Nationale EhrungVon Mamer nach Washington und in die ganze Welt: Sprachtalent Philip Crowther

Nationale Ehrung / Von Mamer nach Washington und in die ganze Welt: Sprachtalent Philip Crowther
Gewissenhaft, interessiert und sprachbegabt: Für seine journalistische Arbeit wurde Philip Crowther am Luxemburger Nationalfeiertag geehrt Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Im Großherzogtum ist er vielen schon seit längerem ein Begriff, im Februar 2022 erreicht ein Video von ihm dann Menschen in der ganzen Welt: Reporter Philip Crowther. Spätestens seit diesem Moment sorgt der in Luxemburg geborene und in Amerika lebende Journalist mit seiner Berichterstattung in sechs Sprachen immer wieder für Verblüffung. Für seine Arbeit wurde er nun am Luxemburger Nationalfeiertag in der Philharmonie ausgezeichnet – ob er diese Ehre überhaupt annehmen könnte, darüber musste Philip Crowther zuvor zuerst einmal nachdenken.

Es ist ein Clip von rund einer Minute, aufgenommen wenige Tage vor dem militärischen Angriff von Russland auf die Ukraine im Februar 2022. Philip Crowther berichtet aus Kiew über einen Krieg, der schon seit vielen Jahren in der Donbass-Region stattfindet. Es folgen Erklärungen in fließendem Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch – und Luxemburgisch. Denn der im Bild zu sehende Reporter wurde im Großherzogtum geboren, arbeitet nun allerdings in Washington und liefert unter anderem France 24, RTBF oder RTL Télé Lëtzebuerg Nachrichten aus der ganzen Welt. Mehr als 25,6 Millionen Mal (Stand 28.6.2022) wurde die Aufnahme auf seinem Profil bei Twitter bis dato angezeigt. 

„Das Video hat die Runde um die Welt gemacht. Es gab Retweets von Followern aus verschiedenen Bereichen und am darauffolgenden Abend war ich in den amerikanischen Late Night Shows zu sehen: bei Stephen Colbert und Jimmy Fallon“, erinnert sich Philip Crowther bei einem Gespräch während seiner kürzlichen Reise nach Luxemburg. Er trägt ein beiges Hemd, eine dunkelblaue Hose und Sneaker. Lockerer als Anzug und Krawatte, die man oft bei seinen Berichterstattungen sieht. Auf das Viral-Gehen seines Videos folgten damals Anfragen für Interviews aus der ganzen Welt. „Ein paar habe ich gemacht, die meisten nicht. Ich will mich ja auf meine Arbeit konzentrieren“, erklärt der 40-Jährige. Schnell merkt man: Er lebt seinen Beruf. 

Und so denkt der emsige Journalist auch sofort an die Arbeit, als er per Telefon erfährt, dass ihm während der offiziellen Feier am Luxemburger Nationalfeiertag in der Philharmonie der sogenannte „Ordre de mérite“ überreicht werden soll – im Beisein von Xavier Bettel. Wegen seiner Tätigkeit fragt Philip Crowther sich zunächst, ob das aus berufsethischen Gründen in Ordnung ist. „Ich habe den Premierminister zum Beispiel schon auf der UN-Generalversammlung in New York interviewt. Ich hoffe doch, dass diese Interviews nicht zu freundlich waren“, erklärt Philip Crowther lachend. Und so erkundigt er sich nach dem Telefonat bei seinen Arbeitgebern im Großherzogtum und bei Vertrauten, wie sie das beurteilen.

Kein Sprachen-Nerd

Immer öfter wird Philip Crowther mittlerweile von anderen erkannt. Als offener Mensch findet er das ganz praktisch, um neue Leute kennenzulernen.
Immer öfter wird Philip Crowther mittlerweile von anderen erkannt. Als offener Mensch findet er das ganz praktisch, um neue Leute kennenzulernen. Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Nach einiger Überlegung bedankt er sich für die Ehre und reist nach Luxemburg, um am 23. Juni von Großherzog Henri einen Orden überreicht zu bekommen. Zwei bis dreimal im Jahr kommt Philip Crowther in die Heimat. „Heem“, wie er sagt. Denn zu Hause ist für ihn Luxemburg, aber auch Amerika. Bei diesen Reisen ist ihm aufgefallen, dass er mittlerweile erkannt wird. Menschen sitzen dann zum Beispiel auf einer Terrasse und flüstern: „Ist er das?“ Etwas seltsam sei das für ihn schon, aber: „Ich gehe dann gerne auf die Menschen zu – das ist praktisch, um neue Leute kennenzulernen“, sagt der Mann, der stets offen und interessiert an seinem Gegenüber wirkt.

Als Sohn einer deutschen Mutter und eines britischen Vaters wächst der in Luxemburg geborene Philip Crowther in Mamer auf. Er besucht dort die Grundschule und geht später in den hauptstädtischen „Lycée Michel Lucius“. Was dann kommt, zeugt von seiner Zielstrebigkeit: Er wechselt vom technischen in den klassischen Sekundarunterricht im „Athénée de Luxembourg“. „Ich musste für diesen Sprung gute Noten haben. Aber ich war motiviert, denn ich wollte Spanisch lernen“, erinnert sich der Brillenträger mit Kurzhaarschnitt. Auf der Sprachsektion im Athenäum erweitert er sein Repertoire um eine fünfte Sprache und macht 2001 seinen Abschluss. 

„Magisch“ nennt der freiberufliche Reporter für die Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) heute den Moment, als ihn Freunde während eines Auslandsjahres in Barcelona mit in ein Radiostudio nehmen. Es folgt ein Studium in Hispanistik in London und das Lernen des Portugiesischen. Gerade in Luxemburg findet Philip Crowther das nützlich, um sich mit anderen auszutauschen. „Ich wollte das aber erst machen, wenn mein Spanisch fließend ist.“ Wenn er eine Sprache spricht, versucht er, wie die Muttersprachler zu klingen, und imitiert deren Aussprache. „Ich bin aber kein Sprachen-Nerd: Ich setzte mich nicht hin und pauke Grammatik – ich nutze Sprachen nur einfach gerne.“ Mathematik und Physik mochte er hingegen in seiner Schulzeit nicht.

Reporter aus Leidenschaft

Nach seinem Studium macht Philip Crowther drei Monate lang ein unbezahltes Praktikum als Sportreporter für die uruguayische Zeitung El País. Er will da sein, „wo die Dinge passieren“, und so zieht es ihn nach einer Arbeit in Paris später als Korrespondent nach Washington. Von dort aus meldet er sich vor allem während der Amtszeit von Donald Trump aus dem weißen Haus. „Diese Jahre waren außergewöhnlich, da war ich fast jeden Tag dort. Trump hatte zwar diese Strategie der ‚Fake News‘, war für uns Journalisten aber stets erreichbar“, erzählt Philip Crowther, der auch die Amtszeiten von Barack Obama sowie Joe Biden begleitet. Er fährt fort: „Es ist spannend, so nah dran zu sein. Fragen zu schreien und dabei zu versuchen, lauter als die anderen zu sein.“

Blick hinter die Kulissen: Philip Crowther bei der Arbeit in der ukrainischen Hauptstadt Kiew – nur einige Tage vor der russischen Invasion im Februar
Blick hinter die Kulissen: Philip Crowther bei der Arbeit in der ukrainischen Hauptstadt Kiew – nur einige Tage vor der russischen Invasion im Februar Foto: privat

Aktuell ist der Reporter immer wieder in der Ukraine unterwegs und liefert den Sendern Updates von vor Ort. Über diese Arbeit sagt der Vater einer zweijährigen Tochter: „Ich berichte aus einem Land, das im Krieg ist – aber nicht vom Kriegsgebiet aus. Das fühlt sich weniger riskant an, obwohl ich manchmal Raketen und den schwarzen Rauch nach einer Explosion sehe.“ Oft ist er lange weg, manchmal während drei Wochen. Zudem ist die Berichterstattung in sechs Sprachen für die verschiedenen Sender intensiv, ein Arbeitstag kann laut Crowther dann auch schon mal 20 Stunden dauern. 

Eine besondere Ehre

Acht Menschen wurden am 23. Juni bei der Feier in der Philharmonie zum Nationalfeiertag ausgezeichnet: Journalist Philip Crowther, Schriftsteller Guy Helminger, Chefköchin Léa Linster, die Sportlerinnen Ni Xia Lian und Sarah De Nutte, die ehemalige Präsidentin der „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ (ASTI), Laura Zuccoli, sowie die Lebensretter Ibrahim Ajdarpasic und Fernand Collet. In unserer Serie stellen wir diese Menschen und ihre besonderen Lebensgeschichten vor.

„Mir fehlt dann die Routine, eben ein geregelter Tagesablauf“, antwortet Philip Crowther, wenn man ihn nach den Herausforderungen seines Berufes fragt, und nennt Beispiele von ganz alltäglichen Dingen, für die dann die Zeit fehlt: Spielen mit der Tochter, einkaufen gehen, Kicken mit Freunden. „Fußball ist die schönste Nebensache der Welt – natürlich nach dem Spielen mit meiner Tochter“, meint er dazu lachend. Der zielstrebige Reporter arbeitet hart und sorgt so dafür, dass Menschen auf verschiedenen Kontinenten darüber informiert werden, was sich in der Welt abspielt. In sechs verschiedenen Sprachen.