Der Schock nach Huldingen sitzt tief. Am Samstag, dem 25. Januar, ist es dort, vor einem Einkaufszentrum kurz vor der belgischen Grenze, zu einem folgenschweren Unfall gekommen. Zwei Fußgängerinnen wurden von einem Auto erfasst, auf dem Zebrastreifen, der die Nationalstraße 7 überquert. Die alarmierten Rettungsdienste fuhren irrtümlicherweise zuerst zum falschen Ort. Eine der Frauen starb am Tag darauf im Krankenhaus. Auch der Zebrastreifen wirft Fragen auf. Denn dort, wo die Markierungen auf der N7 angebracht sind, gilt Tempo 90. Am Mittwochmorgen meldete die Polizei dann einen weiteren tödlichen Unfall: Ein 85 Jahre alter Mann wurde mitten in Remich von einem Lkw erfasst. Er starb noch an der Unfallstelle.
26 Menschen verloren 2023 auf den Straßen Luxemburgs ihr Leben – ein Rückgang von 31 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Während die Verkehrsunfallbilanz für das Jahr 2024 noch nicht vorliegt – die soll laut Transportministerium voraussichtlich im Mai oder Juni 2025 erscheinen –, zeichnet sich jedoch ein klarer Trend ab: Die Bemühungen zur Erhöhung der Straßensicherheit zeigen Wirkung.
Diese Karte zeigt die tödlichen Verkehrsunfälle in Luxemburg in den Jahren 2018 bis 2023. „M“ bedeutet, dass ein Motorrad in den Unfall verwickelt war. Quelle: Geoportail.
Dennoch bleibt zu hohe Geschwindigkeit die Hauptursache für tödliche Unfälle, gefolgt von Alkohol- und Drogeneinfluss sowie Ablenkung am Steuer, etwa durch Handynutzung, schreibt das Transportministerium in seinem Bericht.
Gibt es bestimmte Gefahrenstellen?
Das Tageblatt erkundigte zudem sich beim Transportministerium, ob es bestimmte Gefahrenstellen gibt, an denen sich besonders viele Unfälle ereignen. „Die hierzu vorliegenden Daten lassen zu dieser Frage keine verlässliche Aussage zu“, heißt es allerdings in der Antwort des Ministeriums. Sollte sich jedoch herausstellen, dass ein Straßenabschnitt verkehrstechnisch problematisch sei, werde dieser von Experten analysiert und gegebenenfalls optimiert.
Wie der Automobilclub Luxemburg (ACL) dem Tageblatt mitteilte, verfüge dieser derzeit auch nicht über „verlässliche Angaben und Statistiken“ zu den Verkehrstoten im Jahr 2024 und den unfallträchtigsten Straßenabschnitten in Luxemburg.
Sicherheitskampagnen
Das Transportministerium versucht, das Bewusstsein für die Gefahren des Straßenverkehrs durch Sicherheitskampagnen zu verschiedenen Themen zu schärfen. Diese beschränkten sich aber nie auf spezifische Straßenabschnitte oder Kreuzungen, sagt das Ministerium dem Tageblatt. Ende Oktober lancierte das Ministerium beispielsweise gemeinsam mit der „Sécurité routière“ und der Polizei eine Kampagne, um die Verkehrsteilnehmer daran zu erinnern, wie wichtig das Tragen sichtbarer Kleidung in der dunklen Jahreszeit sein kann.
Unfallprävention
Die Behörden setzen auf ein breites Spektrum an Maßnahmen, um das Risiko von Unfällen zu reduzieren. Dazu gehören die Sicherung oder Entfernung von Bäumen, der Bau von Leitplanken oder Schutzsystemen für Motorradfahrer, sowie die Anpassung der Straßeninfrastruktur und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Auch der Winterdienst, die Ausbesserung von Straßenschäden sowie die Absicherung von Unfallstellen zählen dazu.
Idealerweise sollte es jedoch gar nicht erst zu kritischen Situationen kommen. Daher werden Straßen kontinuierlich analysiert und gewartet. Neue Verkehrsprojekte müssen, neben motorisierten Fahrzeugen, auch die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern berücksichtigen.
Sämtliche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit seien im Aktionsplan „Sécurité routière 2019-2023“ aufgelistet. Ein weiterer Aktionsplan „Sécurité routière“ für den Zeitraum 2024 bis 2028 ist vergangene Woche vorgestellt worden.
Et gëtt méi fréi däischter, an d'Geforen am Stroosseverkéier huelen dowéinst zou 🚗 ⚠️. Ob Dir zu Fouss 🚶♂️🚶♀️, um Vëlo 🚴♀️ oder op der Trottinett 🛴 ënnerwee sidd, dot reflektéierend Kleeder an Accessoiren un. Fir Är Sécherheet, sidd siichtbar!@Yuriko_Backes @gouv_lu @PoliceLux pic.twitter.com/mZjE4BUTDW
— MMTP (@mmtp_lu) October 21, 2024
„Die richtige Richtung“
Luxemburg ist allerdings nicht untätig: Allein „in den vergangenen Jahren“ seien 1.327 Bäume verlagert oder entfernt, 46 Kilometer Sicherheitsplanken sowie 17,2 Kilometer Leitplanken mit Unterfahrschutz für Motorradfahrer angebracht worden. Um punktuell gegen überhöhte Geschwindigkeiten vorzugehen, seien Streckenradare auf der N11, an den Autobahntunneln der A7 sowie beim Tunnel Markusberg (A13) und Ampelradare an der place de l’Etoile, in der Nähe des Lycée Aline Mayrisch und in Höhe der Hollericher Kirche platziert worden.
Konkrete Daten dazu, inwiefern die einzelnen Maßnahmen Früchte getragen haben, gebe es allerdings nicht, verrät das Transportministerium dem Tageblatt. Diesbezüglich würden keine Studien durchgeführt, „da diese aufgrund der geringen Schnittmenge nicht aussagekräftig wären“, heißt es weiter. Die insgesamt positive Entwicklung der Verkehrsopferzahlen in den letzten zehn bis 15 Jahren zeige jedoch, dass die Gesamtheit der getroffenen Maßnahmen „in die richtige Richtung“ gehe.
Die Bilanz aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die Anzahl der tödlichen Verkehrsunfälle in den vergangenen zehn Jahren um 41 Prozent gesunken ist. Aus dem Bericht geht jedoch ebenfalls hervor, dass die Anzahl der Schwerverletzten im Vergleich zum Jahr 2022 um 35 Prozent und die der schweren Verkehrsunfälle um 14 Prozent gestiegen ist.
Das Transportministerium verweist in dem Fall auf die Arbeitsgruppe „Audit de sécurité“. Unter der Leitung der Straßenbauverwaltung analysiere diese schwere und tödliche Verkehrsunfälle mit Fokus auf die Infrastruktur der Verkehrssicherheit. „Wenn Verbesserungen möglich und nützlich erscheinen, werden entsprechende Maßnahmen ergriffen“, meint das Transportministerium.
Ein langes Provisorium

Ein einigermaßen rezentes Beispiel für den Umbau eines Straßenabschnitts ist die Kreuzung bei Breidweiler-Pont in der Nähe des Schießentümpels. Nach mehr als zwei Jahren Umbauarbeiten wurde dort die provisorische Brücke mit der offiziellen Bezeichnung OA002 durch einen Kreisverkehr ersetzt. Die offizielle Einweihung fand am 14. Oktober 2024 statt. Da die einspurige Brücke nicht nur die Sicht der Verkehrsteilnehmer durch ihre hohen Stahlträger erheblich einschränkte, sondern diese auf der viel befahrenen Verkehrsachse zwischen Fels, Echternach und Junglinster auch stark abbremsen ließ, kam es an dieser Stelle regelmäßig zu Verkehrsunfällen. (Das Tageblatt berichtete.)
Das Provisorum wurde 2013 in Betrieb genommen und ersetzte die Vorgängerbrücke OA355, die aufgrund von Hochwasserereignissen und Sturzfluten derart beschädigt wurde, dass sie nicht mehr für den Verkehr genutzt werden konnte. Demnach dauert es elf Jahre.
Die neue Konstruktion umfasst nun auch einen Wanderweg abseits des motorisierten Verkehrs. Dadurch ist ein Überqueren der unübersichtlichen Kreuzung nicht mehr notwendig, was wiederum einen sichereren Zugang zu den Naturattraktionen des Geoparks Mëllerdall ermöglicht.
Da der neue Kreisverkehr erst vor kurzem in Betrieb genommen wurde, gebe es laut Ministerium noch keine Zahlen zur Unfallentwicklung an diesem Straßenabschnitt.
Achtung, Wild!
Neben Infrastruktur, Wetter und Fahrverhalten spielen auch unvorhersehbare Faktoren wie Wildtiere eine Rolle. Vor allem in Waldgebieten ist äußerste Vorsicht geboten – insbesondere während der Jagdsaison. Allerdings sind dem Transportministerium auch in diesem Fall keine Hotspots bekannt, an denen es besonders oft zu Wildunfällen kommt.
Luxemburgs Autobahnen seien nahezu vollständig mit Wildschutzzäunen ausgestattet, doch insbesondere an Kreuzungen bleibe das Risiko eines Wildwechsels bestehen, da diese weiterhin für Tiere wie Hirsche und Wildschweine zugänglich sind. Darum habe die Straßenbauverwaltung an bestimmten Auffahrten Gefahrenhinweisschilder angebracht. Darüber hinaus könnten wachsende Bäume und Sträucher oder Wildtiere die Zäune beschädigen. Darum führe die Straßenbauverwaltung regelmäßig Kontrollen durch und stehe in stetigem Kontakt zu Jägern, um etwaige Schäden so schnell wie möglich zu beheben.
Zudem setzt Luxemburg auf Wildtierpassagen, die vor allem größeren Säugetieren ein sicheres Überqueren von Autobahnen ermöglichen sollen, um Kollisionen mit Fahrzeugen zu vermeiden. „Diese Korridore wurden so konzipiert, dass sie die durch Straßenbauprojekte fragmentierten Lebensräume wieder miteinander verbinden, um die Biodiversität zu erhalten und gleichzeitig gefährliche Situationen für die Verkehrsteilnehmer zu minimieren“, sagt das Transportministerium.
Des Weiteren kommen in Luxemburg „an verschiedenen Straßenabschnitten“ auch Wildwarner zum Einsatz – obwohl „dessen Wirkung nicht eindeutig bewiesen und somit umstritten ist“, teilt das Transportministerium mit. Hierbei handelt es sich um Reflektoren, die durch die Scheinwerfer der herannahenden Fahrzeuge aktiviert werden und so das Wild davon abhalten sollen, die Straße zu überqueren.
D’Juegdsaison dauert bis de 31. Januar. 🦌 Bis dohinner gëllt et opzepassen, egal ob Dir zu Fouss, mam Vëlo oder mam Auto ënnerwee sidd. 🚧Adaptéiert Är Vitess iwwerall do, wou d’Schëlder op eng Klappjuegd opmierksam maachen. D’Sécherheet geet vir! @Yuriko_Backes @gouv_lu pic.twitter.com/ksFMx8BfgZ
— MMTP (@mmtp_lu) October 25, 2024
*in einer früheren Version des Artikels hieß es, der Aktionsplan für Verkehrssicherheit 2024-2028 sei noch nicht veröffentlicht. Dieser wurde aber am 30. Januar der Öffentlichkeit vorgestellt. Wir haben diesen Fehler korrigiert.
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De Maart

Leider kommt es immer wieder zu schweren Unfällen wo Autos in Bäume fahren.
Vielerorts aber wahrscheinlich nicht überall könnten Leitplanken die Gefahr stark vermindern. Dies ist kein Playdoyer gegen Bäume am Strassenrand, im Gegenteil, Bäume spielen eine wichtige Rolle u.a. auch im Hinblick auf die rein optische Strassenführung.
Zitait: " Vor allem in Waldgebieten ist äußerste Vorsicht geboten – insbesondere während der Jagdsaison. Allerdings sind dem Transportministerium auch in diesem Fall keine Hotspots bekannt, an denen es besonders oft zu Wildunfällen kommt." Wie sollten dem Transportministerium auch Hotspots bekannt sein, wenn keine Statistiken über Wildunfälle geführt werden? Manche Tiere, z.B., Rotwild, benutzt über Jahrhunderte die gleichen Wechsel. Wenn dies beim Strassenbau nicht berücksichtigt wird, ist der Mensch das Problem.
Da ist ja schon eine ganze Menge an Arbeit geleistet worden. Aber warum wird nicht die gesamte Strassenbeleuchtung, ausser bei Zebrastreifen, ausgeschaltet. Ein sehr kompetenter grüner Transportminister hat doch behauptet bei Dunkelheit wird weniger schnell gefahren und hat mir nichts dir nichts Strassenlaternen auf der Autobahn abgesägt/sägen lassen.
Leider lassen sich Unfälle niemals vermeiden, per pedes, musculus vires oder engine potestatem.
Das Leben birgt ein gewisses Risiko. Unfälle passieren.Daher der Name. Natürlich kann man vorsichtig sein und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Schlimm natürlich wenn man Leuten erklären muss,dass es gefährlich ist in schwarzer Kleidung nachts Rad zu fahren. Warum müssen Radare am Straßenrand stehen? Genügt die Verkehrsordnung nicht? usw.usw.
Alte und junge Menschen sind gefährdeter als andere.Das ist eine biologische Tatsache.
Vorsicht und Rücksicht müssten eigentlich genügen.Man muss nicht zuhause bleiben.