Differdingen vor den WahlenSubjektives Sicherheitsgefühl

Differdingen vor den Wahlen / Subjektives Sicherheitsgefühl
Differdingen wächst auch in den kommenden Jahren Foto: Editpress/Claude Lenert

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Das Tageblatt veröffentlicht bis zu den Kommunalwahlen im Juni jede Woche einen Beitrag, in dem Menschen aus einer Gemeinde zu Wort kommen, sich zur Lokalpolitik der vorigen sechs Jahre äußern und ebenfalls einen Blick in die Zukunft wagen. Dieses Mal haben wir uns in der „Cité du Fer“ umgehört.

Das Personalkarussell im Differdinger Gemeinderat hat sich in den vergangenen Jahren kräftig gedreht. Der wohl spektakulärste Personalwechsel war der Rücktritt von Roberto Traversini („déi gréng“) am 20. September 2019. Der ehemalige Bürgermeister hatte damals die Konsequenzen aus den Enthüllungen, den Ermittlungen und seinen Fehlern im Rahmen der „Gaardenhaischen“-Affäre gezogen und sein Amt als Bürgermeister niedergelegt. Dabei ging es um ein Grundstück in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn, das der ehemalige Bürgermeister geerbt hatte. Das Gelände, auf dem sich ein Bungalow und ein dazugehörender Schuppen befindet, grenzt direkt an den Wald. Der Schuppen liegt seit einigen Jahren in einem Natura-2000-Gebiet und in dem Naturschutzgebiet „Prënzebierg“. Als der Allgemeine Bebauungsplan (PAG) im Jahr 1981 geändert wurde, fanden sich eine Handvoll Häuser nicht mehr in diesem Bauperimeter wieder. Im PAG wurden sie seitdem als „Kleingarten und Gärtnereigebiet“ geführt. Der Bungalow sollte von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet „übersiedeln“. Am Haus sowie am Schuppen wurden mehrere Renovierungsarbeiten durchgeführt. Allerdings ohne die nötigen Genehmigungen des Umweltministeriums. Diese wurden dann rückwirkend von der damaligen Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“) ausgestellt. 

Auch die kommende Legislaturperiode in Differdingen verspricht spannend zu werden, denn noch nie hatten die Wähler eine größere Auswahl an Kandidaten und Parteiprogrammen als dieses Mal. Von ganz rechts bis ganz links ist für jede politische Ausrichtung etwas dabei. Bereits im Gemeinderat vertreten sind die „déi gréng“ und die CSV, welche die aktuelle Mehrheit bilden. Auf der Oppositionsbank haben momentan die LSAP, die DP, „déi Lénk“ und die kommunistische Partei Platz genommen. Sie alle werden wieder mit einer Liste bei den kommenden Wahlen antreten. Zum ersten Mal werden die Piraten sowie Fokus und „déi Konservativ“ um den Einzug in den Gemeinderat der „Cité du Fer“ kämpfen. Die amtierende Bürgermeisterin Christiane Brassel-Rausch hingegen wird nicht mehr antreten. Sie bekleidet das Amt seit 2019. Damals wurde sie nach dem Rücktritt von Traversini von ihrer Fraktion vorgeschlagen und vom Gemeinderat mit zwölf Ja-Stimmen, fünf Enthaltungen und einem Nein angenommen. Bei den Gemeindewahlen 2017 war sie mit 2.768 Stimmen lediglich an fünfter Stelle gewählt worden. 

Der 76-jährige Nicolas wohnt schon sein ganzes Leben in Differdingen. Trotz allem stellt er den Mehrheitsparteien ein gutes Zeugnis aus. „Ich finde, in Differdingen wurde in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet. Ich lebe gerne hier und fühle mich auch sehr sicher“, so der Mann auf Tageblatt-Nachfrage. Verbessern würde er allerdings den öffentlichen Transport. Zudem würde er sich mehr Spielplätze für die Kleinsten der Gemeinde wünschen. Anders sieht es Monica: „Ich bin eine alleinerziehende Frau mit einem Kind. Aus Angst bin ich abends nie alleine unterwegs.“ Besonders unsicher fühle sie sich rund um den Park Gerlache, so die 47-Jährige.

Die Situation rund um den Park Gerlache ruft schon seit geraumer Zeit Missmut unter den Differdingern hervor. Nicht selten werden dort Lärmbelästigungen, Drogendeals und Überfälle gemeldet. Die Gemeinde hat deshalb vergangenes Jahr den „Plan local de sécurité“ ausgearbeitet. Er wurde von den Gemeindeverantwortlichen, der Polizei, dem Jugendtreff und mehreren Vereinigungen ausgearbeitet und ist darauf ausgerichtet, eine Sicherheitsdiagnose für die Stadt zu erstellen. Anschließend sollen gemeinsame Aktionen zwischen den lokalen Behörden, der Polizei und den jeweiligen Partnern geplant werden, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Auch Prävention gehört dazu. Neben der Beleuchtung rund um den Park, die schrittweise verbessert wurde, sollen zusätzliche Überwachungskameras in der Nähe des Parks zum Einsatz kommen. Wann diese allerdings angebracht werden können, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden, da die nötigen Genehmigungen noch fehlen. Auch die Polizeikräfte sollen in den kommenden Jahren aufgestockt werden. Um den neuen Einsatzkräften angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung stellen zu können, haben die Gemeinderäte mehrheitlich beschlossen, den Neubau des neuen Polizeigebäudes vorzufinanzieren.

Vielfältiges Kulturangebot

Viel Lob hat Monica allerdings für das Kulturangebot der Gemeinde: „Ich finde das Programm im alten Stadthaus hervorragend.“ Auch der Ausbau und die Renovation der Schulen sowie die Schaffung von zusätzlichem sozialen Wohnraum wurden mehrmals positiv hervorgehoben. Im „Gravity Tower“ in Differdingen hat die Gemeinde vor allem Wohnraum zu erschwinglichen Preisen geschaffen. Knapp die Hälfte der insgesamt 80 Wohnungen hat die Gemeinde mittlerweile verkauft. In einer weiteren Phase wird die Gemeinde die restlichen 46 Wohnungen vermieten. Die Mietwohnungen im „Gravity Tower“ haben zwei bis vier Schlafzimmer und bieten eine Wohnfläche von 80 bis 125 Quadratmeter.

Rund 30 Millionen Euro sind für den Ausbau sowie die Fertigstellung mehrerer Schulen im Haushalt für das kommende Jahr vorgesehen. Der Ausbau der Mädchenschule in Niederkorn schlägt mit rund 8,4 Millionen Euro zu Buche. Seit einigen Monaten rollen auch die Bagger auf dem Campus der „Ecole internationale de Differdange et d’Esch-sur-Alzette“ (EIDE). Neben 18 Klassenräumen sollen dort auch eine Kantine und eine Sporthalle entstehen. Kommendes Jahr sind rund zehn Millionen Euro dafür vorgesehen. Der Schulkomplex „Um Bock“ in Oberkorn hat mittlerweile mehr als 50 Jahre auf dem Buckel. Höchste Zeit also, die Räumlichkeiten auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Die Renovierungsarbeiten sollen rund 45 Millionen Euro kosten. Neben einer Erweiterung der Räumlichkeiten wird der Campus durch die Eröffnung einer brandneuen Küche, einer Bibliothek sowie zusätzlicher Verwaltungsräume weiter aufgewertet. Nach der Renovierung wird die Schule 440 Schüler aufnehmen können, derzeit sind es lediglich 229.

Differdingen

Größe: 22,2 km²
Ortschaften: Differdingen, Oberkorn, Niederkorn, Lasauvage, Fond-de-Gras
Einwohnerzahl: 29.703 (Stand April 2023)
Aktuelle Bürgermeisterin: Christiane Brassel-Rausch
Zusammensetzung Gemeinderat: Paulo Aguiar, Jerry Hartung, Robert Mangen, Paulo De Sousa, Guy Tempels, Georges Liesch, Tom Ulveling, Laura Pregno, Frenz Schwachtgen, François Meisch, Nicole Wohl, Guy Altmeisch, Eric Weirich, Fred Bertinelli, Ali Ruckert, Pierre Hobscheit, Erny Muller, Christiane Saeul