Gesundheit„Twin a Nurse“: Wie die Universität Luxemburg auszubildende Krankenpfleger unterstützt

Gesundheit / „Twin a Nurse“: Wie die Universität Luxemburg auszubildende Krankenpfleger unterstützt
Mit moralischer Unterstützung durchs Studium: Studentin Raquel, die auf den Support ihres „Zwillings“ zurückgreifen kann Foto: Editpress/Julien Garroy

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Während der Pandemie die beklatschten Helden, sind Krankenpfleger nach und nach wieder zur Selbstverständlichkeit eines gut funktionierenden Gesundheitssystems geworden. Dabei müssen die Krankenpfleger, gerade in der Ausbildung, mit zahlreichen Stresssituationen klarkommen. Die Universität Luxemburg hat für ihre Studierenden deshalb das „Twin a Nurse“-Programm ins Leben gerufen. Sie werden hierbei von einem Mentor begleitet, der der nachrückenden Generation mit Rat zur Seite stehen kann.

Raquel ist Krankenpflegerin und macht an der Universität gerade ihre Spezialisierung mit dem Schwerpunkt Pädiatrie. Sie hat sich im September für das „Twin a Nurse“-Programm (zu Deutsch: Zwillings-Krankenpfleger) gemeldet – und hat es bisher nicht bereut. „Es tut gut, mit jemandem über die Herausforderungen im Beruf zu reden, der das alles schon einmal durchgemacht hat“, sagt die junge Studentin. Zwar spreche sie mit Freunden, Studienkollegen oder ihrer Familie über die Alltagsprobleme als Krankenschwester. Ihre Mutter, die in einem anderen Berufsfeld tätig sei, könne verschiedene Situationen nur bedingt nachvollziehen.

„Ich stehe fast täglich mit meiner Mentorin in Kontakt“, sagt Raquel. „Nicht nur, wenn es mir schlecht geht, sondern auch, wenn es um Sachen geht, die gut laufen, wie mein Praktikum beispielsweise.“ Wenn Raquel jedoch auf ihrer Praktikumsstelle schwierige Situationen durchstehen muss, kann die Studentin sowohl auf emotionale als auch technische Unterstützung ihrer Mentorin zurückgreifen. „Als Studentin ist erstmals alles neu“, meint Raquel. Es helfe, Feedback von einer erfahrenen Person zu bekommen.

Eine soziale und emotionale Stütze

Das „Twin a Nurse“-Programm wurde von der Universität Luxemburg ins Leben gerufen. Die Idee: Den Studenten eine soziale und emotionale Stütze für den anspruchsvollen Studiengang an die Hand geben. „Es sind keine einfachen Studien“, meinen die Studienverantwortlichen der Universität. „Es geht darum, das im Alltag Erlebte abzufedern und mit den Mentoren bereden zu können.“ Das Programm soll demnach nicht nur der mentalen Gesundheit förderlich sein, sondern auch die Erfolgsquote im Studium und den Verbleib der Studenten in dem doch anspruchsvollen Beruf absichern. 23 Studierende haben das Angebot der Universität im September angenommen. Seit Oktober können sie sich mit einem Krankenpfleger aus ihrem Arbeitsbereich austauschen.

Wir sind eine moralische Unterstützung, die die schulische Leistung nicht be- oder verurteilt

Brigitte Schmitz, Krankenpflegerin in Rente

Brigitte Schmitz und Léon Schmit sind ihrerseits Krankenpfleger in Rente. Sie haben sich als Mentoren für das Programm gemeldet und betreuen seit Oktober ebenfalls Studenten. Sie wollen ihrem Beruf auch als Rentner noch etwas zurückgeben. „Viele wollen, wenn sie in Rente gehen, nichts mehr mit ihrem Beruf zu tun haben“, sagt die langjährige Psychiatrie-Fachpflegerin Brigitte Schmitz, die vor ihrer Rente auch in der Gesundheitsdirektion gearbeitet hat. Das sei auch deren gutes Recht, sie jedoch wolle das anders handhaben. „Ich kann meine Erfahrung mit den Studierenden teilen“, sagt Brigitte Schmitz. Ihr „Schützling“ legt derzeit ein Praktikum in einer geschlossenen Psychiatrie ab. Sie sieht das „Twin a Nurse“-Programm als große Hilfe für all jene, die das Angebot wirklich annehmen wollen. „Wir sind eine moralische Unterstützung, die die schulische Leistung nicht be- oder verurteilt.“

Léon Schmit, ausgebildeter Anästhesie-Fachpfleger und „infirmier gradué“, war 34 Jahre lang „Directeur des soins“ im Ettelbrücker „Centre hospitalier neuro-psychiatrique“ (CHNP). Er sieht sich in seiner Rolle als Mentor als eine Ressource, auf die die Studenten bei Bedarf zurückgreifen können. „Ich kann eine helfende Hand bieten und auch Erklärungen anbieten, die über das Alltägliche im Beruf hinausgehen“, sagt Schmit. Auch könne er die Entwicklung des Gesundheitssektors und des Berufsbildes des Krankenpflegers über die vergangenen Jahrzehnte nachzeichnen – und somit zumindest einen Teil der Erklärungen für den derzeitigen Status quo liefern.

Entlastung für den Gesundheitssektor

Die den Studierenden zur Verfügung gestellten Mentoren haben, wenn möglich, die gleiche Spezialisierung wie ihre Schützlinge abgelegt und in dem Bereich Berufserfahrung gesammelt. „Man muss schon eine Idee von dem haben, was in dem speziellen Bereich gefordert wird“, sagt Schmitz. Zwar habe man in der Ausbildung Einblicke in andere Spezialisierungen erhalten, als Ratgeber in einer sonst eher fachfremden Disziplin zu fungieren, sei jedoch schwierig.

Neben der direkten Unterstützung für die Studierenden sehen die beiden verrenteten Fachpfleger eine zusätzliche Chance in dem Programm. „Es ist auch ein berufspolitisches Engagement, dafür zu sorgen, dass der Beruf erhalten bleibt und die Kompetenzen erweitert werden“, sagt Brigitte Schmitz. Sie ist davon überzeugt, dass gut ausgebildete Krankenpfleger mit Studium durchaus eine große Stütze für den Gesundheitssektor sein können. Beispielsweise könnten „consultations infirmières“ Ärzte teilweise entlasten. Ein Beispiel, wie der Gesundheitssektor, der mit chronischem Personalmangel und langen Wartezeiten zu kämpfen hat, anhand gut ausgebildeter Fachkräfte entlastet werden könnte.

Und auch Léon Schmit meint, dass er mit seiner Erfahrung in Führungspositionen den Studierenden helfen könne, ihnen den so wichtigen berufspolitischen Aspekt näherzubringen. „Der Gesundheitssektor ohne Krankenpfleger funktioniert ebenso wenig, wie er ohne Ärzte funktionieren würde“, sagt Brigitte Schmitz. „Die Studierenden sollen nach ihrem Abschluss genug Selbstvertrauen haben, um den Berufsstand weiterentwickeln und weitertragen zu können.“