FNCTTFEL-Neujahrsempfang Wenn zwei Gewerkschaften „heiraten“

FNCTTFEL-Neujahrsempfang  / Wenn zwei Gewerkschaften „heiraten“
Letzter Neujahrsempfang des FNCTTFEL-Landesverbandes vor Inkrafttreten des Integrationsvertrages mit dem OGBL Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am 6. Dezember gab der OGBL-Kongress grünes Licht für eine Quasi-Fusion mit dem FNCTTFEL-Landesverband. Dieser hatte der „Hochzeit“ zur Steigerung der Effizienz beider Arbeitnehmervertretungen bereits wenige Tage zuvor zugestimmt.

Beim Neujahrsempfang des Verbandes im Bonneweger „Casino syndical“ war die neue Zusammenarbeit Hauptthema – und dies sowohl in der Ansprache von Präsident Georges Merenz als auch in den Gesprächen unter den zahlreich erschienenen Mitgliedern. Und nicht alle sind begeistert von der Aussicht, dass der Landesverband künftig als eigenständiges Syndikat im OGBL, der von Präsidentin Nora Back und vielen Führungskräften vertreten war, funktionieren soll. Zwar stehen noch zwei Etappen vor der definitiven Fusion in frühestens vier Jahren aus, doch vor allem ältere Mitglieder der Eisenbahngewerkschaft drückten ihre Befürchtungen aus, dass die Bedeutung ihrer Gewerkschaft abnehmen könnte.

Merenz stellte sich dem Thema in seiner Ansprache offensiv und ging auf Details des Vertrages, der die künftige Zusammenarbeit regeln soll, ein. Davor hatte er der CGT, die zurzeit in Frankreich mit vielen anderen gegen die Rentenpläne der Regierung streikt, die Solidarität des Landesverbandes ausgedrückt. Er verwies auch auf den Kampf der SNCF-Belegschaft zum Erhalt ihres Statutes, ein Kampf, den auch die FNCTTFEL gut kenne. Um die französischen Kollegen zu unterstützen, wird die Gewerkschaft in den kommenden Tagen einen Spendenaufruf starten. 

Neues Kapitel in Luxemburgs Gewerkschaftsgeschichte

Auch Luxemburg brauche starke Gewerkschaften, so Merenz, der die provisorische Integration des Landesverbandes in den OGBL ansprach. Am 6. Dezember seien die Unterschriften unter den entsprechenden Vertrag gesetzt worden, der am 1. Juli 2020 in Kraft treten wird. Dann werde ein neues Kapitel der nationalen Gewerkschaftsgeschichte beginnen. Vor einer definitiven Integration werde in zwei Jahren eine Zwischenbilanz gezogen. Fällt diese positiv aus, werden nach zwei weiteren Jahren, also 2024, Kongresse der beiden Partner ihre definitive Entscheidung über die Fusion treffen.

Am 1. Juli also wird ein weiteres Syndikat beim OGBL entstehen, das in drei Sektionen (bei Bedarf können zusätzliche Sektionen gegründet werden) aufgeteilt sein wird. Diese werden die Belegschaften von AVL (hauptstädtischer Busdienst), TICE (Transportsyndikat im Süden) und CGDIS (Rettungsdienste) vertreten. Das Syndikat Erziehung und Wissenschaft des OGBL wird um die Sektion Lehrbeauftragte („chargés de cours“) erweitert, deren Interessen der Verband seit Jahren vertritt. Die weiteren Mitglieder der FNCTTFEL (außerhalb der Bahn) werden in bereits bestehende OGBL-Sektionen eingegliedert.

Die stärkste Gruppe unter den Mitgliedern der über 110 Jahre alten Gewerkschaft sind die Eisenbahner. Für sie wird ein autonomes Berufssyndikat beim OGBL geschaffen, das mit den anderen Syndikaten gleichgestellt ist. Alle Filialen der nationalen Bahngesellschaft sowie Luxtram werden in das neue Syndikat aufgenommen; die gewählten Delegationen bleiben hiervon unberührt. Vertreter des Landesverbandes werden künftig mit Stimmrecht in den Führungsgremien des OGBL, also in Exekutive und Nationalvorstand, vertreten sein.

Wie während es Empfangs zu erfahren war, werden die starken finanziellen Rücklagen und der Immobilienbesitz der Eisenbahnerkooperative nicht vom Integrationsvertrag berührt sein und stattdessen weiter von der eigenständigen kooperativen Vereinigung verwaltet.

Nachwuchsprobleme bei der Bahn

Die neue Kooperation mit dem OGBL sei ein wichtiger Schritt für künftige Kollektivvertragsverhandlungen in Bereichen, in denen dem Landesverband bislang die notwendige nationale Repräsentativität fehlte, unterstrich Merenz. Er sprach ebenfalls die Nachwuchsprobleme beim Bahnpersonal an, der sich unter anderem beim Mangel an Lokführern offenbare. Nur durch verbesserte Arbeitsbedingungen könne diese Entwicklung aufgehalten werden. Erste Gespräche seien in dem Sinne mit der CFL-Direktion geführt worden.

Zur unmittelbar bevor stehenden Einführung des kostenlosen öffentlichen Transportes in Luxemburg mahnte Merenz an, die Mitarbeiter müssten vor Aggressionen geschützt werden, dies auch im Rahmen der sozialen Absicherung. Das entsprechende Regelwerk, das beim CGDIS gilt, solle auch für andere Berufsstände, darunter das Begleitpersonal in den Zügen, angewandt werden. In dem Sinne habe die Gewerkschaft bereits bei Innenministerin Taina Bofferding interveniert, so Merenz, der abschließend auf eine gemeinsame Liste der beiden Partner bei den anstehenden Sozialwahlen im öffentlichen Dienst hinwies.

Henry Edward
13. Januar 2020 - 22.20

"Mangel an Lokführern offenbare. Nur durch verbesserte Arbeitsbedingungen könne diese Entwicklung aufgehalten werden. " Beim Ausbau des ECTS müssten doch Lokführer überflüssig werden, warum sollte dann jemand so was lernen?