ChamberStrikte Apothekenregeln, steigende Militärausgaben und zusätzliche Erzieher

Chamber / Strikte Apothekenregeln, steigende Militärausgaben und zusätzliche Erzieher
Am Dienstag stand die Regierung den Abgeordneten wieder einmal Rede und Antwort Foto: Editpress/Julien Garroy

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Wird Luxemburg in Zukunft die strengen Niederlassungsregeln für Apotheker lockern, wie vom Wettbewerbsrat gefordert? Eine abschließende Antwort wollte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Dienstag im Parlament nicht geben. Die Sitzung hatte mit einer langen Reihe von Fragen an die Regierung begonnen.

Im Juni hat der Wettbewerbsrat sein Gutachten über den Apothekenbereich abgegeben. Zu streng reglementiert – so die zusammenfassende Schlussfolgerung des Berichts. Etliche legale Einschränkungen würden den Wettbewerb bremsen und die Modernisierung der Apotheken verhindern. Die Empfehlungen: Das aktuelle Regime, das die Zahl der Apotheken begrenzt, gehört abgeschafft. Der Bereich sollte für den freien Markt geöffnet werden, das Apothekenmonopol bei nicht verschreibungspflichtigen Mitteln aufgehoben, der Onlineverkauf von rezeptpflichtigen Arzneien erleichtert werden. Auch gehöre die Preisdeckelung bei frei verkäuflichen Medikamenten abgeschafft. Die Preisfestlegung bei rezeptpflichtigen Arzneien sollte hingegen bleiben.

Die Frage beschäftigte am Dienstag gleich zwei Abgeordnete. Sowohl Josée Lorsché („déi gréng“) als auch André Bauler (DP) interessierten sich für die Einschätzung von Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Lorsché sah bei der Umsetzung der Empfehlungen das Risiko, dass sich auch im Arzneimittelbereich die Profitlogik ausbreiten könnte. Bauler befürchtete Sicherheitsrisiken für die Patienten, würde der Arzneimittelverkauf liberalisiert.

Der Fragen gab es mehr als Antworten. Die Umsetzung der Empfehlungen des Wettbewerbsrats würde einen Paradigmenwechsel für Luxemburg bedeuten, so Paulette Lenert. Sie sei bereit, über alles zu reden, doch zuerst müsse das Gutachten intern analysiert werden. Auch wolle sie sich zuerst mit den Apothekern, den Ärzten und der Gesundheitskasse austauschen. Konkrete Antworten gab es demnach nicht. Die Frage sei zu komplex und vielschichtig, so Lenert.

Verteidigung und Kooperation

Den LSAP-Abgeordneten Dan Kersch trieben hingegen die wachsenden Militärausgaben um. Diese sollen bis 2028 um jährlich 0,06 Prozent steigen. Klinge nach wenig, stelle jedoch Erhöhungen von hunderten Millionen Euro dar. Es handele sich keineswegs um Peanuts, sagte der Abgeordnete, der seine ersten politischen Erfahrungen mit der Friedensbewegung in den 1980er Jahre gesammelt hatte. Die Regierung breche mit der traditionellen Strategie, wonach die Militärausgaben niedriger als die für Entwicklungshilfe bleiben sollten. Bei Ersteren wird ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angestrebt, bei der Kooperation ein Prozent des Bruttonationaleinkommens, der jedoch kleiner ist als das BIP. Langfristig werde mehr für Verteidigung als für Kooperation ausgegeben. Eine bedauerliche und bedenkliche Entwicklung, befand Kersch. Als die Regierung 2017 ihre Projekte vorstellte, hieß es, diese sollten sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke genutzt werden können. Ob es dabei bleibe, lautete seine Frage an Armeeminister François Bausch („déi gréng“).

Sollte der Kooperationsminister mehr Geld fordern, würde er sich dem nicht widersetzen, meinte Bausch. Die Idee von zusätzlichen Mitteln für Entwicklung sei ihm äußerst sympathisch. Die Ein-Prozent-Marke sei eine Entscheidung der Regierung als Beitrag zur NATO, betonte Bausch. Übrigens seien die Ausgaben bereits unter seinem Vorgänger angehoben worden, von 0,3 auf 0,72 Prozent des BIP. Mit ihm gehe es auf ein Prozent zu. An den geplanten Projekten, wie sie dem Parlamentsausschuss vorgestellt wurden, hat sich Bausch zufolge nichts geändert. Den größten Ausgabeposten stellt das geplante Bataillon (zusammen mit Belgien) dar. Die Regierungsentscheidung sei richtig gewesen. Angesichts einer veränderten internationalen Situation sei das gut angelegtes Geld. Gleichzeitig betonte er, dass die Berechnung der zu leistenden Verteidigungsausgaben allein anhand des BIP falsch sei. In der NATO werde darüber diskutiert, ob es dabei als alleinigen Richtwert bleiben soll. Alle Projekte seien auch zivil nutzbar, sagte Bausch und erinnerte dabei unter anderem an den geplanten Erdbeobachtungssatelliten.

Zukunft der Brücke

Dank dem im vergangenen Jahr gestarteten Pilotprojekt erhielten 33 zusätzliche Erzieher ihr Diplom. Das sagte Unterrichtsminister Claude Meisch (DP) auf eine diesbezügliche Frage von Martine Hansen (CSV). Erstmals konnten Absolventen einer Première der GSO-Sektion (Sozialwissenschaften) nach einem Jahr ihren Abschluss als Erzieher bzw. Erzieherin am LTPES („Lycée technique pour professions éducatives et sociales“) oder der ENAD („Ecole nationale pour adultes“) machen. Im LTPES studierten 15, in der ENAD 18 Schülerinnen und Schüler. Dem LTPES liegen für das nächste Schuljahr bisher 38 und der ENAD 23 Einschreibungen vor, so Meisch. Eine Auswertung des Pilotprojekts soll Ende des Jahres vorliegen. Dann werde über die Zukunft dieser „Brücke“ zwischen GSO und LTPES/ENAD über das Schuljahr 2022/23 hinaus entschieden.

100 bis 200 Kinder werden laut dem ADR-Abgeordneten Fred Keup zu Hause von den Eltern unterrichtet und gehen folglich nicht in die Regelschule. Homeschooling sei nicht ganz klar gesetzlich geregelt. Wie es um das geplante Gesetzesprojekt stehe? Nach Ansicht von Schulminister Claude Meisch sollte Heimunterricht stärker begleitet werden, das zum Wohle des Kindes. Man arbeite an einem entsprechenden Gesetzentwurf. Die Regeln für Homeschooling müssten überdacht werden, insbesondere was die soziale Integration der Kinder anbelangt. So könnten beispielsweise einzelne Fächer zusammen mit anderen Kindern unterrichtet werden, damit soziale Kompetenzen entwickelt werden könnten. Benötigt werde auch eine bessere Kontrolle insbesondere der Unterrichtsqualität.

Impfpflicht-Gutachten

Die Sitzung hatte mit dem Antrag der CSV nach einer Änderung der dieswöchigen Tagesordnung begonnen. So war diese durch eine vierte öffentliche Sitzung am Freitag verlängert worden. Premierminister Xavier Bettel sollte eine Regierungserklärung zum Expertenbericht zur Impfpflicht abgeben, der sich eine Diskussion im Plenum anschließen sollte. Eine vernünftige Debatte sei nicht möglich, monierte CSV-Kofraktionschef Gilles Roth. Die CSV wolle das rund 70 Seiten starke Expertengutachten intern erörtern. Woraufhin sich Parlamentspräsident Fernand Etgen (DP) erstaunt gab, hatte sich doch die CSV-Kofraktionspräsidentin Martine Hansen zuvor mit der Änderung der Tagesordnung einverstanden erklärt. Ihr sei nachträglich klar geworden, dass viele Abgeordnete wegen anderer Verpflichtungen auf kommunaler Ebene am Freitag nicht an der Sitzung teilnehmen könnten, erklärte Hansen den Sinneswandel.

Dass das Impfpflicht-Gutachten eine gründliche Diskussion verdiene, befanden auch die Sprecher der anderen Parteien. Man wolle sich zuvor noch mit den Experten austauschen, so die grüne Fraktionschefin Josée Lorsché. Man könne sich keine Meinung innerhalb weniger Minuten nach einer Erklärung von Premier Bettel bilden. Niemand habe bisher das Gutachten gelesen, meinte DP-Fraktionspräsident Gilles Baum. Man sollte sich Zeit lassen, um sich sämtliche Nuancen der Analyse zu Gemüte zu führen. Die Frage sollte in der Präsidentenkonferenz (der Fraktionschefs) besprochen werden, schlug Yves Cruchten (LSAP) vor. Was denn auch im Anschluss an die öffentliche Sitzung geschehen sollte.

Camilla
6. Juli 2022 - 23.13

@ DanV "Was war eigentlich der Grund, die Apothekenanzahl zu begrenzen?" Ohne Konkurrenz lebt es sich einfacher, die Pfründe werden aufgeteilt, mittelalterlich.

DanV
6. Juli 2022 - 12.53

Was war eigentlich der Grund, die Apothekenanzahl zu begrenzen? Letztens habe ich Aspirin und Paracetamol zusammen gekauft und bekam die Warnung, dass sie nicht am selben Tag eingenommen werden dürfen, weil das die Nieren schädigen kann. Solche Informationen wird es im Supermarkt nicht geben. Medikamente gehören in qualifizierte Hände, egal ob frei verkäuflich oder rezepftpflichtig. Und wieso die Preisdeckelung nicht behalten? Damit wird niemandem geschadet und den Kunden nützt es. Verschiedene Lockerungen wären gut, aber Wettbewerbsfähigkeit hat im Gesundheitssektor nichts zu suchen!