UrteilDiskriminierungsprozess: Gaston Vogel von Gericht freigesprochen 

Urteil / Diskriminierungsprozess: Gaston Vogel von Gericht freigesprochen 
 Archivfoto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wegen eines offenen Briefes musste sich Gaston Vogel vor Gericht verantworten. Dem 84-jährigen Anwalt wurde Diskriminierung sowie Aufruf zu Hass und Gewalt vorgeworfen. Am Freitagnachmittag ist das Urteil gefallen: Freispruch für Gaston Vogel sowie die mitangeklagten Medien RTL und Journal, die seinen Brief veröffentlicht hatten.

Das Urteil ist am Freitagnachmittag gefallen: Der prominente Luxemburger Anwalt Gaston Vogel ist von den Vorwürfen der Diskriminierung und des Aufrufs zu Hass und Gewalt freigesprochen worden. „Es ist die einzig richtige Entscheidung“, sagten Vogels Anwälte am Freitag gegenüber dem Tageblatt. „Das, was wir uns erwartet und erhofft haben, ist eingetreten.“ Einen Freispruch gab es auch für die Medien RTL und Journal, die seinen umstrittenen offenen Brief veröffentlicht hatten.

Warum war Gaston Vogel angeklagt?

Es ging um einen an die Bürgermeisterin der Hauptstadt adressierten offenen Brief. In seinem Schreiben vom 7. August 2015 regte sich der bekannte Anwalt über das Benehmen von Bettlern auf, die seiner Auffassung nach aus Rumänien stammen und ungestraft ihren Machenschaften nachkommen könnten. Es waren unter anderem Worte wie „puanteurs“, „dégueulasses“ oder „racaille“, welche die Menschenrechtsliga und die Staatsanwaltschaft auf den Plan riefen. So kam es zur Anklage. Diskriminierung sowie Aufruf zu Hass und Gewalt lautete der Vorwurf.

Was sagte der Beschuldigte selbst zu dem Brief?

Gaston Vogel schien nach wie vor zu dem zu stehen, was er im Brief ankreidete. Über die Wortwahl könne man diskutieren, gab er allerdings zu verstehen. Aber das sich über einen langen Zeitraum hinziehende aggressive und unzivilisierte Benehmen dieser Menschen, das Herumlungern vor dem Eingang seiner Kanzlei zum Beispiel, habe ihn zusehends wütend gemacht. Dann habe er den Brief geschrieben. Ihm sei der Kragen geplatzt – vor allem auch, weil seiner Meinung nach vonseiten der Politik nichts unternommen worden wäre, um den Missständen Herr zu werden. Somit seien Polizei und Justiz die Hände gebunden gewesen. Der Brief habe wachrütteln sollen.

Was sagte Gaston Vogel zu den Vorwürfen?

Er stritt alle Vorwürfe ab. Als „Homme de gauche“ habe ihm nichts ferner gelegen, als zu Hass oder Gewalt aufzurufen. Er habe auch nicht diskriminieren oder das Volk der Roma verunglimpfen wollen. Diese Menschen, so kann man ihn verstehen, würden ihm sogar sehr am Herzen liegen, er würde sie verteidigen, wo er nur könne. Er habe auch nichts gegen Bettler im Allgemeinen. Er habe seinen Unmut klar abgrenzen und gegen eine bestimmte Gruppe richten wollen, nämlich gegen, seiner Auffassung nach, regelrecht organisierte und kriminelle Bettler-Banden in der Hauptstadt.

Was sagten die Zeugen?

Sowohl die Ermittler wie auch Hauptstadt-Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und Schöffe Laurent Mosar (CSV) hatten das von Gaston Vogel geschilderte Bild bestätigt sowie die Unzulänglichkeiten, die es gebe, um die Situation des organisierten Bettlertums in den Griff zu bekommen. Die Wortwahl teilten Letztere nicht, scheinbar aber seine Auffassung.

Was sagten Gaston Vogels Verteidiger?

Me Lydie Lorang und Me François Prüm dürften ihren Mandanten und seine Art bereits länger kennen. Sie zeigten viel Verständnis. Er habe nur einen Zustand beschrieben, der zweifelsfrei leider sehr reell und seit längerem bekannt sei sowie auch in der Öffentlichkeit diskutiert würde. Gaston Vogel habe sich durch starke Worte eine starke Reaktion von jenen gewünscht, die für die Sicherheit ihrer Bürger zuständig sind, den Politikern. Ihr Mandant habe keine Grundrechte der Bürger verletzt. Sein Brief sei gerechtfertigt. Nun aber sei ihm der Prozess gemacht worden, während die Praktiken der visierten Bettler weiterliefen. Die Verteidigung von Gaston Vogel pochte deshalb auf Freispruch

Was sagte der Staatsanwalt?

Georges Oswald gab zu verstehen, dass er ob der Intelligenz des Beschuldigten nicht davon ausgegangen sei, dass dieser sich versehentlich ungeschickt ausgedrückt habe. Die abwertend klingende Wortwahl konnten durchaus auch in verschiedenen Ohren als Aufruf zu Hass und Gewalt verstanden werden. Dass der Verfasser nur die organisierten Bettler gemeint habe, sei nicht eindeutig zu erkennen, zumindest ginge im Brief nicht ausdrücklich von ihnen die Rede, sondern allgemein nur von Bettlern aus Rumänien. Der Vertreter der Anklage hatte deshalb eine angemessene Geldstrafe für den Angeklagten gefordert. Die Höhe überließ er dem Gericht.

Warum waren Medien mitangeklagt?

Dieser bereits im Vorfeld des Prozesses merkwürdige und sehr umstrittene Umstand ist darauf zurückzuführen, dass sowohl RTL wie das damals noch in Papierform erscheinende Lëtzebuerger Journal Gaston Vogels Brief als Leserbrief veröffentlicht hatten. Dabei habe die Kontextualisierung und Kommentierung und somit auch die gebührende Distanz zum Wortlaut des Schreibens gefehlt. Eine gewisse Mitschuld sei also möglich. 

Leila
14. November 2021 - 17.20

Ein unwissendes, schlichtes Gemüt kann mit "oh mei" nichts anfangen - es wird das als Beifall werten

HTK
14. November 2021 - 12.47

@Winston, oh mei.

Klod
14. November 2021 - 11.02

Dieses phaenomen des organisierten bettlertums scheint es besonders in reichen staedten nahe der franzoesischen grenze zu geben...war vor ein paar monaten in Basel und da war es fast noch schlimmer als hier.

Jolly
14. November 2021 - 9.06

Warum wird denn nichts gegen diese sogenannten Zuhälter oder Bandenmitglieder unternommen,hat man Angst oder fürchtet man sich vor diesen Kriminellen,den Politikern fehlt es wie immer an Zivilcourage,kleine harmlose Diebe oder andere Kriminelle werden erwischt und dann lässt man sie wieder auf freien Fuss, ist das Bekämpfung der Kriminalität ??

Leila
13. November 2021 - 16.17

"Kein Scherz" habe ich auch beobachtet: beim cercle am Place d'armes und das ziemlich lautstark

S.N.
13. November 2021 - 1.39

Er hat definitiv recht, ich habe auch schon mehrer Male im Sommer beobachtet wie Sie abgesetzt werden oder sich versammeln und dann besprechen... anschließend teilen sich sich auf. Dann sitzen da den Tag über Zwei Typen mit Sonnenbrille und schau ihnen zu. Kein Scherz!

Full Jacket
12. November 2021 - 17.32

Dass es noch in diesem Land eine Gerechtigkeit gibt ist natürlich einzig und alleine dem Herr Vogel zu verdanken. Jeder Richter will sich diesen einzigen Experten was Gerechtigkeit betrifft , den es je gegeben hat , vom Leibe halten, oder ?

Nomi
12. November 2021 - 16.33

Wann d'Police laanscht kennt duerfen se Naischt machen wann se net vun der Justiz iwert hier Hierarchie dozo'u ungestallt ginn. Do lei't den Hues am Peffer. Et ass net dem Polizist seng Schold !

Laird Glenmore
12. November 2021 - 15.59

@Freispruch für Gaston Vogel sowie die mitangeklagten Medien RTL und Journal, da kann ich dem Herrn Vogel und den anderen nur gratulierten das sie für ihre Courage einen verständnisvollen Richter hatten der nicht mit Scheuklappen durchs Leben läuft. Weiter so, vielleicht werden ja jetzt einige Politiker wach und versuchen diesen Missstand in unserem Ländchen zu ändern was sehr zu wünschen wäre. In diesem Sinne allen ein schönes Wochenende.

winston
12. November 2021 - 15.56

@HTK "Landstreicherei war doch einmal verboten,oder?" Jüdisch sein, auch. Sehnen Sie die alten Zeiten herbei?

Laird Glenmore
12. November 2021 - 13.51

Ich gebe Herrn Vogel recht mit dem was er gesagt hat. hier in Esch sur Alzette ist es genauso an jeder Ecke auf der Fußgängerzone lungern diese organisierten Bettler herum und sprechen teilweise die vorbeigehenden Menschen an und das nicht immer in einem freundlichen Ton, wenn die Polizei kommt verschwinden sie um fünf Minuten später wieder am Platz zu sein, es gab sogar schon verbale Auseinandersetzungen weil einer der Bettler den Platz des andren belegt hatte und alles das interessiert weder den Staat noch die Gemeindeverwaltung und schon gar nicht die Polizei, wo leben wir eigentlich ist Luxembourg mittlerweile ein Paradies für Bettler geworden ???

Leila
12. November 2021 - 12.34

" jemals von Dealerbanden angesprochen worden" weil Dealer-Banden rumlungern und darauf lauern, angesprochen zu werden... Sachen gibt's...

decke lärry
12. November 2021 - 10.06

Ech sin och en "homme de gauche" a si mer bewosst wat dat haut obgezwongend politesch korrekt denken vun der gesellschaft a politik, hei an do fir komesch bléien dreift a wéi séier een "ënnen durch" as wann een mol eppes seet wéi et as a wéi een et perséinlech empfënnt an dat grad an esou engem Thema. Als Camper dee mam Wunnmobil durch d'Welt reest hun ech oft Beréierungspunkten mat de "Gens du voyage" an ech ka soën dass dat bis elo vun enger schéiner Ausnahm, nëmmen negativ ofgelaaf as. All déi aner Kéieren hu mech dozou bruëcht sin ech ob eng Plaaz wou et mir gefällt an déi bekannte Gruppen kommen un, packen ech ouni Wiërder ze verléieren meng Saachen sou schnell wéi méiglech an, an ech ergräiffen d'Flucht. Et kann een alles romantiséieren, dréien a kéieren dass ee politesch korrekt dosteet a sénger Betruëchtung no baussen, ma d'Réalitéit wéi et wirklech as, wéi bestëmmte Leit sech behuëlen, wéi se mat hiere Kanner, hieren eegene Leit a mat hieren Déieren ëmgin, dat kann een net mat der schéinster Sprooch an e gut oder bessert Liicht réckëllen, dat wat mat deene Leit durch hiert behuëlen geschitt an no baussen transportéiert get, dat schwätzt eng kloer net ze beschéinegend Sprooch. Fir sech elo ob eng "Instanz" wéi de Maître Vogel ze stiërzen a mat dësem grousse Mann deen an däer Richtung mat Sëcherheet net contestable as en Exempel ze statuéieren, dat as vu "gesellschaftlecher Blannheet" wuël net méi ze iwertreffen an et kann een et net arnëschtes ugesin wéi eng Revanche un deem Mann, firwat och ëmmer. Ech kann nëmme soën aus méngen Erfahrungen eraus, all déi Leit déi den Här Vogel ugräifen an dëser Saach, déi hun sech nach nie mat der Problematik déi vun engem gewëssen Deel vun de Gens du Voyage ausgeht beschäftegt. Sie kucke léiwer ewech well se net de courage hun déi Leit no hierem Verhaalen a deem wat bei hinne schiefleeft ze jugéieren, hinne domat quasi e Fräischäin verpassen genee esou vun der Politik a Justiz akzeptéiert a couvréiert, an hierem Verhaale weiderzemaan.

Grober J-P.
12. November 2021 - 9.26

Ist Herr Vogel jemals von Dealerbanden angesprochen worden, und wenn ja, wie hat er reagiert?

HTK
12. November 2021 - 8.28

"..Dass der Verfasser nur die organisierten Bettler gemeint habe, sei nicht eindeutig zu erkennen.." ?? Meint er nicht jene Bettler die vor seiner Kanzlei lungern? Man frage nur nach wo sie herkommen und wie sie organisiert sind. Dann weiss man was läuft. Landstreicherei war doch einmal verboten,oder?