Wie die Sportverbände gegen den Mangel an Schiedsrichtern vorgehen wollen

Wie die Sportverbände gegen den Mangel an Schiedsrichtern vorgehen wollen

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Zum zweiten Mal organisieren fünf der größten Sportverbände in Luxemburg – Basketball, Fußball, Handball, Tischtennis und Volleyball – an diesem Wochenende die „Journée de l’arbitrage“. Ziel dieser Aktion ist es nicht nur, das Publikum, das sich Woche für Woche an den diversen Spielfeldrändern einfindet, sondern auch Spieler, Trainer und Vereinsverantwortliche für die Anliegen der Schiedsrichter zu sensibilisieren.

In diesem Jahr hat man den Fokus der Kampagne auf die Rekrutierung neuer Unparteiischer gelegt. So kommt man in diesen Tagen am Motto „No Ref, No Game“ (Kein Schiedsrichter, kein Spiel) auf den Seiten der Verbände in den sozialen Netzwerken nicht mehr vorbei. Am Wochenende sollen ebenfalls Flyer verteilt werden, mit denen man nach neuer Verstärkung sucht, produziert wurden zudem Videoclips zu diesem Thema. Dass der Mangel an Schiedsrichtern zu einer immer akuter werdenden Problematik wird, bekam zu Beginn der neuen Saison vor allem der nationale Basketballverband FLBB zu spüren.

Am vergangenen Wochenende konnten 13 Partien, vor allem in den Jugendkategorien, aufgrund fehlender Schiedsrichter nicht besetzt werden. Da eine Absage dieser Begegnungen jedoch nicht möglich ist, mussten die Vereine selbst schauen, wie sie über die Runden kommen. Im Endeffekt halfen Spieler, Trainer oder Offizielle der betroffenen Klubs aus. Einige Spiele der B-Mannschaften wurden sogar ganz ohne eine Schiedsrichtervertretung ausgetragen. Vor dem zweiten Spieltag, der an diesem Wochenende stattfinden wird, gab es für 23 Partien noch keine Schiedsrichterbesetzung.

Kurzfristige Forfait-Erklärungen und die damit verbundene Absage von Spielen können zwar noch dazu führen, dass einige dieser Partien doch noch eine Schiedsrichterbesetzung erhalten, doch zu übersehen ist die Problematik inzwischen nicht mehr. Denn in der gesamten letzten Saison fanden vergleichsweise nur 38 Spiele ohne Unparteiische statt. Diese Zahl könnte nun bereits nach den ersten drei Spieltagen der Saison 2018/19 überschritten werden.

Die Besetzung ist eine richtige Bastelarbeit

Mit Ausnahme der ersten Liga bei den Damen und Herren sowie der Nationale 2 bei den Herren ist der aktive FIBA-Schiedsrichter Patrick Glod, ebenfalls Mitglied des Verbandes der FLBB, im nationalen Basketball für die Schiedsrichterbesetzungen verantwortlich. Eine Aufgabe, die inzwischen im Schnitt sechs Stunden Zeit pro Woche in Anspruch nimmt.

„Eine richtige Bastelarbeit“, wie sie Glod bezeichnet, bei der auf viele kleine Details Rücksicht genommen werden muss: „Die Vereine, bei denen die Schiedsrichter lizenziert sind, sind natürlich tabu. Dann muss man auch darauf aufpassen, wo beispielsweise die Ehefrau oder ein anderes Familienmitglied spielt. Auch sind einige selbst noch als Spieler oder Trainer aktiv, diese können dann an gewissen Tagen oder Uhrzeiten ebenfalls nicht pfeifen. Hinzu kommen dann auch viele persönliche Wünsche, die das Privatleben betreffen. Diese muss man dann selbstverständlich auch in Betracht ziehen.“ Ohne die Unterstützung eines speziell hierfür angefertigten Computerprogramms, das all diese Details berücksichtigt und im Falle einer nicht korrekten Besetzung auch Alarm schlägt, wäre diese Arbeit wohl noch kaum zu stemmen. „Nach Abzug all dieser Sonderkonditionen bleiben von 50 Kandidaten für eine Partie oft nur noch zwei übrig“, erklärte Glod.

Drei bis vier Spiele pro Wochenende

133 aktive Unparteiische zählte die Organisation der luxemburgischen Basketballschiedsrichter (AdABL) im Juli 2018. Von diesen legen einige in der Saison 2018/19 jedoch eine vorübergehende Pause ein, sei es wegen Verletzungen, Studien, dem Berufsleben oder anderer persönlicher Gründe, andere haben hingegen ganz aufgehört. Somit kann Patrick Glod aktuell auf einen Pool von 105 Unparteiischen zurückgreifen. In der letzten Saison waren – internationale Spiele ausgenommen – 2.815 offizielle Begegnungen zu besetzen. Je nach Niveau werden dabei zwei bis drei Schiedsrichter pro Partie abgestellt. Um einigermaßen problemlos über die Saison kommen zu können, wären also schätzungsweise 150 Schiedsrichter nötig.

Ein Unparteiischer leitet aktuell im Schnitt drei bis vier Spiele pro Wochenende. „Und würden einige Kandidaten, die fast immer Zeit haben und sogar auf fünf Spiele pro Wochenende kommen, ausfallen, dann würde es noch schwieriger werden. Wir haben sogar noch drei aktive Schiedsrichter, die bereits über 70 sind, vor diesen Leuten kann ich nur meinen Hut ziehen.“ Und so bleibt für Patrick Glod dann Woche für Woche nichts anderes übrig, als stundenlang weiter am Besetzungsplan zu basteln.

„Project 10“ als mögliche Lösung

Dass es so nicht weitergehen kann, dessen ist man sich bei der AdABL bewusst – und so steckte man in den vergangenen Wochen und Monate die Köpfe zusammen, um selbst eine Lösung für das Rekrutierungsproblem, besonders in der jüngeren Generation, zu finden. „Von selbst kommt niemand mehr angelaufen und möchte Schiedsrichter werden“, analysiert Glod. 20 Euro Taschengeld für eine Minis-Partie locken neue Kandidaten auch kaum noch an. Während im Ausland beispielsweise die Trainer im Ausbildungszentrum ebenfalls einen Schiedsrichterschein machen müssen, muss man in Luxemburg demnach auf andere Weise kreativ werden. Und so entwickelten die Basketball-Schiedsrichter das „Project 10“, das eine Woche nach der „Journée de l’arbitrage“ lanciert werden soll und dessen Kosten die Schiedsrichtervereinigung auch selbst trägt.

Hier sind vor allem die Kaderschiedsrichter, demnach diejenigen, die in den höchsten Ligen pfeifen, angewiesen, selbst potenzielle Kandidaten zu suchen. Diese lernen dann in einem sogenannten „Tutorenprogramm“ das Handwerk des Schiedsrichters. Hier wird dem jungen Nachwuchsschiedsrichter während zehn Partien ein fester Tutor an die Seite gestellt, der ihn abholt, das nötige Material besorgt, den Papierkram erledigt und ihm während der Begegnungen – vor allem im Minis/Fillettes-Bereich – wertvolle Tipps geben soll. Während dieser Zeit muss der junge Unparteiische keine Kurse besuchen oder Examen ablegen und kann demnach ohne großen Druck die Basis lernen. „Die jungen Schiedsrichter haben so eine erfahrene Kontakt- und Vertrauensperson und sollen sich hierdurch nicht so verloren fühlen.“

Auch dem Verein, für den der junge Schiedsrichter pfeift, werden die zehn Einsätze angerechnet – so entstand dann auch der Name „Project 10“. Noch vor dem offiziellen Beginn des Projektes konnten so bereits zehn Anwärter gefunden werden. Ein erster kleiner Erfolg, den man bei der AdABL hofft, noch weiter ausbauen zu können, um den Mangel an Schiedsrichtern wieder in den Griff zu bekommen und vielleicht auch zu einem Vorbildprojekt für andere Vereine zu avancieren.