Editorial„Was wird aus ihnen?“: Die Frage nach den Frauenrechten in Afghanistan

Editorial / „Was wird aus ihnen?“: Die Frage nach den Frauenrechten in Afghanistan
Die Sprinterin Kamia Yousufi ist eine der wenigen afghanischen Frauen, die an Olympischen Spielen teilnehmen durften. Sie und ihre Landsfrauen stehen vor einer ungewissen Zukunft. Foto: AFP/Jewel Samad

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„Was wird aus ihnen?“, fragte die spanische Sportzeitung Marca am vergangenen Dienstag und bildete eine junge Afghanin beim Fußballspielen ab. Die Titelseite sorgte für Aufsehen. Die ersten Meldungen seit der Machtergreifung durch die Taliban lassen nicht viel Grund zur Hoffnung. Frauen, die in den vergangenen Jahren ihre Leidenschaft für den Radsport entdeckt hatten, verbrennen sämtliche Fahrrad-Utensilien aus Angst vor den neuen Machthabern. Die ehemalige Kapitänin der afghanischen Fußball-Nationalmannschaft rät Frauen und Mädchen, die Fußball spielen, ebenfalls ihre Trikots und Fotos zu verbrennen. Das Recht, Sport treiben zu dürfen, ist dabei nur eine der Errungenschaften der Frauen aus den vergangenen 20 Jahren.

Errungenschaften, die alles andere als in der afghanischen Gesellschaft verankert sind und sich auch deshalb sehr schnell wieder in Luft auflösen können. Frauen haben zwar das Recht, Sport zu treiben, doch ist dies in weiten Teilen der Gesellschaft immer noch verpönt. Erst 2004, nach dem Ende der ersten Schreckensherrschaft der Taliban, haben mit Robina Muqim Yaar und Friba Razayee die ersten afghanischen Sportlerinnen an Olympischen Spielen teilgenommen. Im Juli hatte Sprinterin Kamia Yousufi noch gemeinsam mit ihrem Landsmann Farzad Mansouri die afghanische Flagge ins Tokioter Olympiastadion getragen. Was die Sportlerinnen auf sich nehmen, um ihren Traum überhaupt erst leben zu können, hat die Sprinterin Tahmina Kohistani vor den Olympischen Spielen 2012 in London geschildert. Sie musste zu ihrer Sicherheit von drei Begleitfahrzeugen zum Training gefahren werden und sich regelmäßig dafür beleidigen lassen, dass sie den Weg einer Sportkarriere eingeschlagen hat. Sport ist zwar erlaubt, aber die Sportlerinnen müssen dafür oftmals gesellschaftliche Ächtung in Kauf nehmen.

Auch ohne Taliban war es ein harter Kampf, um wenigstens ein paar Rechte zugestanden zu bekommen. Soll das nun alles wieder umsonst gewesen sein? Nicht nur Sportkleidung wurde in den vergangenen Tagen aus Angst vor den Taliban verbrannt, auch Universitätsdiplome wurden vernichtet. Was die Ankündigung der Taliban, dass die Rechte der Frauen im Einklang mit der Scharia gewahrt werden, bedeutet, ist unklar. Den versöhnlichen Tönen der neuen Machthaber, die sich momentan noch alle Mühe geben, moderat rüberzukommen, wird kein Vertrauen geschenkt. Die Taliban bleiben eine radikal-islamische Terrorgruppe.

„Was wird aus ihnen?“ Vor der Antwort auf den Marca-Titel muss einem angst und bange werden. Vor allem dann, wenn die Situation in Afghanistan nicht mehr die weltweite Aufmerksamkeit auf sich zieht. Spätestens dann muss die Frage lauten: „Wie können wir ihnen helfen?“ Ob die Antwort der internationalen Staatengemeinschaft auf diese Frage positiver sein wird, darf bezweifelt werden.

wally
28. August 2021 - 12.33

Sie müssen eben warten. Hier in Luxemburg hat es auch gedauert bis in die 70er ehe die CSV den verheirateten Frauen das Recht auf ein eigenes Bankkonto und das Recht zu arbeiten ohne die Erlaubnis ihres Mannes zu fragen, zugestanden haben. In der Schweiz hingegen bekam zur gleichen Zeit erst ein Teil der Frauen das Wahlrecht zugestanden, der Rest erst in den 90ern. Wir sollten nicht tun als hätten wir die Demokratie mit dem Löffel gefressen.

grenzgegner
24. August 2021 - 20.20

@Realist: Zum Ende der ersten Taliban-Herrschaft hatten die Frauen in Afghanistan erstmals wieder die Freiheit, vor die Tür zu gehen. Sicher hatten sie erstmal "Besseres" zu tun, als den Gebrauch von Waffen zu erlernen. Zumal die NATO-Planung "Enduring freedom" endgültige Freiheit und Schutz vor den Taliban versprach. Sie können die Afghanen auch nicht mit den Kurden vergleichen. Letztere haben keinen eigenen Staat, für sie ist seit Jahrzehnten Widerstandsdenken Alltag. Ausserdem wird in den Kurdengebieten nicht ein Islam gepredigt, der Frauen in die eigenen Wände einsperrt. Afghanistan hat es nicht mal geschafft, eine schlagkräftige, geschweige denn zuverlässige Armee aufzubauen. Ihren Versuch, den Frauen jetzt selbst die Schuld daran zu geben, dass sie sich nicht verteidigt haben, kann ich nur als zynisch werten. Dazu gehört schon etwas mehr, als eine rein theoretische Möglichkeit. Sie verschanzen sich hinter der lahmen Ausrede, die Menschen, die jetzt in Afghanistan Opfer von Tod und Terror werden, seien selbst schuld an ihrer Misere. Und wenn Sie schon auf unsere deutschen Nachbarn verweisen: Warum sind denn die deutschen Frauen während der Nazi-Herrschaft nicht aufgestanden und haben die Diktatur mit Waffen bekämpft, haben Widerstand geleistet? Und überhaupt: Fordern Sie den Waffenschein und den Zugang zu Waffen für jeden einzelnen Staatsbürger, in jedem Land der Erde? Jeder an die Waffen! Dann aber gute Nacht!

Realist
24. August 2021 - 14.38

@grenzgegner: Wieso "ausgerechnet"? Gerade rustikale Faustrecht-Länder wie Afghanistan, wo praktisch jeder bewaffnet geht und Kampf- und Kriegserfahrungen zum kulturellen Selbstbildnis gehören, bieten sich für einen bewaffneten Widerstand seitens jedweder bedrohten Bevölkerungsgruppe an. Auch kurdische Frauen kannte man vor IS-Zeiten allenfalls als Weibchen am Herd. Und zum Scherzen ist das Ganze gewiss nicht, allerdings muss man dem westlichen Steuerzahler einen gewissen Sarkasmus nachsehen, wenn er mal nachrechnet, wie viele seiner hart erarbeiteten Euros in den letzten 20 Jahren für nichts und wieder nichts dort versenkt wurden oder bestenfalls für die schicken Umhänge von Präsident Karzai draufgingen. 20 Jahre sind Ihrer Meinung nach also nicht genug, um aus dem Mittelalter heraus zu treten? Wie lange soll es denn sonst dauern? 30? 50? 1000? Die Deutschen brauchten - ohne Internet und ohne die unbegrenzten Möglichkeiten der heutigen Welt - nur wenige Jahrzehnte um von Massenmord, Totalitarismus und schäumender Kriegsbegeisterung zu harmlosen Weltmeistern der Demokratie, der Toleranz und der Konfliktlösung mittels Handpuppenspiel zu werden, mit einem überraschend kurzen Zwischenstopp in Ruinenlandschaft und Wiederaufbau des Landes. Mit dem nötigen Willen, Arbeitsmoral und einem Minimum an zivilisatorischem Gepäck ist folglich sehr vieles sehr schnell möglich. Wir im hochtechnisierten Westen zB sind heute drauf und dran, im Namen einer Zeitgeist-Chimäre namens "Klimaschutz" unsere Autos gegen Lasträder zu tauschen und im Winter zuhause Pullover zu tragen statt zu heizen. Man komme mir also nicht mit dem Spruch, elementare Ansprüche an ein Volk wie den, selber für seine Freiheit zu kämpfen, seien "weltfremd". Bei einer überwältigenden Mehrheit der Afghanen sehe ich jedoch weder den nötigen Willen, noch sonst irgendetwas und man kann es ihnen auch nicht mit noch so vielen "Marshall-Plänen" einflössen.

@grenzgegner
24. August 2021 - 13.06

@realist: Das stimmt nur teilweise. Zweifellos wurden hauptsächlich in urbanen Gebieten enorme Fortschritte erzielt. Dass wirtschaftliche Not, traditionelles Denken und tiefe Religiosität besonders in ländlichen Regionen sowie die andauernde Kriegssituation nicht hilfreich waren, steht außer Frage. Afghanistan befand sich unter den Taliban im Mittelalter: Innerhalb zu zwanzig Jahren das Land so zu entwickeln, dass es europäischen Ansprüchen genügt, ist natürlich weltfremd. Ihre Frage, warum Afghaninnen nicht zur Waffe greifen, verstehe ich als misslungenen Scherz. In machen europäischen Ländern waren Frauen lange Zeit vom Dienst an der Waffe ausgeschlossen. Und ausgerechnet Afghanistan sollte es besser machen?

Realist
24. August 2021 - 8.13

Die Afghaninnen sollen es machen wie die Kurdinnen. Die haben die Bartzausel des IS mit der Waffe in der Hand bekämpft und besiegt. Die afghanische Gesellschaft hatte zwei Jahrzehnte Zeit und alles Geld des Westens zur Verfügung, um sich aus dem Mittelalter zu befreien. Man hat es nicht geschafft. Die Geduld des westlichen Steuerzahlers ist jetzt am Ende.

Buijsinio
23. August 2021 - 16.40

Alleng un deenen puer Kommentaren mierkt een den Letzebuerger Stolz an geet alles op ais Politik gedreckt , mir als Bierger kennen un daer Situatioun am Nooen Osten naicht äenneren leider , well Fridden ass dad grausamstem Wuert wat et gett , well fir Fridden ze hun muss et Kriich gin sin , an Resultat gesin ma elo

Ënner O
22. August 2021 - 14.49

@Mann fun Wieder @Klawir Waat sch....mëch d’Aafghanesinnen, mëch interesséieren Escherinnen. Oder hun déi hei zu Esch eppes matzëbestëmmen ? Waarden op är Äntwert dir Hären Maschoos , oder fun ären Fraën.

Klawir
22. August 2021 - 10.03

@Enner Ons, Ihr Vergleich ist komplett daneben und trägt der menschenunwürdigen und verzweifelten Situation der Frauen in Afghanistan in keinster Weise Rechnung.

Jimbo
22. August 2021 - 7.45

Freier hun mer an Europa och Fraen verbrannt well een se als Hex bezeechent huet. An alles am Numm vun der Kierch. Haut lafen nach emmer vill deene Kannerf*** no, am Numm vin der yreligioun ass alles erlabt. Ween sinn maer dann vir deenen dohannen ze soen wat se daerfen a wat net?

Wieder Mann
22. August 2021 - 4.44

@Enner Ons:Wat Esch mat den Paschtunen ze din huet, verstin ech net. Zwou verschidden Kulturen, zwou Welten.

Ènner Ons
21. August 2021 - 16.23

Wenn man bedenkt, dass im Schöffenrat der zukünftigen Kulturhauptstadt Europas keine einzige Frau sitzt , von einer Bürgermeisterin keine Rede mehr, dann kann man sich auch so seine Gedanken machen was aus den Escherinnen werden wird. Die Escher , die ihrer Mandy nachtrauern und jetzt erst merken was sie an ihr verloten haben, werden unter Garantie bei den nächsten Wahlen den Taliban zeigen dass heutzutage Frauen wie Mandy mehr leisten als alte Fussballspieler, Turnlehrer und Konsorten die Poller vor den Augen haben......