Das Schuljahr steht unter dem Motto der „Screen-Life-Balance“ für Schüler, ausgerufen vom Bildungsministerium und flankiert von zahlreichen Maßnahmen. Ein zentrales Element der Kampagne ist das Verbot von Smartphones für Schüler. In die Initiativen reiht sich auch die Konferenz „Zwischen Likes und Realität: Medien, Identität und Selbstbild in der Jugend“ am vergangenen Donnerstag im Bartringer „Centre Atert“ ein.
Durch die Veranstaltung, zu der das „Centre de consultation pour jeunes et familles“ (CCJF) des „Centre psycho-social et d’accompagnement scolaires“ (CePAS) eingeladen hatte und zu der Bildungsminister Claude Meisch (DP) ein eröffnendes Grußwort sprach, führte Prof. Dr. André Melzer. Der Kognitionspsychologe von der Uni Luxemburg vertritt eine differenziertere Haltung in der Thematik und begründet dies nicht zuletzt mit aktuellen Forschungsergebnissen.
Melzer wartete zuerst mit Zahlen auf, die Bände sprechen: Von den rund 8,2 Milliarden Menschen weltweit besitzen 70,5 Prozent ein Mobiltelefon respektive ein Smartphone, 68 Prozent benutzen das Internet und sage und schreibe 5,24 Milliarden oder 63,9 Prozent haben eine Identität in einem sozialen Netzwerk. Der Experte führte auf, wie viele Menschen pro Minute Fotos auf Instagram teilen, Tweets veröffentlichen, Videos auf TikTok posten oder Snapchat-Nachrichten verschicken – Zehntausende, Hunderttausende, Millionen, Milliarden. Gigantisch! Melzer meint: „Man könnte den Eindruck haben, Medien seien alles.“ Er betonte, dass er vor allem Medienpsychologe und Grundlagenforscher sei. Mit der Umsetzung sei er nicht befasst. Und überhaupt: „Ich habe nicht die Zauberformel.“
Dass es Letztere nicht gibt, ist bereits vielen bewusst geworden. Auch ein Handyverbot an den Schulen wird nicht automatisch die schulischen Leistungen verbessern. Die Herangehensweise von Forschern wie André Melzer ist systematisch, etwa mit Fragen wie: „Was nutzen wir? Wie und wann und warum? Und was sind die Folgen?“
Interaktive Wirkung
Dazu gehört auch die Einsicht, dass wir alle aktive Nutzer von Smartphones und sozialen Medien sind. „Wir haben eine integrative Sichtweise“, so Melzer, „und nutzen das Medium. Es ist ein Kreislauf.“ Die Effekte beeinflussten wiederum auch die Motive. Der Vortragende nennt als Beispiel die interaktive Wirkung, etwa beim Videospiel: Für eine Aktion des Spielers gibt es jedes Mal eine direkte Rückmeldung.
Eine zentrale Aussage in Melzers Vortrag war, dass immer verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssten. Einer dieser Faktoren ist der jeweilige Kontext. Dass man bei einem Videospiel etwa gleichzeitig handelnd und beobachtend ist und dass Jugendliche durch das interaktive Tun immer wieder etwas hinzulernen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Der Autor dieser Zeilen kann sich erinnern, wie er seinen ersten Artikel über Computerspiele verfasste. Einige Eltern und Hardliner nannten sie Teufelszeug, andere klagten über die Vorurteile, die ihnen als Zocker anhafteten. Wer sich für das eine oder andere Spiel interessierte, fand nicht selten Eingang in eine facettenreiche Welt. Dass Jugendliche interaktiv lernten, Kausalität und Wirkung und eben auch Selbstwirksamkeit erleben, und nicht mehr nur paukten, war vielen Eltern und Lehrern suspekt, weil fremd.
Der Vergleich mit anderen
Melzer zitierte den kanadischen Psychologen Albert Bandura (1925-2021), der den Begriff der „self-efficacy“ (Selbstwirksamkeitserwartung) geprägt hatte. Und er erinnerte daran, dass der Mensch ein soziales Wesen sei. Dieses „Zoon politikon“ ist, wie bereits Aristoteles konstatierte, von Natur aus auf das Zusammenleben mit anderen angewiesen und nur in der Gesellschaft seine volle menschliche Natur entfalten kann. „Wir vergleichen uns mit anderen Menschen“, sagte Melzer.
Zudem zeigten uns Medien Normen und Prototypen. Durch den Vergleich entstehe die persönliche Identität. „Wir nutzen soziale Medien, um unser Selbstkonzept zu kommunizieren“, so Melzer weiter. „Medien können als Symbole des Selbst genutzt werden. Es suggeriert das Gefühl der Einzigartigkeit, was den sozialen Status erhöhen kann. Mediennutzung ist soziales Kapital.“
Der Psychologe erinnerte außerdem daran, dass uns mit jedem neuen Medium – vom Kino über Radio bis zum Fernsehen – eine „moralische Panik“ verfolgt. Die neuen Medien würden als schädlich gebrandmarkt, ihr negativer Einfluss und die Suchtgefahr würde betont. Selbstverständlich kann dies auch zur Gefahr werden. Nicht zufällig gehörten zu den Organisationen und Hilfseinrichtungen, die am Abend der Konferenz ihre Stände aufgebaut hatten, das „Zenter fir exzessiivt Verhalen a Verhaalenssucht“ (ZEV), „Bee Secure“ und „Kanner-Jugendtelefon“.
Nutzung und Wohlbefinden
Das Ausmaß problematischer Nutzung in der Altersgruppe von 12 bis 29 Jahren liegt laut dem nationalen Jugendbericht von 2024 bei fünf Prozent. Betroffen sind vor allem die 12- bis 15- sowie die 16- bis 20-Jährigen. Weniger entscheidend, erklärt Melzer, sei die reine Nutzungsdauer der neuen Medien. Vielmehr kommt es auch darauf an, wie sich die Nutzung auf das Wohlbefinden auswirkt.

Auf der Negativliste der sozialen Medien stehen etwa Desinformation und Fake News, Hasskommentare, soziale Isolation („Fear of missing out“), ein ungesunder Lebensstil, Stereotypisierung (Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft), Körperbild, emotionale Stimmung (depressive Symptome, Angst), Sucht bis hin zu Suizid. Pauschalurteile wie jenes des US-Psychologen Jonathan Haidt, der in seinem Buch „Generation Angst“ behauptet, die junge Generation ginge „an die virtuelle Welt verloren“ und setzte „ihre psychische Gesundheit aufs Spiel“, seien jedoch mittlerweile „zerpflückt“ worden, wie Melzer betonte, nicht zuletzt durch die niederländische Pädagogin und Medienwissenschaftlerin Patti Valkenburg, die darauf hinwies, dass die sozialen Medien „eine“ Ursache von Angst und Depressionen sein können, aber bei weitem nicht die einzige. So seien schwerwiegende gesellschaftliche Probleme wie der Rückgang der psychischen Gesundheit „immer multikausal“.
Es muss mehr geforscht werden
Was das „heiße Eisen“ Handy- bzw. Smartphone-Verbot in Schulen betrifft, hat Melzer bereits anlässlich des Verbots im Lycée Ermesinde im September 2023 gegenüber dem Tageblatt gesagt: „Für den Erfolg einer generellen Verbotspolitik von Mobiltelefonen gibt es aus medienpsychologischer Sicht keine Belege.“ Ein Verbot würde das Erlernen eines verantwortungsvollen Umgangs mit Medien verhindern. Schließlich gehe es den jungen Menschen um die Erfüllung ihres Wunsches nach Teilhabe und zwischenmenschlichem Austausch. Statt eines Verbots wäre es besser, Medienkompetenz aufzubauen.
Als Argument für ein Handyverbot wird häufig genannt, das Smartphone würde die Schüler zu sehr ablenken und die schulische Leistung verschlechtern. Melzer verwies auf eine Studie, bei der Wissenschaftler untersuchten, wie man die Ablenkung von Handys bei Studierenden reduzieren kann, und dafür „Technologie-Pausen“ einführen. In diesen Pausen von vier Minuten konnten die Studierenden ihre Handys nutzen.
Inwiefern sich dies oder gar das Handyverbot auf Dauer auswirkt, „können wir erst in mehreren Jahren wissen“. Melzer sagte: „Dafür brauchen mehr Studien.“ Und demnach eine langfristige Forschung. Dass die Technologie unsere Welt mehr als je zuvor verändert, ist offensichtlich. „Ein Katalysator dafür“, so der US-Psychologe Larry Rosen, „ist nun das Smartphone.“ Einige betrachten es als einen Fluch, andere als einen Segen. Vielmehr dürfte es weder das eine noch das andere sein.
De Maart

Richtig Luxmann. Der Pfarrer war der einzige damals, von vorne bis hinten, existierender Fake.
Wier Een nett baal forceiert gin fir esou een Apparat ze hun fir den Banken dem Staat der Wirtschaft an villen aneren Bereicher matt ze kommen wieren vill manner vun deem Geschier um Maart, Telefon Handy ass an der Schoul elo verbueden den I-Pad en must
Verbuets Politik haat nach nie eppes bruecht op jidden Fall nett vir Gesondheet.
Lasst uns zur guten alten zeit zurueck kommen wo die familie abends am kamin sass und die aelteren den jungen ihre weisheiten erzaehlten und am sonntag der pfarrer in der kirche aufklaerte was sache war.
Damals gab es anscheinend noch keine fake news.😉
" „Für den Erfolg einer generellen Verbotspolitik von Mobiltelefonen gibt es aus medienpsychologischer Sicht keine Belege.“
Die ansteigende Kurzsichtigkeit bei Kindern(80%) wegen "Flatscreenmissbrauchs ( 12 Stunden am Tag ) hat Südkorea dazu bewogen ein Verbot an Schulen auszusprechen .
Das mag keine medienpsychologische Sicht sein aber eine medizinische und Beleg genug. Prof.Dr.M.Spitzer ist Hirnforscher und Psychologe und der hat schon viele Bücher über den negativen Effekt auf Gesundheit und Hirnaktivität herausgegeben. Seine Belege klingen glaubwürdig.
Und zu Aristoteles: Der dachte ja auch das Gehirn wäre zur Kühlung des Blutes.
Komplett iwerflösseg, brauch keen.