Wahlen 2023Wie könnte eine große Steuerreform unter einer neuen Regierung aussehen?

Wahlen 2023 / Wie könnte eine große Steuerreform unter einer neuen Regierung aussehen?
Das Steuersystem entstauben ist das Ziel aller Parteien – doch wie könnte das konkret aussehen in einer künftigen Koalition? Symbolbild: Editpress

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Die große Steuerreform ist das Wahlversprechen der Dreierkoalition, das in der vergangenen Legislaturperiode nicht umgesetzt wurde. Das Tageblatt hat sich die Wahlprogramme der vier großen Parteien genauer angeschaut und versucht, herauszufinden, wie die Steuerpolitik in einer künftigen Koalition aussehen könnte. Dabei steht die DP etwas isoliert da – und könnte trotzdem mit fast jedem koalieren.

Als „gréisste Regret“ der vergangenen Legislaturperiode bezeichnet DP-Fraktionspräsident Gilles Baum die schlussendlich nicht vorgelegte Steuerreform der Dreierkoalition. Auf die Steuerreform angesprochen, verweisen DP, LSAP und „déi gréng“ unisono auf Pandemie, Energiekrise und Inflation als Gründe, warum die Dreierkoalition die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Steuerreform schlussendlich nicht durchbringen konnte. Wie aber könnte eine Steuerreform je nach Kräfteverhältnissen nach den Wahlen aussehen? Ein Blick in die Wahlprogramme von DP, LSAP, CSV und „déi gréng“.


DP-LSAP-„déi gréng“

Beruft man sich bei der Analyse ausschließlich auf die Wahlprogramme der Parteien, könnte eine Steuerreform als neues Vorzeigeprojekt einer Fortsetzung der bisherigen DP-LSAP-„déi gréng“-Regierung in komplizierten Koalitionsverhandlungen münden. Offensichtliche inhaltliche Übereinstimmungen finden sich demnach vor allem zwischen LSAP und Grünen, während die DP mit ihren Vorstellungen eher isoliert da stünde – auch weil einige Punkte im Wahlprogramm keine Erwähnung finden und somit einen großen Spielraum bei künftigen Koalitionsverhandlungen garantieren. Die Einführung einer einheitlichen Steuerklasse ist der einzige Punkt, in dem sich alle drei Parteien einig sind. Danach sind es vor allem Differenzen zwischen den inhaltlichen Programmpunkten, die hervorstechen.

LSAP und „déi gréng“ können sich beide eine Vermögenssteuer vorstellen. Der LSAP schwebt ein Freibetrag von 2,6 Millionen Euro vor, während die Grünen eine Steuerbefreiung für eine Immobilie plus eine Million Euro einführen wollen. Die DP lehnt hingegen jede Art von Vermögenssteuer für Privatpersonen ab. Weitere Gemeinsamkeiten zwischen Grünen und LSAP: Entlastungen für Mindestlohnempfänger (LSAP: Steuerbefreiung des Mindestlohns; Grüne: „crédit impôt salaire social minimum“) und Steuerkredite für Alleinerziehende. Die DP bezieht in den beiden Punkten nicht klar Stellung und verweist lediglich auf die Revis-Reform – die jedoch erhebliche Mängel aufweist und die Reformziele klar verfehlt, wie das Online-Magazin Reporter.lu herausgearbeitet hat.

Ein weiterer Punkt, in dem sich die Wahlprogramme von LSAP, DP und „déi gréng“ unterscheiden: die Inflationsbereinigung der Steuertabelle. Wer eine solche bei LSAP und Grünen im Wahlprogramm sucht, wird nicht fündig. Die DP will hingegen die Steuertabelle „regelmäßig an die Inflation anpassen“. LSAP und die Grünen fordern hingegen mehr Entlastung bei kleineren Gehältern. Die LSAP fordert eine Steuerprogression für Gehälter bis zu 48.837 Euro und eine Progression in zwei Prozentpunkten für höhere Gehälter. Zudem sollen neue Spitzensteuersätze von 48 und 49 Prozent für Gehälter ab 300.000 Euro und 500.000 Euro eingeführt werden. Die Grünen wollen steuerliche Entlastungen bis zum Dreifachen des Mindestlohns einführen, ohne jedoch Details zu nennen. Als Gegenfinanzierung für diese Entlastungen würde den Grünen eine höhere Progressivität für höhere Gehälter vorschweben.


CSV-DP(-„déi gréng“)

Anschlussfähiger sind in dem Punkt DP und CSV. Während die DP „mittelfristig“ eine einheitliche Steuerklasse einführen will, ist die CSV der Einführung einer einheitlichen Steuerklasse „offen“ gegenüber. Auch plädieren beide Parteien für eine Inflationsbereinigung der Steuertabelle und stellen sich gegen eine Vermögenssteuer und gegen eine Erbschaftssteuer in direkter Linie.

Das Problem: Dem Trend der vergangenen „Sonndesfro“-Umfragen zufolge könnte eine Koalition zwischen CSV und DP nicht genügend Sitze auf sich vereinen, um eine Mehrheit im Parlament bilden zu können. In dem Fall würden sich eventuell die Grünen als Juniorpartner anbieten. Diese hätten als (voraussichtlich) kleinste Partei im Bunde eher weniger Gewicht bei den Koalitionsverhandlungen und mit der Idee eines Steuerkredits für Mindestlohnempfänger zumindest eine weitere Gemeinsamkeit mit der CSV. Ansonsten wäre sich die schwarz-blau-grüne Koalition aber auch nur in einem bestimmten Programm einig: der Einführung einer einheitlichen Steuerklasse.

Mit der Idee, die Besteuerung von Einkommen und Kapital gleichzusetzen, scheinen die Grünen sogar auf offenem Konfrontationskurs mit der DP zu liegen. Zwischen CSV und Grünen lassen sich jedoch einige Anschlusspunkte herauslesen, auch wenn bei den Details wohl einiges an Verhandlungsgeschick vonnöten wäre. Die Grünen fordern einen Steuerkredit für Alleinerziehende, während die CSV den steuerfreien Betrag für Alleinerziehende und Witwer auf 30.000 Euro erhöhen will. Auch bei der Progression in der Steuertabelle gibt es durchaus Berührungspunkte, in denen sich CSV und die Grünen letztendlich einigen könnten.


CSV-LSAP

Eine weitere Möglichkeit für eine Mehrheit im Parlament bietet laut Umfragen möglicherweise auch eine Neuauflage der 2013 infolge des Geheimdienstskandals gesprengten Koalition zwischen LSAP und CSV. Zumindest in Steuerfragen bieten beide Parteien genügend Ansätze, um sich in Steuerfragen auf ein Koalitionsabkommen zu einigen. Zum einen wäre eine einheitliche Steuerklasse kein Tabuthema für beide Parteien. Auch könnten beide Parteien sich über eine später einsetzende oder zumindest anders gestaffelte Progression einig werden.

Eine weitere inhaltliche Gemeinsamkeit bilden Erleichterungen für Alleinerziehende. Steuerkredit oder bis zu einem bestimmten Gehaltsniveau eine Steuerbefreiung – der Teufel liegt wie so oft im Detail, jedoch: Die Richtung scheint zu stimmen. Beide Parteien fordern zudem eine Verlängerung der Transitionsperiode von der Steuerklasse 2a auf die Steuerklasse 1. Die CSV findet sechs Jahre angemessen, während die LSAP eher fünf Jahre bevorzugt – falls denn eine einheitliche Steuerklasse nicht eingeführt werden sollte.


Fazit

Welche Ausmaße eine mögliche Steuerreform annehmen wird, ist zu diesem Zeitpunkt keinesfalls vorherzusehen. Der Ausgang der Wahlen entscheidet über das Kräfteverhältnis der verschiedenen Parteien – und darüber, welche Partei bei den Koalitionsverhandlungen am längeren Hebel sitzen wird. Auch werden nicht nur die Forderungen hinsichtlich der Steuerpolitik bei der Bildung einer Koalition entscheidend sein. Was also können Luxemburgs Bürger nach dem 8. Oktober erwarten?

Die Individualisierung der Steuerklassen scheint keine Frage des Ob, sondern des Wann zu sein. Zwar stellt sich die CSV nicht zu 100 Prozent hinter einer Abschaffung der Steuerklassen. Doch sollte eine CSV nach den Wahlen Teil der nächsten Regierung sein, wird das nicht ein Punkt sein, an dem die Koalitionsverhandlungen mit den anderen Parteien scheitern dürften – auch wenn ihr Spitzenkandidat Luc Frieden die Finanzierbarkeit bereits mehrfach infrage stellte. Apropos Finanzierung: Keine der vier großen Parteien beziffert die Gesamtkosten ihrer Steuerpläne im Wahlprogramm. Das ist deswegen erwähnenswert, weil die finanziellen Kosten einer Steuerreform als Grund dafür angeführt wurden, warum die derzeitige Regierungskoalition keine umfassende Steuerreform in dieser Legislatur vorgelegt hat.

Eine Vermögens- oder Erbschaftssteuer scheint unter keiner möglichen Regierungskoalition realisierbar. Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes erscheint rein theoretisch in einer CSV-LSAP-Koalition möglich – auch dann, wenn als Juniorpartner beispielsweise die Grünen zur Mehrheitsfindung hinzugezogen werden müssten. Sollte es zu einer Fortsetzung der DP-LSAP-„déi gréng“-Koalition kommen, müsste die DP in dem Punkt von ihrem Wahlprogramm abrücken. Möglich aber auch, dass die DP zu Eingeständnissen bei der Entlastung kleiner Gehälter bereit wäre (zur Erinnerung: Im Wahlprogramm verweist die DP lediglich auf die Revis-Reform, versperrt sich aber nicht weiteren Entlastungen) und im Gegenzug auf dem Festhalten des derzeitigen Spitzensteuersatzes besteht.

Und eine Anpassung der Steuertabelle an die Inflation? Diese scheint lediglich für die CSV eine absolute Priorität zu sein. Eine kostspielige Priorität, während die anderen drei Parteien eher die Individualisierung der Steuerklassen als Priorität ansehen. Ob sich beides in einer Steuerreform durchsetzen lässt, ist aufgrund der damit verbundenen Kosten fraglich – und wäre finanziell nur dann zu stemmen, wenn die Parteien zur Finanzierung einer Steuerreform einen Kredit aufnehmen würden.

CSV im Überblick

– integrale Inflationsbereinigung der Steuertabelle
– Eingangssteuersatz von 11.265 Euro auf 15.000 Euro erhöhen
– Alleinerzieher/Witwer: 30.000 Euro steuerfrei
– Steuertranchen auf 2.500 erhöhen
– steht einer Abschaffung von Steuerklassen offen gegenüber
– Neue Steuertranche von 43 Prozent auf Gehälter von über 500.000 Euro
– degressiver Steuerkredit für Mindestlohnempfänger
– langsamere Progression in Steuerklasse 1a
– sechs Jahre Übergangszeit beim Wechsel von Steuerklasse 2 auf Steuerklasse 1a
– Steuerabschlag von 1.000 Euro pro Kind unter elf Jahren, 2.000 Euro pro Kind zwischen zwölf und 18 Jahren
– Steuerabschlag der „dépenses spéciales“ um 25 Prozent erhöhen
– keine Erbschaftssteuer in direkter Linie und keine Vermögenssteuer

LSAP im Überblick

– langsamere Progression der Besteuerung bei kleinen Gehältern, größere bei höheren Gehältern.
40 Prozent für Gehälter zwischen 48.837 Euro und 60.000 Euro;
42 Prozent für Gehälter zwischen 60.000 Euro und 100.000 Euro;
44 Prozent für Gehälter zwischen 100.000 Euro und 180.000 Euro;
46 Prozent für Gehälter zwischen 180.000 Euro und 300.000 Euro;
48 Prozent bei Gehältern von über 300.000 Euro;
49 Prozent auf Gehälter von über  500.000 Euro;
– Individualisierung der Steuerklassen
– später einsetzende Progression in der Steuertabelle
– Steuerkredit von 200 Euro für Berufsanfänger, Degression bis zu Jahresgehalt von 100.000 Euro
– mögliche Vermögenssteuer mit Freibetrag von 2,6 Millionen Euro
– Steuerkredit für Mieter analog zum steuerlichen Schuldzinsabschlag bis zu einem Jahresgehalt von 100.000 Euro
– Steuerbefreiung des Mindestlohns
– Steuerkredit für Kinder im Haushalt, mögliche Erhöhung des Steuerkredits für Alleinerziehende
– Transitionsperiode von fünf Jahren für Witwer von Steuerklasse 2 in Steuerklasse 1a

DP im Überblick

– „Steuertabelle regelmäßig an Inflation anpassen“
– „mittelfristig“ einheitliche Steuerklasse
– keine Anhebung vom Spitzensteuersatz und Einkommenssteuer
– keine Vermögenssteuer
– keine Erbschaftssteuer in direkter Linie
– setzt auf Leistungen und sozial angepasste Steuerkredite
– Revis-Reform hat Armut von Kindern und Alleinerziehenden entgegengewirkt

„déi gréng“ im Überblick

– einheitliche Steuerklasse
– ein Steuerkredit für Mindestlohnempfänger
– Steuerentlastungen bis zum Dreifachen des Mindestlohns
– Entlastungen sollen mit Erhöhung der Progressivität in Steuertabelle bei höheren Gehältern gegenfinanziert werden
– Steuerkredit für Alleinerziehende
– Kapital wie Einkommen besteuern
– Vermögenssteuer: ein Wohnsitz plus Freibetrag von einer Million Euro

Nomi
26. September 2023 - 16.38

Mat engem Traapenmodell geif jiddereen faer an gleich behandelt.

Domadder kennt och den Rabatt vun den Deputei'ert oofgeschaaf ginn !

Dat Sozialt geif iwert d'Kannergeld an Famill oofgedeckt, an net iwert Stei'eren !