bekannt sein mag, war am Donnerstagabend – nach einem Jahr der Abstinenz – erneut zu Gast im Atelier.
Emile Hengen

Samstag, 14. Juli 2007: An diesem Tag war die Vorfreude ausgesprochen groß, denn schließlich stand am Abend des französischen Nationalfeiertages einer der bedeutendsten US-Singer-Songwriter, der von einigen Nerds, aus welchem Grund auch immer, als Bob Dylan des 21. Jahrhunderts gepriesen wird, auf der Bühne des Ateliers: das Gesicht oder, wie andere wiederum meinen, die Lebensversicherung des Kultlabels „Saddle Creek“. Die Rede ist natürlich von „Bright Eyes“.
Doch anstatt einem liebenswerten, jungen und lächelnden Folk-Musiker zu begegnen, sah sich das Publikum mit einer beängstigenden Marilyn Manson ähnlichen Gestalt konfrontiert. Der Gruftie-Look von damals tat dem Bright-Eyes-Songwriting allerdings keinen Abbruch und sein Konzertauftritt bestach – wie im Vorfeld erwartet – durch großartige und ungemein gefühlvolle Songs, deren Erfolgsrezept die in einem emotionalen und ausdrucksstarken Gesang eingebettete melancholisch-poetische Lyrics sind. Das vergangene Jahr war für Conor Oberst wohl ein Jahr der Metamorphose. Oder vielleicht doch eher das Jahr der Rückkehr zu den Wurzeln, ein Jahr der Rückbesinnung? Den Künstlernamen „Bright Eyes“ hat Conor Oberst erst mal abgelegt, veröffentlicht unter seinem bürgerlichen Namen seine ersten Solo-Alben und hat sich für seine weltweite Tour eine völlig neue Band zugelegt: „The Mystic Valley Band“. Nein! Conor Oberst hat sich nicht den Josh-Homme-Jüngern angeschlossen und musiziert auch nicht an der Seite von John Garcia.

Zwischen Hillbilly und Folklore

Nicht nur Conor Oberst selbst, sondern auch sein Sound hat sich grundlegend verändert; die Zerbrechlichkeit seiner Stimme voller Gefühlsausbrüche zwischen Wut, Verzweiflung, Abschied, Liebe und Versöhnung ist trotz des Wandels nach wie vor omnipräsent. Seine Experimentierfreude, die wir seit „I’m Wide Awake it’s Morning“ und „Digital Ash in a Digital Urn“ zu schätzen gelernt haben, sein Mut, sämtliche konventionellen Songstrukturen zu durchbrechen, scheinen verflogen zu sein; Gepflogenheit – mit Ausnahme einiger verbalen Ausrutscher gegen Störenfriede – dominierte über die Waghalsigkeit. Das Atelier präsentierte einen ungewohnten Oberst, der ein ungewohntes, doch durchaus reizvolles Konzert spielte. Man muss einfach nur lernen, sich auf sein Spiel einzulassen und ihn zu lieben: diesen neuen Oberst.
www.conoroberst.com