EU-ParlamentSchwierige Debatte über die Ereignisse im Nahen Osten

EU-Parlament / Schwierige Debatte über die Ereignisse im Nahen Osten
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während der gestrigen Debatte im Europäischen Parlament Foto: AFP/Frederick Florin

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Im Europäischen Parlament (EP) wurde am Mittwoch über die jüngsten gewaltsamen Ereignisse im Nahen Osten debattiert. Weitgehende Einigkeit gab es darüber, dass der Terrorismus der palästinensischen Hamas aufs Schärfste verurteilt werden muss. Allerdings gingen einige mehr auf die Lage der Menschen im Gazastreifen ein als andere.

Wie schwierig die Debatte über den jüngsten Gewaltausbruch im Nahostkonflikt werden würde, zeigte sich bereits zu Beginn der Plenarwoche, als am Montag über die Tagesordnung gesprochen wurde. So gab es Diskussionen über den Titel der Debatte. Linke EP-Abgeordnete forderten einen stärkeren Bezug zum gewaltsamen Vorgehen Israels im Gazastreifen im Ankündigungstitel der Debatte. Die Grünen-Fraktion zog ihren Antrag zur Änderung des Debattentitels zurück, nachdem folgender Vorschlag vorlag: „Die abscheulichen Terrorangriffe der Hamas auf Israel, das Recht Israels, sich im Einklang mit dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht zu verteidigen, und die humanitäre Lage in Gaza“.

Bereits in den vergangenen Tagen gab es Kritik an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der vorgeworfen wurde, zu eigenmächtig gehandelt zu haben und sich in den ersten Tagen nach den terroristischen Überfällen auf Israel zu sehr auf dessen Seite geschlagen zu haben. Diese Kritik kam unter anderem aus Spanien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Dessen Außenminister José Manuel Albares Bueno eröffnete gestern die Debatte und betonte die Einhaltung des internationalen Völkerrechts. Die EU müsse die „Flagge des internationalen Völkerrechts weiter hochhalten“, sagte er und forderte: „Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza müssen aufhören.“ Es müsse vermieden werden, dass sich die humanitäre Krise im Gazastreifen weiter verschärfe, weshalb der Zugang für humanitäre Hilfe für die dortige Bevölkerung zugelassen werden müsse.

Wie der spanische Außenminister haben viele in ihren Redebeiträgen darauf hingewiesen, dass ein Unterschied zwischen der Hamas und dem palästinensischen Volk gemacht werden müsse. „Die Hamas repräsentiert nicht das palästinensische Volk“, sagte José Manuel Albares Bueno. „Auch das palästinensische Volk ist Opfer der Hamas“, meinte seinerseits der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der hinzufügte: „Die Hamas will keinen Frieden, sie wollen Zerstörung.“ Der Konflikt zwischen Israel und Palästina könne nur gelöst werden, wenn es Frieden zwischen den beiden Parteien gebe, meinte Josep Borrell weiter. Der jedoch warnte, dass der Raum für einen palästinensischen Staat immer kleiner werde, da sich seit dem Osloer Abkommen vor 30 Jahren die Anzahl der israelischen Siedler in den besetzten Gebieten verdreifacht habe.

Vorwurf der Terrorfinanzierung

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber, warf Josep Borrell jedoch vor, während seiner bislang vierjährigen Amtszeit nie in Israel gewesen zu sein, um Gespräche über Frieden zu führen. „Wir sind auf der Seite von Israel“, machte Weber deutlich, der sich den Kampf gegen die Hamas und die Terroristen auf die Fahne schrieb, „nicht gegen das palästinensische Volk“, wie er meinte.

Zuvor hatte die EU-Kommissionspräsidentin klargestellt, dass es keinen Widerspruch zwischen der Solidarität mit Israel und der Bereitstellung humanitärer Hilfe für die palästinensische Bevölkerung gebe. Die EU hat denn auch in den vergangenen Tagen ihre Hilfe für die Palästinenser verdreifacht. Dennoch, schränkte Ursula von der Leyen ein, werde die Unterstützung für Palästina überprüft. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund von Vorwürfen, die finanzielle Unterstützung der EU werde in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten teilweise von terroristischen Organisationen für ihre Zwecke umgeleitet. So erhob der Redner der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), Bert-Jan Ruissen, den Vorwurf, die EU habe Gelder an die palästinensischen Behörden weitergeleitet, von denen Terrororganisationen profitiert hätten. Und im Gegensatz zu anderen Rednern, die Israel das Recht zur Selbstverteidigung im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht zugestehen, erklärte der Niederländer, dass seine Fraktion „Israel bedingungslos in seinem Kampf gegen die Hamas unterstütze“.

„Verbrechen nicht mit Verbrechen bekämpfen“

Die Vorsitzende der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D), Iratxe García Pérez, warnte Israel davor, weiter Fehler im Gazastreifen zu begehen, indem es keine humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zulasse und somit Millionen in Gefahr bringe. Den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu rief die Spanierin dazu auf, „Verbrechen nicht mit anderen Verbrechen zu bekämpfen“. Sie verurteilte zudem die Aussage des israelischen Verteidigungsministers, der die Bevölkerung im Gazastreifen als „menschliche Tiere“ bezeichnet habe.

Eher wortkarg waren die Redner der Fraktion „Identität und Demokratie“, der rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien angehören. Der Franzose Nicolas Bay von der rechtsextremen Partei Eric Zemmours, „Reconquête“, nutzte die Debatte für die Verurteilung der Hamas und ihrer Sympathisanten in Europa für eine Abrechnung mit Zuwanderern aus muslimischen Staaten, „diese Millionen von Einwanderern“, die nicht „assimilierbar“ seien, „die unsere Gesellschaften hassen“ würden, wie er meinte.

Philippe Lamberts seinerseits verlangte, dass die EU einen sofortigen Waffenstillstand sowie die Freilassung der Geiseln einfordern sollte. Der Co-Vorsitzende der Grünen meinte, dass nur mit einem Friedensabkommen Israel in Sicherheit und die Palästinenser in Würde leben könnten. Manon Aubry wiederum wähnte ihre Fraktion auf der Seite Israels, sprach aber von „Kriegsverbrechen“, denen bereits mehr als 3.000 Menschen in Gaza zum Opfer gefallen seien. Seit Jahrzehnten würden die Palästinenser unterdrückt und kolonisiert, dies mit der „Komplizität der westlichen Staaten“, so die Vorsitzende der Linken-Fraktion.

Am Donnerstag wird eine Resolution im EP zur Debatte verabschiedet, die von der EVP, der S&D, den Liberalen, den Grünen und der EKR-Fraktion getragen wird.

luxmann
19. Oktober 2023 - 14.52

Mit solch einem laecherlichen vorschlag zum debattentitel konnte man die debatte ja dann sofort beenden.