Wenn sich Justiz- und Bildungsministerium nun daranmachen, Jugendstraf- und Jugendschutzrecht nicht nur zu reformieren, sondern sauber voneinander zu trennen, ist das mehr als Gesetzespflege. Es ist ein spätes Versprechen auf Erneuerung. 33 Jahre sind seit der letzten Reform vergangen – eine juristische Ewigkeit. Was lange währt, wird endlich gut? Vielleicht. Sicher ist: Es gibt Rückstände aufzuholen – rechtlich, sozial, menschlich.
Schon damals blieb der große Wurf aus. Das sagt auch Psychologe Gilbert Pregno. Jetzt aber steht Luxemburg an einem jener seltenen Punkte, an denen Gesetzgebung mehr ist als Paragrafenschieberei. Es geht um einen Paradigmenwechsel: Der Umgang mit Jugendlichen soll neu gedacht werden. Helfen statt abschrecken, verstehen statt verurteilen.
In dieser aufkeimenden Hoffnung irritiert die Forderung: Jugendliche sollen ab 13 strafmündig sein. Auf den ersten Blick klingt das nach Ordnung, Kontrolle, Konsequenz. Doch in Wahrheit ist es vor allem eines: Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber einer Realität, die komplexer ist als jede Forderung nach mehr Härte.
Denn Jugendliche, die straffällig werden, sind nicht einfach Täter. Sie sind oft auch Getriebene – von Armut, Gewalt, Vernachlässigung. Wer in ihnen nur das Sicherheitsrisiko sieht, hat das eigentliche Problem nicht verstanden. Der Staat – das sind wir alle – muss sich fragen, was er mit Strafe bezweckt. Abschrecken? Erziehen? Ausgrenzen? Oder helfen, heilen, integrieren?
Haft ist kein Heilmittel. Wer mit 13 hinter Gittern landet, steht mit 18 nicht als geläuterter Bürger in der Tischlerlehre, sondern oft wieder vor dem Richter. Denn Haft erklärt nichts. Sie isoliert, statt zu integrieren. Und sie ersetzt keine Zuwendung. Resozialisierung ist keine Milde – sie ist Pflicht. Vor allem bei jungen Menschen, die ihre Geschichte noch nicht selbst geschrieben haben. Die Rufe nach harten Sanktionen sind verständlich, aber gefährlich. Jugendliche brauchen Konsequenzen – ja. Aber solche, die sie verstehen. Die zeigen, dass Verantwortung wachsen kann. Und dass auch die Gesellschaft Verantwortung trägt: zu begleiten, zu erklären, zu stärken.
Man soll das nicht naiv sehen. Auch 13-Jährige können grausam handeln. Die Gesellschaft hat ein Recht auf Schutz. Doch der entsteht nicht durch dicke Mauern, sondern durch starke Beziehungen, Bildung, Sozialarbeit, Präsenz. Und im äußersten Fall durch eine Jugendstrafe, die mehr Schule ist als Knast – eine Schule für ein besseres Leben.
Gilbert Pregno begrüßt den Paradigmenwechsel: „So viel Repression wie nötig, so viel Schutz wie möglich.“ Aber er bleibt skeptisch. Und das sollten wir auch. Auch der Staatsrat, der noch sein Gutachten abzugeben hat. Kein Selbstläufer. Gut ist, dass ein entscheidender Teil des Weges nun beim Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend liegt. Entscheidend wird sein, die Hilfsstrukturen im Land nicht nebeneinander arbeiten zu lassen, sondern miteinander. Es braucht auch Mut zur Innovation – etwa mit einer halboffenen Struktur, wie sie für Erwachsene in Givenich existiert.
Es ist ein Aufbruch – nach jahrzehntelangen Diskussionen, Widerständen und Kompromissen. Jetzt ist die Zeit, aus guten Ansätzen Wirklichkeit werden zu lassen. Die beste Reform scheitert, wenn sie nur auf dem Papier mutig ist.
		    		
                    De Maart
                
                              
                          
                          
                          
                          
                          
                          
                          
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