Selten kann man den Zusammenfall einer Partei so öffentlich mitverfolgen wie bei den Piraten. Gerade scheint das Scharmützel zwischen Sven Clement und Marc Goergen vergessen, da bringt ein Interview den Konflikt erneut zum Brodeln – oder ein weiterer Piraten-Gemeindepolitiker tritt zurück. Das Kartenhaus, das die Partei während der vergangenen Wahlen errichtet hat, wackelt bedenklich. Ein Grund für die Krise ist sicherlich auch die rasche Vergrößerung der Partei.
„Wir sehen uns als den großen Wahlgewinner“, sagte Marc Goergen vergangenes Jahr nach den Gemeindewahlen gegenüber dem Tageblatt. Das Resultat ließ sich tatsächlich sehen: Die Partei konnte ihre Anzahl an Gemeinderäten von drei auf 13 erhöhen. Hinzu kommen noch Kandidaten aus den Majorzgemeinden, die eigentlich der Partei angehören, jedoch nicht als Piraten angetreten sind, wie Bürgermeisterin Mandy Arendt aus Colmar-Berg. Dieses Ergebnis ließ die Piraten sogar von Fraktionsstärke in der Chamber träumen.
Währenddessen wunderten sich viele Kommunalpolitiker, wer diese Mandatsträger waren, die plötzlich neben ihnen im Gemeinderat saßen. Ein Teil der gewählten Piraten hatten zuvor keine politische Erfahrung und zeichneten sich weder durch Charisma noch durch Fachwissen aus. Der Partei schien es jedoch weniger um die Qualifikation zu gehen, sondern darum, sich als „echte“ politische Kraft in vielen Gemeinden zu etablieren – und dafür mussten nun einmal Listen gefüllt werden. Insgesamt 219 Kandidaten hissten die Piratenflagge. Das Resultat: In verschiedenen Kommunen wohnen fast inaktive Gemeinderäte den Sitzungen bei – wie in Esch beispielsweise.
Mittlerweile haben drei Gemeinderäte wegen der MALT-Affäre und der ständigen innerparteilichen Streitereien ihre Parteikarte abgegeben. Auf ihren Posten haben sie nicht verzichtet. Steve Curfs aus Monnerich, Vincenzo Turcarelli aus Käerjeng und Marie-Marthe Muller aus Luxemburg-Stadt sind nun nicht mehr Teil der Piraten – Letztere ist, drei Monate nachdem sie den Posten von Sven Clements Vater übernommen hatte, zur LSAP gewechselt.
Ob diese Austritte gerechtfertigt sind oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist, dass die schnelle Expansion der Piratenpartei es erschwert hat, eine enge Bindung zu den eigenen Mandatsträgern aufzubauen. Politische Loyalität entwickelt sich nicht über Nacht. Sie muss wachsen – und das ist bei einer Partei, die nicht organisch gewachsen ist, schwierig. Die Konsequenzen bekommen Clement und Goergen nun zu spüren.
Natürlich könnte man den Zerfall des Kartenhauses der Piraten einfach als unterhaltsames Spektakel abtun. Doch mundfaule Gemeinderäte, öffentlich ausgetragene Schlammschlachten und Politiker, die ihre politische Farbe wechseln, tragen weiter zur wachsenden Politikverdrossenheit bei.
D'Zäitalter vun den Piraten huet ca. 80 Joer gedauert. Sou lang wärt dir et jo wuel kaum packen, och net mat engem Marc "Blackbeard" Goergen als Kapitän an en Sven "Baba" Clement am Kuebennascht. Äddi an gutt fort!
Masse statt Klasse, der überforderte Koordinator des Verins kann stolz sein auf seinen aufwendigen Gemeindewahlkampf.
Bedauerlich für die Kandidaten, welche jetzt im Regen stehen.