Sonntag19. Oktober 2025

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Domaine TageblattZwischen Winterschnitt und Zukunftssorgen: Ministerin Hansen zu Gast im Tageblatt-Weinberg

Domaine Tageblatt / Zwischen Winterschnitt und Zukunftssorgen: Ministerin Hansen zu Gast im Tageblatt-Weinberg
Tatkräftige Unterstützung für die Tageblatt-Redaktion: Landwirtschaftsministerin Martine Hansen beim Winterschnitt unserer Reben Foto: Editpress/Alain Rischard

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Während des Winterschnitts der Parzelle der Domaine Tageblatt sprachen Landwirtschaftsministerin Martine Hansen, der Präsident der Privatwinzer, Guy Krier, und Winzerin Corinne Kox über brachliegende Parzellen, Weinstuben in der Grünzone und die Vermarktung von Wein.

Der Winterschnitt in unserer Weinbergparzelle ist abgeschlossen. Der zweite Tag war zwar noch kälter, blieb aber zumindest trocken. Für den Abschluss der Arbeiten bekamen wir tatkräftige Unterstützung von Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV). „Ihr habt aber keinen Südhang?“, bemerkte die Ministerin gleich nach ihrer Ankunft, nahm sich eine Rebschere und machte sich bereit, selbst Hand anzulegen.

Unter den aufmerksamen Augen unserer Parzellen-Patentante Corinne Kox erklärten wir der Ministerin die Technik des sanften Rebschnitts, bevor sie zügig loslegte. Weder der steile Hang noch die eisige Kälte hielten die Ministerin auf. „Wir sind ja nicht aus Zucker“, scherzte Hansen bereits vor dem Termin.

Während sie die Reben zurückschnitt, sprach sie mit Corinne Kox und Guy Krier, dem Präsidenten der Privatwinzer, über die aktuellen Herausforderungen im Weinbau. Themen wie brachliegende Parzellen, die Bedeutung von Weinstuben in der Grünzone und die Schwierigkeiten bei der Vermarktung luxemburgischer Weine standen dabei im Mittelpunkt.

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Brachliegende Parzellen

Martine Hansen: „In einer parlamentarischen Anfrage wurde ich gefragt, ob Olivenbäume eine Alternative für die brachliegenden Weinbergparzellen sein könnten. Das sehe ich nicht unbedingt so. Es gibt sicherlich Obstsorten, wie zum Beispiel Weinbergpfirsiche, die hier angebaut werden könnten und eine zusätzliche Einnahmequelle für Winzer darstellen. Ich habe das Institut viti-vinicole gebeten, dies zu testen. Aber wir werden keine Kultur finden, die von heute auf morgen die Weinberge ersetzen kann. Unser Ziel muss sein, möglichst viele Parzellen zu erhalten und sie für die Winzer rentabel zu gestalten. Eine mögliche Alternative wäre die Installation von Solaranlagen in den Weinbergen. Auch wenn das optisch nicht ideal ist, wird diese Option derzeit vom Staat analysiert. Es wäre jedenfalls sehr schade, wenn wir irgendwann die Reben herausreißen müssten. Sie sind ein wesentlicher Teil des Landschaftsbildes der Mosel. Ob wir das verhindern können, weiß ich nicht. Diese Diskussionen müssen wir noch führen.“

Für Privatwinzer-Präsident Guy Krier muss alles darangesetzt werden, das Landschaftsbild der Moselregion zu erhalten
Für Privatwinzer-Präsident Guy Krier muss alles darangesetzt werden, das Landschaftsbild der Moselregion zu erhalten Foto: Editpress/Alain Rischard

Guy Krier: „Es liegt auch in unserem Interesse, dieses Landschaftsbild zu bewahren. Wenn wir über brachliegende Parzellen sprechen, geht es meist um kleinere Flächen. Das größere Problem ist, dass diese unbewirtschafteten Flächen verwildern und Krankheitsherde entstehen, die sich auf benachbarte Parzellen ausbreiten können. Das macht es für die Winzer schwieriger, gesunde Trauben zu züchten. Ich hoffe, dass wir uns gerade nur in einer Durststrecke befinden. Wenn wir gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und alle Anstrengungen unternehmen, können wir diese Talfahrt überwinden.“

Wenn der Weinbau nach über 2.000 Jahren enden würde, wäre das ein großer Verlust und unsere eigene Schuld

Guy Krier, Präsident der Privatwinzer

Martine Hansen: „Und wir produzieren qualitativ hochwertigen Wein. Doch hier im Land wird noch immer viel Wein getrunken, der nicht in Luxemburg produziert wird. Da müssen wir bei der Vermarktung und im Bereich Önotourismus noch stärker werden.“

Guy Krier: „Es geht darum, den Wein erlebbar zu machen. Aktionen wie diese hier – bei der Tageblatt-Leser im Weinberg helfen können oder durch die Berichterstattung einen tieferen Einblick in die Welt des Weinbaus erhalten – fördern das Verständnis dafür, welches Kulturgut wir hier haben. Wenn der Weinbau nach über 2.000 Jahren enden würde, wäre das ein großer Verlust und unsere eigene Schuld. Wir müssen alles daransetzen, das zu verhindern.“

Die Betriebsnachfolge

Martine Hansen: „Die Betriebsnachfolge ist ein großes Thema. Es fehlt an Planungssicherheit, auch durch die Politik. Wenn sich alle fünf Jahre etwas ändert, macht das die Arbeit nur schwerer. Dazu kommt unnötiger Papierkram, der viel Zeit frisst – Zeit, die produktiver genutzt werden könnte. Ich weiß nicht, ob wir das alles in den Griff bekommen. Natürlich muss die Politik junge Leute finanziell unterstützen, aber das allein reicht nicht. Eine Betriebsübernahme ist mit hohen Kosten verbunden, die ein Übernehmer erst einmal stemmen muss. Innerhalb der Familie muss oft erst Einigkeit erzielt werden, und das ist nicht immer einfach – Geschwister müssen sich einig werden. Dazu kommt, dass viele Betriebe seit zwei Generationen die Nachfolge nicht richtig geklärt haben. Hier müssen wir an verschiedenen Stellschrauben drehen.“

Corinne Kox (r.) hat sich erst spät dazu entschieden, den Familienbetrieb zu übernehmen
Corinne Kox (r.) hat sich erst spät dazu entschieden, den Familienbetrieb zu übernehmen Foto: Editpress/Alain Rischard

Corinne Kox: „Um die Übernahme eines Familienbetriebs finanziell zu stemmen, sind kreative Lösungen gefragt. In meinem Fall zum Beispiel bleiben meine Geschwister als Anteilseigner im Betrieb, auch wenn sie nicht direkt mitarbeiten. Das funktioniert, weil wir uns gut verstehen und ich ihre Rückmeldungen schätze. Große strategische Entscheidungen treffen wir gemeinsam, was ich als Vorteil empfinde. Außerdem gehört der Grundbesitz weiterhin der Familie und nicht dem Unternehmen, sodass ich keinen großen Geldbetrag für die Übernahme zahlen musste. Dieses Modell ist sicher nicht für jeden geeignet, aber es zeigt, dass es verschiedene Ansätze geben kann.“

Junge Leute lassen sich nur motivieren, wenn sie damit auch Geld verdienen können

Martine Hansen, Landwirtschaftsministerin

Guy Krier: „Es gibt auch ein gesellschaftspolitisches Problem: Der einfache Weg – ein Studium und ein sicherer Job beim Staat – wird oft bevorzugt. Wir müssen das Unternehmertum mehr unterstützen und dafür sorgen, dass es wieder rentabel ist, Unternehmer zu sein. Nur wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind, können wir langfristig auch sozial sein. Die Politik muss hier die Initiative ergreifen, aber die gesamte Gesellschaft ist gefragt.“

Martine Hansen: „Junge Leute lassen sich nur motivieren, wenn sie damit auch Geld verdienen können. Die Löhne sind in diesem Bereich nicht mit anderen Arbeitsstellen mit ähnlichen Qualifikationen vergleichbar.“

Corinne Kox: „Als Winzer darf man die Arbeitsstunden nicht zählen. Man muss vielseitig sein und bereit, sich jeden Tag neuen Herausforderungen zu stellen. Kein Tag ist wie der andere, und man kann sich kreativ verwirklichen. Wenn man das mag, ist es der richtige Beruf.“

Guy Krier: „Als Winzer bist du Produzent, arbeitest mit deinen Händen, bist kreativ, gibst dem Wein eine persönliche Note und schaffst ein Produkt, das den Menschen Freude bereitet. Unser Beruf ist unglaublich vielfältig.“

Man bekommt die Jugend nur für den Beruf des Winzers begeistert, wenn sich damit auch Geld verdienen lässt: Landwirtschaftsminiserin Martine Hansen (CSV)
Man bekommt die Jugend nur für den Beruf des Winzers begeistert, wenn sich damit auch Geld verdienen lässt: Landwirtschaftsminiserin Martine Hansen (CSV) Foto: Editpress/Alain Rischard

Weinstuben in der Grünzone

Guy Krier: „Wenn ein Winzer sein Produkt direkt an den Kunden bringen will, ist eine ,Wäistuff‘ ein wichtiger Faktor. Wir stehen hier an einem der schönsten Aussichtspunkte der Mosel. In Kombination mit Önotourismus gibt es nichts Schöneres, als eine Weinstube in oder nahe den Weinbergen. Das schadet der Natur nicht. Leider sind die Restriktionen für Weinstuben in der Grünzone noch zu groß. Innerhalb des Bauperimeters kann man sich an das Schankgesetz halten und alles anbieten, was ein gastronomischer Betrieb bietet. In der Grünzone ist das jedoch nicht so einfach.“

Martine Hansen: „Immerhin ist es jetzt möglich, eine Schanklizenz in der Grünzone zu bekommen – das war lange Zeit nicht der Fall. Wenn wir Restaurants in den Weinbergen erlauben, würde der Horeca-Sektor protestieren, da sie solche Genehmigungen nicht bekommen. Der Kompromiss lautet daher: ,petite restauration‘ in der Grünzone. Was genau darunter fällt, muss noch definiert werden. Ich stimme Herrn Krier zu: Wir sollten die Weinstuben in der Grünzone ermöglichen. Es gibt nur noch 40 bis 50 Winzer, die eine Weinstube betreiben können, und es werden nicht plötzlich 100 neue dazukommen. Weinstuben sind wichtig für die Vermarktung und den Tourismus.“

Die Frage der Vermarktung

Tipps und Feedback

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Guy Krier: „Wir stehen immer häufiger vor Kampagnen, die Alkohol als Teufelszeug darstellen. Natürlich gilt ,Consommer avec modération‘ weiterhin als unser Leitbild. Ich selbst mache jedes Jahr einen ,Dry January‘, denn auch mit einem alkoholischen Getränk sollte man sich kritisch auseinandersetzen. Allerdings wird es für uns Winzer zunehmend schwieriger, Werbung zu machen.“

Martine Hansen: „Wir unterstützen die Winzer, wo wir können, unter anderem durch den ,Fonds de solidarité viticole‘ – etwas, das es in keinem anderen landwirtschaftlichen Bereich gibt.“ 

Wir müssen die Unterschiede zwischen einem echten Vin de Luxembourg und einem Produkt, das lediglich hier hergestellt wurde, viel deutlicher hervorheben

Corinne Kox, Winzerin

Corinne Kox: „Wenn es um die Vermarktung unseres Weins geht, sollten wir unsere AOP (,Appellation d’origine protégée‘) noch sichtbarer machen. In Luxemburg wird nicht nur Wein oder Crémant ,de Luxembourg‘ produziert, sondern auch Produkte, die zwar hier abgefüllt, aber nicht mit luxemburgischen Trauben hergestellt werden. Diese Produkte können günstiger produziert werden. Das macht es für uns Winzer schwer, neue Märkte zu erschließen, da wir preislich aufgrund der hohen Produktionskosten nicht mithalten können. Wir müssen die Unterschiede zwischen einem echten ,Vin de Luxembourg‘ und einem Produkt, das lediglich hier hergestellt wurde, viel deutlicher hervorheben – sowohl national als auch international.“

Martine Hansen: „Uns als Staat ist ebenfalls zu Ohren gekommen, dass an einigen Stellen Crémant verkauft wurde, der gar kein Crémant war. Daraufhin haben wir Kontrollen durchgeführt, sowohl in Cafés entlang der Mosel als auch auf Weihnachtsmärkten. Ich weiß nicht, ob wir an den falschen Orten kontrolliert haben, aber wir konnten nur einen Verkäufer ermitteln, der behauptete, Crémant in seinem Hugo zu verwenden, obwohl das nicht stimmte. Vielleicht müssen wir noch mehr Informationskampagnen starten, damit die Konsumenten den Unterschied zwischen einem ,Vin de Luxembourg‘ und einem ,Vin produit au Luxembourg‘ besser verstehen.“