Covid-Maßnahmen„Regierung gibt Verantwortung ab“: Staatsrat, Menschenrechts- und Datenschutzkommission zum neuen Gesetzesprojekt

Covid-Maßnahmen / „Regierung gibt Verantwortung ab“: Staatsrat, Menschenrechts- und Datenschutzkommission zum neuen Gesetzesprojekt
Das traute Duo Lenert/Bettel hat am vergangenen Freitag das neue Gesetzesprojekt vorgestellt. Die verschiedenen Expertengremien geben nun ihre „Avis“ dazu ab. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Luxemburg passt wieder einmal seine Covid-Maßnahmen an. Eine Reihe Kammern und Gremien geben ihre Meinung zum Vorhaben der Regierung ab. Staatsrat, Datenschutz- und Menschenrechtskommission äußern sich in einigen Punkten kritisch über die Pläne, während das Medizinalkollegium das Gesetzesprojekt sehr begrüßt.

Das neue Gesetzesprojekt zu den geltenden Corona-Maßnahmen durchläuft aktuell die quasi normale legislative Prozedur. Vor der Debatte und Abstimmung in der Chamber müssen erst mal eine Reihe von Expertenkommissionen ihre Meinung zu den Vorhaben der Regierung abgeben. Nur muss wieder einmal alles sehr schnell gehen, was die beratende Funktion der Gremien nicht einfacher macht.

Allen voran kommt der Staatsrat zu Wort, der dem vorliegenden Gesetzesprojekt keine größeren Hürden in den Weg stellt, sich aber auch nicht komplett überzeugt zeigt. Zunächst stimmt der Rat dem neuen Mechanismus zur Anerkennung von Impfungen aus Drittstaaten zu. Die bisherigen Pläne hatte er blockiert, weil die Anerkennung über den Direktor der Gesundheitsdirektion laufen sollte und diesem so eine Bemächtigung eingeräumt worden wäre, die weit über seinen Kompetenzen liege. Die Zulassung müsse über ein „Règlement grand-ducal“ erfolgen, was das neue Gesetz nun auch vorsieht. Auch die Menschenrechtskommission begrüßt den Schritt der Regierung, bemängelt aber, dass dem Gesetz keine Liste beigefügt wurde, welche Vakzine aus welchen Drittländern in Luxemburg anerkannt werden sollen.

Staatsrat billigt Pläne

Bei der Ausweitung des Covid-Check-Systems im Gastronomiebereich stellt sich der Staatsrat nicht in den Weg. Er empfiehlt aber eine Übergangszeit mit einer Kostenübernahme für die Tests von Personen, die ein erstes Mal geimpft wurden und sich somit im Impfzyklus befinden. Eine vollständige, gültige Impfung könnten diese nämlich nicht bis zum 1. November – ab dann sollen die Regeln gelten – aufweisen. Der Staatsrat akzeptiert ebenfalls die Anhebung der Altersgrenze für den Covid-Check von sechs Jahren auf zwölf Jahre und zwei Monate, um den Jugendlichen eine Chance zu lassen, sich zu impfen. Außerdem steht im „Avis“ der Vorschlag, die Impfung für Kinder mit dem Einverständnisschreiben von nur einem Elternteil statt beiden zu erlauben.

Der Staatsrat hat im Avis aber auch jede Menge Fragen für die Regierung zur Ausweitung des Covid-Checks auf andere wirtschaftliche Bereiche im Gepäck: Was passiert mit dem Angestellten, der den Covid-Check ablehnt? Zählt es als erlaubter Urlaub, wenn er nach Hause geschickt wird? Wird dieser vom Jahresurlaub abgezogen oder ist es eine Freistellung mit Bezahlung? Stellt eine Weigerung eine Dienstverweigerung dar und kann der Arbeitnehmer eine Verwarnung dafür kassieren? Wie kann man einen Arbeitnehmer vor einer Kündigung schützen? All diese Fragen seien durch das Gesetz unbeantwortet. Der Staatsrat gibt zu bedenken, dass bei einer Weigerung des Arbeitnehmers, ein gültiges Covid-Check-Zertifikat vorzuzeigen, das Arbeitsrecht gelten wird und Arbeitgeber selbst entscheiden müssen, welche Schritte sie anschließend ergreifen. Für Staats- und Gemeindebeamte könnte auf eine Weigerung eine Disziplinarsanktion erfolgen.

Für den Rat sei außerdem klar, dass ein Arbeitgeber nur die Arbeitnehmer zum Covid-Check verpflichten kann und keine Besucher. So könne zum Beispiel das System nur in den Räumen gelten, in denen nur Angestellte zirkulieren und keine externen Personen. Der Staatsrat kritisiert vor allem das fehlende Verantwortungsbewusstsein der Regierung. Sie überlasse die Entscheidung zum Covid-Check den Arbeitgebern und Verwaltungschefs.

Nur in einem Punkt legt der Staatsrat eine „Opposition formelle“ ein: Die Formulierung im aktuellen Gesetzesprojekt über den gestaffelten Beginn der neuen Maßnahmen sei zu vage und unverständlich. Hier müsse die Regierung nachbessern.

Menschenrechtskommission übt Kritik

Bei der Menschenrechtskommission (CCDH) stoßen die Covid-Check-Ausweitungspläne der Regierung auf sehr viel weniger Akzeptanz. Wenn die Regierung den Covid-Check im Berufsleben einführen wolle, dann sei es auch an ihr, den gesetzlichen und begrenzten Rahmen dafür zu setzen, heißt es im Avis des CCDH. „Die Regierung darf ihre Verantwortung nicht an die Verwaltungschefs oder Arbeitgeber abgeben und einfach aufs Arbeitsgesetz verweisen.“ Die fehlende Präzision des Gesetzestexts bringe eine juristische Unsicherheit mit sich. Was noch problematischer dadurch wird, dass das Gesetzesprojekt so Arbeitgeber der Gefahr aussetzt, Verwaltungsstrafen auferlegt zu bekommen, wenn sie das Covid-Check-Regime einführen.

Man müsse aufpassen, dass bei der Ausweitung des Covid-Check-Systems nicht die fundamentalen Rechte der Personen angegriffen werden. Die Menschenrechtskommission zeigt in ihrem Avis ebenfalls die vielen noch offenen Fragen bei der Ausweitung des Covid-Checks auf. Außerdem habe die Regierung ihre Entscheidung dazu nicht wie in Frankreich begründet. Dort muss der Sanitärpass nur in Betrieben vorgezeigt werden, in denen es ein hohes Risiko der Kontaminierung gibt. Luxemburg scheine eines der ersten europäischen Länder zu sein, die das Regime so generell einführen wollen.

Zwang und Druck seien laut CCDH „nicht das adäquate Instrument, um auf die Ängste der Leute zu reagieren“. Man habe die Absicht der Regierung, die Herkunft der Bedenken herauszufinden, unterstützt. „Sind diese Studien durchgeführt worden?“, fragt die Kommission. Wenn ja, was sind die Resultate? Die Ausweitung des Covid-Checks würde den Druck erhöhen, obwohl es mit dem System Probleme gibt, die die CCDH schon mehrfach hervorgehoben habe.

Die Ausweitung des Covid-Checks und der Umstand, dass nach dem neuen Gesetzesprojekt keine kostenlosen Tests mehr gültig seien, können auf eine disproportionale Einschränkung der Menschenrechte und Diskrimination hinauslaufen. „Auch wenn die Regierung mehrfach ihren Unwillen bekundet hat, auf den Weg einer Impfpflicht zu gehen, riskiert die aktuelle Situation eine indirekte Impfpflicht für verschiedene Kategorien von Menschen zu werden“, warnt die CCDH.

Wer kann welche Daten abrufen?

Die Datenschutzkommission steht den Plänen der Regierung ebenfalls mit gemischten Gefühlen gegenüber. Obwohl sie dafür nicht zuständig ist, weist die Kommission darauf hin, dass beim Gesetzesprojekt viele Fragen zu der Auswirkung auf das Arbeitsrecht noch offen sind. Die größten Sorgen bereitet der Datenschutzkommission aber die Verarbeitung der Daten des Covid-Checks: Wie werden die Daten gespeichert? Oder müssen diese jeden Tag erneut kontrolliert werden? „Es mangelt an Präzision“, kritisieren die Experten. Werden die Daten der gültigen Zertifikate nämlich vom Arbeitgeber gespeichert, um die Situation logistisch einfacher zu regeln, gehe dieser Gesetzestext nicht weit genug.

Die Kommission stört sich außerdem daran, dass beim Scannen des QR-Codes in der App weitere Daten als nur die Gültigkeit des Zertifikats angezeigt werden. Würde es nicht genügen, nur die Validität zu überprüfen, fragt sich die Kommission. Außerdem wirft sie die Frage auf, was passiert, wenn der Arbeitgeber aus technischen Gründen das Zertifikat nicht kontrollieren kann. Etwa, weil keine Internetverbindung besteht oder der Scan des Dokuments nicht funktioniert.

Zustimmung der Mediziner

Das „Collège médical“ begrüßt die Schritte der Regierung. Insbesondere über die Ausweitung des Covid-Check-Systems im Gastronomiebereich würde man sich freuen und man hätte sich sogar eine größere Ausweitung gewünscht. Etwa für Sportsäle, Schwimmbäder und Kulturveranstaltungen. Man stelle sich zwar Fragen, welche Auswirkungen das Einführen des Covid-Check-Regimes in Betrieben auf die Angestellten habe, aber man „hofft, dass diese Fälle selten sind und mit Flexibilität und gesundem Menschenverstand gelöst werden“. Auch das Wegfallen der Selbsttests sei in den Augen des „Collège“ eine gute Entscheidung.

Wieder Mann
16. Oktober 2021 - 5.33

Die Hexenjagd kann beginnen, es lebe die Inquisition . Wirtschaftsinteressen vor dem Recht frei über seinen Körper zu entscheiden.Luxemburg hat seinen UN Sitz für Menschenrechte nicht verdient.

Erdinger
15. Oktober 2021 - 17.11

Die Menschenrechtler glauben ja auch in der Öffentlichkeit gebe es eine Privatsphäre. Aber der Staatsrat wünscht sich 2 Adjektive geändert und ein weiteres Komma, dann sie die gut. Schöne Vorlage für den Impfzwang den wir hoffentlich alle zu Weihnachten geschenkt bekommen.