BadmintonRobert Mann: „Für mich gab es nur diese eine Möglichkeit“

Badminton / Robert Mann: „Für mich gab es nur diese eine Möglichkeit“
Robert Mann hat seine Profikarriere im Badminton zu Ende gebracht Archivfoto: Marcel Nickels

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Fünf Jahre lang versuchte sich Robert Mann als professioneller Badmintonspieler. Als 30-Jähriger entschied er sich 2015 zusammen mit seinem damaligen Trainer Hargiono zu diesem Schritt, mit dem Ziel, sich für die Olympischen Spiele in Japan zu qualifizieren. Dieses Großereignis wurde bekanntlich in den Sommer 2021 verlegt und wird ohne den Luxemburger stattfinden.

Tageblatt: In etwas mehr als einem halben Jahr werden die verlegten Olympischen Spiele mit großer Wahrscheinlichkeit ausgetragen. Wieso dennoch jetzt dieser Rücktritt?

Robert Mann: Als ich meine professionelle Karriere 2015 begann, war eigentlich vorab klar, dass sie aufgrund meines Alters nicht über 2020 hinausgehen würde. Ich war damals bereits 30 Jahre alt. Die Qualifikationsrunde für die Olympiade wurde im März des vergangenen Jahres wegen Covid-19 unterbrochen, zu dem Zeitpunkt blieben noch sechs Wochen bis zur Deadline. In dem Moment war ich die Nummer 180 der Weltrangliste. Ich hätte bei den noch ausstehenden Turnieren außergewöhnlich gute Resultate einfahren müssen, um mich in extremis für Tokio zu qualifizieren – ein Platz unter den 100 Besten der Weltrangliste war vorgeschrieben. Für einen jüngeren Spieler wäre die Verschiebung zu einer zweiten Chance geworden, da eine Qualifikation 2020 zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz realistisch war. Zudem habe ich im Laufe der fünf Jahre erkannt, dass das Unterfangen Olympia-Teilnahme etwas hoch gegriffen für mich war.

Für die Olympischen Spiele haben Sie viel geopfert. Ist im Nachhinein Ihre Enttäuschung groß, dass es  mit einer Teilnahme nicht geklappt hat?

Mir ist heute klar, dass meine Zielsetzungen 2015 sehr hoch angesetzt waren. Ich wusste damals aber auch, dass es viele Zwischenstationen geben würde, die recht verlockend waren. Mir gelang beispielsweise die Teilnahme an den European Games 2019 in Minsk, wo ich zudem Fahnenträger der luxemburgischen Mannschaft sein durfte. Zudem gewann ich einige Medaillen bei internationalen Turnieren, einmal stand ich ganz oben auf dem Podest bei einem Turnier in Südamerika. Im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, dass ich diese Erfahrungen mitnehmen konnte. Professionelle Badmintonspieler gibt es haufenweise, fast alle haben das Ziel „Olympische Spiele“. Den allermeisten von ihnen stehen mehrere Versuche im Laufe ihrer Karriere zur Verfügung, vielen gelingt eine Teilnahme nicht auf Anhieb. Für mich gab es nur diese eine Möglichkeit.

Sie haben in einem für Sportler recht fortgeschrittenen Alter den professionellen Weg eingeschlagen. Damit waren Sie Vorreiter in der hiesigen Badmintonszene. Wie kam es dazu?

Schon vorher hatten mich einige Trainer darauf angesprochen. Aber ich war zuvor noch nicht reif genug, diesen Schritt zu wagen, oder ich war dabei, mein Studium zu absolvieren. Als ich mit 30 Jahren meine Doktorarbeit abgeschlossen hatte, erhöhte ich mein Trainingspensum. Das entging Hargiono nicht. Mein langjähriger Wegbegleiter sprach mich nach einer Trainingseinheit auf eine Auslandskarriere an. Einen Tag später stellten wir einen groben Fahrplan zusammen, mit dem Endziel Tokio 2020. Es war ein ehrgeiziger, aber durchaus realistischer Plan, aus ihm sollte ich meine Motivation holen. Dieser Plan wurde dem Verband und später auch dem COSL vorgelegt. Von beiden erhielt ich Unterstützung. Nachdem ich in den internationalen Rankings aufgetaucht bin, erhielt ich einen Vertrag als Sportsoldat bei der Luxemburger Armee. Danach startete ich so richtig durch.

Wie sind Sie eigentlich zum Badminton gekommen?

Als Robert Smit, unser heutiger Verbandspräsident, einen Verein in Schüttringen gründete, begann ich als Siebenjähriger mit dem Badminton. Ich fuhr mit dem Fahrrad zum Training und es hat mir von Anfang an viel Spaß bereitet. Seitdem hat mich Smit unterstützt, ihm verdanke ich recht viel.

Galten Sie in jungen Jahren bereits als Badminton-Talent oder haben Sie sich eher alles erarbeitet?

Als Elfjähriger hat mich Hargiono in die Jugendkader des Verbandes aufgenommen. Er würde wohl behaupten, ich wäre als Kind faul gewesen, aber das ist lange her (lacht). Immerhin gewann ich mehrere Landesmeistertitel in den Jugendkategorien. Fest steht aber auf jeden Fall, dass ich Einsatz und Leidenschaft von ihm gelernt habe. Als ich später mit den Auslandsstudien begann und außerhalb Luxemburgs trainierte, wurde mir bewusst, dass mein Spielniveau für internationale Erfolge noch nicht ausreichend war. Ich trainierte fokussierter und die Resultate blieben nicht aus. 2020 wurde ich immerhin bereits zum siebten Mal Landesmeister im Herreneinzel.

Mit diesen Titeln sind Sie jetzt der erfolgreichste Badmintonspieler Luxemburgs.

Stimmt, in Zukunft werden diese nationalen Titel aber umstrittener werden. Inzwischen haben sich die Trainingsbedingungen für die Nachwuchsspieler deutlich verbessert und es ist zu erwarten, dass eine größere Anzahl an guten A-Spielern heranwachsen wird. Das Know-how und die Strukturen sind vorhanden, um vermehrt erfolgreiche Spieler hervorzubringen.

Gibt es vielversprechende Talente, die Ihnen nacheifern könnten?

Talente haben wir einige, sie sind noch jung und werden sich in Zukunft im Ausland beweisen müssen. Voraussetzungen sind aber Ehrgeiz und Wille. Mit mir hat der Verband wichtige Erfahrungen gemacht, von denen die Nachfolger profitieren werden.

Wie sehen Sie die aktuellen Trainingsbedingungen verglichen mit jenen, die Sie vor Jahren hatten?

Die Zielsetzungen sind heute andere. Mit der Einstellung von Frédéric Mawet als technischem Direktor wurde eine Olympia-Qualifikation zur Messlatte. Einige junge Talente sind sehr ehrgeizig. Behalten sie diese Einstellung über einen längeren Zeitraum, werden in Zukunft auch Luxemburger Badmintonspieler bei den Olympischen Spielen aufschlagen. Zum Selbstläufer wird das dennoch nicht! Ich hatte auch bereits einen international hoch angesehenen Trainer und einige gute Co-Trainer an meiner Seite wie zum Beispiel Florin Balaban, der Verband arbeitete aber nicht so zielstrebig, wie das heute der Fall ist.

Sie waren auch ein paar Jahre in ausländischen Vereinen aktiv …

Zu Beginn meiner Profikarriere habe ich drei Meisterschaften für den TUS Wiebelskirchen (Deutschland) in der zweiten Bundesliga gespielt. In den letzten Jahren hat das Niveau in Luxemburg deutlich angezogen, bedingt auch durch viele gute ausländische Spieler, die inzwischen hier antreten, sodass ich mich entschlossen habe, nach Düdelingen zu wechseln. Dort werde ich in Zukunft weiterhin spielen.

Endlich ist es mir auch wieder erlaubt, Ski und Mountainbike zu fahren. Zuvor als professioneller Spieler war die Gefahr einer Verletzung zu groß. Einige Kampf- und Wassersportarten werde ich nun ebenfalls ausprobieren können.

Wollen Sie sich in Zukunft auf Vereins- oder Verbandsebene engagieren, um Ihre Erkenntnisse weiterzugeben?

Ich muss mich zuerst mal auf meine neue Arbeit im Gesundheitsministerium konzentrieren. Ich werde eine zukünftige Mithilfe auf Verbandsebene sicherlich nicht ausschließen. (jn)

„Er hat mit großem Einsatz seinen Traum gelebt“

Robert Mann erwähnt immer wieder seinen langjährigen Trainer Hargiono. Dieser kann den Entschluss des 30-Jährigen nachvollziehen: „Robert hat fünf Jahre lang sehr fokussiert und mit großem Einsatz seinen Traum gelebt. Er hat die Sache auch gut gemacht. Ein 30-Jähriger hat es aber viel schwerer, das eigene Spiel zu verbessern, als Nachwuchsspieler. Ihm ist das vor allem taktisch gelungen. Spielte er zuvor recht planlos, hat er gelernt, seine Stärken ins Spiel einzubringen. In Tokio wird er zwar nicht antreten, er hat aber einige gute Resultate eingefahren. Der Weg ist bereitet für seine Nachfolger, sie sollen das jetzt zu Ende bringen.“ (jn)