World Justice ProjectRechtsstaatliche Prinzipien werden weltweit immer weniger beachtet

World Justice Project / Rechtsstaatliche Prinzipien werden weltweit immer weniger beachtet
Nicht nur eine gut funktionierende Justiz ist ein Merkmal für einen hohen rechtsstaatlichen Standard in einem Land Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

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Weltweit geht die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit zurück, in Luxemburg hingegen hat sich der Rechtsstaat auch im vergangenen Jahr verbessert. Das geht aus einem von der Organisation World Justice Project (WJP) ausgearbeiteten Ranking hervor, das dieser Tage veröffentlicht wurde.

„Über sechs Milliarden Menschen leben in Ländern, in denen die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit rückläufig ist“, stellte Erin Campbell, Senior Program Associate beim World Justice Project, bei der Präsentation des Rechtsstaats-Indexes fest. Wie zu erwarten, schneiden europäische Staaten am besten in diesem Index ab. Von den zehn besten Staaten liegt nur Neuseeland nicht in Europa. Angeführt wird die Liste von Dänemark, gefolgt von Norwegen, Finnland und Schweden. Luxemburg liegt auf dem sechsten Rang. Am unteren Ende der Skala liegt Venezuela, hinter Kambodscha, Afghanistan, Haiti und der Demokratischen Republik Kongo.

Für die Erstellung des Rechtsstaats-Indexes wurden acht Faktoren festgelegt, die wiederum verschiedene Unterfaktoren enthalten. So wird beim Faktor „Einschränkungen der Regierungsbefugnisse“ etwa geprüft, inwieweit die Regierungsmacht legislativen und juristischen Einschränkungen unterliegt, wie es mit der Rechenschaftspflicht aussieht, welche Sanktionen bei Fehlverhalten vorgesehen sind und inwieweit die Regierungsübergabe gesetzlich geregelt ist. Andere Faktoren sind die Korruption; die Offenheit der Regierungstätigkeit, etwa für eine Beteiligung der Zivilgesellschaft; die Umsetzung von Gesetzen; die Einhaltung fundamentaler Rechte, wie etwa der Presse- und Meinungsfreiheit oder Arbeitnehmerrechte; Ordnung und Sicherheit. Zudem werden verschiedene Aspekte der Zivil- und Strafjustiz berücksichtigt. Sind diese fair und effizient, wie sieht es mit der Verfahrensdauer aus und ist das Justizwesen für jeden gleichermaßen zugänglich?

Die größten Fortschritte bei der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit wurden der Studie zufolge in Bulgarien, Honduras, Kenia, Slowenien und Jordanien gemacht. Der größte Rückgang bei der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien wurde (aufsteigend) in Sudan, Mali, dem Iran, Nicaragua und Afghanistan verzeichnet. Erin Campbell zufolge ist es das sechste Jahr in Folge, dass in einer Mehrheit der untersuchten Länder die Rechtsstaatlichkeit zurückging. Die Studienmacher führen dies auf einen zunehmenden autoritären Trend in den Staaten zurück. In 56 Prozent der untersuchten Staaten unterliegt die Regierungsgewalt immer weniger Einschränkungen und werden fundamentale Rechte zunehmend missachtet. Hinzu kommt, dass die Justizsysteme immer weniger den Bedürfnissen der Menschen dienen. Das liege vor allem daran, dass die Prozesse zu lange dauerten und Ermittlungen nicht effizient genug geführt würden. Zudem würden in 56 Prozent der Staaten die Regierungen zunehmend Einfluss auf das Justizsystem ausüben, erklärte Erin Campbell weiter.

Als „besonders alarmierend“ bezeichnete die Expertin den seit 2016 anhaltenden Trend hinsichtlich des Respekts fundamentaler Rechte. In drei von vier überprüften Staaten sei ein Rückgang bei der Einhaltung dieser Rechte festgestellt worden. Besonders stark sei dies vor allem in großen Ländern verzeichnet worden, wie den USA, Brasilien, Russland, China, Indien, aber auch in osteuropäischen Staaten. Insgesamt gebe es einen Rückgang bei der Achtung der Meinungsfreiheit (60 Prozent der Länder), Religions- und Versammlungsfreiheit gingen jeweils in 55 Prozent der Länder zurück. Arbeitnehmerrechte wurden in 48 Prozent der Länder abgebaut.

Ungarn ist in Europa Schlusslicht

In der Gruppe der EU-, EFTA- und nordamerikanischen Staaten führen, wie bereits oben beschrieben, nordeuropäische Staaten das WJP-Ranking an. Luxemburg behält in dieser Neuaufstellung seinen sechsten Platz, hinter Deutschland, jedoch vor den Niederlanden, Estland, Irland und Österreich, das auf dem zehnten Platz in dieser Gruppe landet. Von den nordamerikanischen Staaten belegt Kanada den elften (von 31) und die USA den 19. Rang (insgesamt liegen die USA auf dem 26. Rang von 142). Die Negativliste wird von Ungarn angeführt, das hinter Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Rumänien und Polen liegt.

Vor allem Ungarn, aber auch Polen steht in der Europäischen Union wegen mangelnden Respekts gegenüber fundamentalen Rechten in der Kritik. Beiden Ländern bescheinigt Leslie Solis, Forschungsdirektorin beim WJP, noch „sehr viel Raum“ für Verbesserung. Sowohl gegen Polen als auch Ungarn laufen seit geraumer Zeit Verfahren wegen rechtsstaatlicher Mängel. Insbesondere die Regierung des nationalpopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban steht unter Beobachtung. Ungarn steht denn auch auf dem Gesamtranking abgeschlagen auf Platz 73, während Polen auf Rang 36 liegt. Innerhalb der EU gehen die Rückgänge bei der Rechtsstaatlichkeit vor allem auf Probleme im Justizsystem zurück, wie etwa der Zugang zur Justiz oder eine zu lange Prozessdauer.

Zum World Justice Project

Das World Justice Project beschreibt sich als „eine unabhängige, multidisziplinäre Organisation,
die sich für die Schaffung von Wissen, die Bewusstseinsbildung und die Förderung von Maßnahmen zur Rechtsstaatlichkeit weltweit“ einsetzt. Zu ihren Spendern gehören internationale Institutionen, staatliche Stellen (aus den USA, Kanada, den Niederlanden) und die EU, große Konzerne (Google, Shell, Uber, Microsoft u.a.) und andere Unterstützer aus dem privaten Sektor. Für die Studie wurden 142.000 Haushalte und 3.400 Experten in 142 Ländern befragt.

Zeltsaam
26. Oktober 2023 - 11.50

Does the justice system really function when you need 6 years for a verdict of a letter of Gaston Vogel ? Just an example. The justice quality is ok, the time it takes appalling. To such an extend that the verdict is irrelevant at the end.