CSV-Minister Léon Gloden im VisierWarum Polizist und Gewerkschaftler Pascal Ricquier seine CSV-Mitgliedschaft gekündigt hat

CSV-Minister Léon Gloden im Visier / Warum Polizist und Gewerkschaftler Pascal Ricquier seine CSV-Mitgliedschaft gekündigt hat
Nein zur Politik: Polizist und Gewerkschaftler Pascal Ricquier sagt Nein zur CSV und besinnt sich offensichtlich auf andere Werte Foto: Editpress/Julien Garroy

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Geplant war ein lockeres Gespräch mit einem Rentner über seine Zukunft. Dann sagte der stets streitbare Polizist und Gewerkschaftler Pascal Ricquier, dass er seine CSV-Mitgliedskarte zurückgegeben habe. Hauptsächlich aus Frust über Minister Glodens Sicherheits- und Polizeiarbeit. Ricquier war Kandidat auf der Südliste der CSV bei den Parlamentswahlen im Oktober. Versuch einer Zusammenfassung.

Das Gerücht, das dem Politflüsterer Ende letzter Woche zugetragen wurde, stimmt. Es gibt jemanden, der bei den Parlamentswahlen für die CSV angetreten ist und nun seine Mitgliedskarte zurückgibt. Es handelt sich um Pascal Ricquier, Kandidat auf der Südliste der Christlichsozialen.

Ricquier, 1968 geboren, tritt 1987 in die Armee ein. Ab 1990 arbeitet er als Polizist im Kommissariat in Kayl. 1993 geht er zur Spezialeinheit „Groupe d’intervention de la police“ (GIP). Später wird er Ausbilder, unter anderem an der Polizeischule. Einen Job, den er bis zu seiner Pensionierung im Januar dieses Jahres innehatte.

2009 wird er Vorstandmitglied und 2013 Präsident der Polizeigewerkschaft „Syndicat national de la Police grand-ducale“ (SNPGL). Der streitbare Gewerkschaftler ist außerdem Mitglied des Vorstands der „Confédération de la fonction publique“ (CGFP) gewesen.

Von all diesen Ämtern tritt er zurück, als er 2023 beschließt, für die CSV mit in die Parlamentswahlen zu ziehen. 

Erklärung

Ja, er habe seine Parteikarte zurückgegeben, sagt er. Den Brief habe er am 27. März abgeschickt, ans CSV-Generalsekretariat. Tageblatt-Informationen zufolge ist das Schreiben auch angekommen. Der Brief liegt uns vor. Pascal Ricquier erklärt darin wenig, sagt lediglich, dass er selbst bald seine Gründe genauer erklären werde. Im Tageblatt-Gespräch macht er einen ersten Schritt.

Er erklärt zum Beispiel, warum jemand wie er, der niemals zuvor eine Parteikarte besessen habe, bereit gewesen sei, mit der CSV in Wahlen zu ziehen?

„Im Juni 2023 bin ich ein erstes Mal konkret gefragt worden. Ich hatte mehrere Gespräche mit dem damaligen CSV-Parteipräsidenten Claude Wiseler. ,Warum ich?‘, habe ich damals gefragt. Die Antwort war klar und schien auch einleuchtend. Sie würden mich brauchen als Experten für Fragen, die Polizei, Armee und öffentlichen Dienst betreffen. Ich sollte Berater werden, mein Wahlresultat werde dabei keine Rolle spielen.“

Mir ging es darum, zu helfen, um endlich die Polizei zu bekommen, die wir verdienen

Pascal Ricquier sagt Ja. Auch, weil er sich seiner Kompetenzen bewusst zu sein scheint. Und weil er, wie er sagt, denkt, die anderen Parteimitglieder auf seiner Seite zu haben. „Mir ging es darum, zu helfen, um endlich die Polizei zu bekommen, die wir verdienen. Ich sah mich auch als Vermittler zwischen Politik, Gewerkschaft und Generaldirektion der Polizei. Ich wollte helfen, Kompromisse zu finden. In dem Sinne schien mir die gebotene Möglichkeit, als Berater zu fungieren, sinnvoll und eigentlich logisch. Ich denke, dass ich das gut hingekriegt hätte.“

„Gloden nicht begeistert“

Die Wahlkampagne mit vielen Auftritten im ganzen Süden sei Neuland gewesen, nicht ganz frei von Neid, habe aber Spaß gemacht, auch weil er die Unterstützung der anderen Kandidaten gespürt habe. „Ich habe stets über Polizeiarbeit und Sicherheitsfragen erzählt.“

Dann kamen die Wahlen. Am 8. Oktober 2023 schneidet Pascal Ricquier als 19. von 23 Kandidaten ab. Nicht berauschend. „Das Resultat war ja auch keine Bedingung“, sagt Ricquier. Dann kamen die Koalitionsgespräche und CSV und DP bildeten die Regierung. Léon Gloden wurde Polizei- und Innenminister.

„Unterm Strich und nach vielen Diskussionen schien Léon Gloden nicht sonderlich begeistert von der Idee, dass ich als Berater kommen sollte.“ Irgendwann, als die Zusammensetzung der Regierung feststand, habe es laut Pascal Ricquier einen Austausch gegeben, zwischen ihm und Gloden. Unter anderem über Polizeiarbeit. „Ich dachte, ich sollte beraten und habe Léon Gloden unter anderem gesagt, dass eine kommunale Polizei, welche dem Bürgermeister untersteht, rechtlich auf wackeligen Füßen stehen würde.“

Ging es bei den Gesprächen auch um das Bettelverbot? „Ja, auch das kam zur Sprache. Ich habe ihm geraten, sich das gut zu überlegen und der Öffentlichkeit genau zu erklären, was er vorhabe. Vor allem habe ich das gesagt, weil Gloden selbst in unserem Gespräch offensichtlich davon ausging, Probleme mit dieser Entscheidung bekommen zu können. Ich habe ihm deshalb empfohlen, er solle doch mit einer positiven Aktion beginnen, mit kleinen Schritten. Hat er aber nicht getan.“

Léon Gloden sei beratungsresistent, so Ricquier. „Mir war klar, dass aus der Zusammenarbeit nichts werden würde, was Gloden mir einige Tage später selber bestätigt hat.“

Dann war aus die Maus? „Ja, aber vielleicht genauso gut. Ich wäre nicht glücklich geworden.“

War das der Grund, um die Parteikarte zurückzugeben? „Nein, da ist noch einiges mehr passiert.“ Pascal Ricquier holt etwas aus. Allgemein scheint er mit dem Kurs, den die CSV im Kontext Polizeiarbeit nach dem Wahlsieg genommen habe, nicht einverstanden. Laut Ricquier habe die CSV zum Beispiel vor den Wahlen eigentlich zu verstehen gegeben, mit dem Bewertungssystem bei der Armee nicht einverstanden zu sein. Nach den Wahlen sei der Ton ein anderer gewesen. „Wenn man Minister Gloden heute reden hört, kann man den Eindruck gewinnen, dass er die Bewertung bei Armee gut findet. Und dass er sie auch bei der Polizei durchsetzen möchte und in anderen Verwaltungen.“

Ich möchte klar sagen, dass die Entscheidungen von Minister Gloden nicht auf mich zurückzuführen sind

Dass die CGFP jetzt Vertragsbruch wittert und protestieren möchte, findet Pascal Ricquier gut. Der ehemalige Gewerkschaftler fragt sich auch, ob sich der jetzige Polizeiminister beim Bettelverbot immer im Rahmen des Polizeigesetzes bewegt hat.

„Es sind zu viele Sachen geschehen, mit denen ich nicht leben kann, mit denen ich mich nicht identifizieren kann, deshalb habe ich mich entschieden, meine Parteikarte abzugeben. Ich möchte klar sagen, dass die Entscheidungen von Minister Gloden nicht auf mich zurückzuführen sind. Mich nervt es, wenn jemand das denkt. Ich bin nicht verantwortlich. Deshalb raus, dann ist für jeden klar, dass mir das alles nicht gefällt.“

Wäre es mit einem anderen Polizeiminister anders gelaufen? „Das kann ich nicht sicher sagen.“

Zurück in die Gewerkschaft

Pascal Ricquier betont, in seinem Leben niemals Mitglied der CSV oder einer anderen Partei gewesen zu sein. Und auch niemals wieder sein möchte.

Seit Januar dieses Jahres ist er offiziell in Pension. Krücken oder einen Rollator braucht er nicht. Als Fitnesstrainer ist er aktiv. Und Reisen tut er gerne. „Ich werde dieses Jahr sehr viel unterwegs sein.“ Klavierunterricht nehme er auch und er schaffe Ordnung im Haus. „Alles, was die letzten Monate und Jahre liegen blieb.“

Bleibt am Ende die Frage, ob er sich vorstellen könne, sich wieder in der Polizeigewerkschaft zu engagieren.„Ja. Ich wurde auch bereits gefragt – von Leuten aus dem Vorstand –, ob ich zurückkommen möchte.“ Und?„Es ist nicht auszuschließen, ich muss mir das aber gut überlegen und gebe mir etwas Zeit. Falls ich zurückkomme, werde ich mich Anfang nächsten Jahres der Wahl für einen Posten im Vorstand stellen. Klar sollte dann sein, dass ich alles geben werde, um gute Arbeit zu leisten.“

Ob er wirklich wieder kandidiere, hänge von der Arbeit der Regierung in den für ihn wichtigen Fragen ab. Also abwarten, auch ob Pascal Ricquier sich in nächster Zeit vollumfänglicher äußern möchte.