Arbeitsmarkt ProActif: Ministerium weist jede Verantwortung zurück

Arbeitsmarkt  / ProActif: Ministerium weist jede Verantwortung zurück
Die Sozialinitiative kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Zwei Männer, zwischen denen die „Chemie“ nicht stimmt, 24 Millionen Euro Steuergelder als Subventionen vom Arbeitsministerium und eine Initiative, die ein soziales Anliegen verfolgt: ProActif will seit der Gründung 1998 Menschen in Arbeit bringen, die sonst wo wenig Chancen haben. Seit im Februar der Direktor gehen musste, beschäftigt der Fall nicht nur die Gerichte, wie gleich zwei parlamentarische Anfragen zeigen.

Immerhin geht es um Steuergelder in nicht unbedeutender Höhe. Wohl auch deshalb wirft der LSAP-Abgeordnete und ehemalige Arbeitsminister Georges Engel (LSAP) Fragen nach der Verantwortung, den Entscheidungsstrukturen und dem Imageschaden auf. Der geräuschvolle „Rausschmiss“ des Direktors hat das Projekt ins Gerede gebracht. Nicht zum ersten Mal.

Bereits 2011 bestätigte ein Audit des damaligen Arbeitsministers Nicolas Schmit (LSAP) der Beschäftigungsinitiative einen „schlechten Umgang mit Steuergeldern in Millionenhöhe“, wie der ADR-Abgeordnete Jeff Engelen in seiner Anfrage zum Thema ProActif schreibt. Beide Anfragen sind seit Beginn der Woche beantwortet. Im jüngsten Fall sollen physische und verbale Entgleisungen in der Führungsetage eine Rolle spielen.

Ein Arbeitsprozess läuft und so manches Pfeifen auf den Dächern ist nicht zu überhören. Georges Engel will vom amtierenden Arbeitsminister wissen, wie sein Nachfolger, kurz gesagt, mit der Sache umgehen wird. Gar nicht. Georges Mischo (CSV) sieht angesichts der bestehenden Regelungen keinen Handlungsbedarf und beruft sich auf gesetzliche Vorgaben.

Ministerium ist „Beobachter“ ohne Stimmrecht

Die Konvention mit dem Arbeitsministerium regelt die Unterstützung der Initiative durch den Staat. Das sind Steuergelder. Deren Höhe hat sich zwischen 2012 und 2023 verdoppelt und stieg von rund zwölf auf rund 24 Millionen Euro. In der Summe ist ein Betrag enthalten, der der staatlichen Unterstützung der Begünstigten von ProActif entspricht, plus eine Beteiligung an den Kosten für das Team der Sozialinitiative selbst sowie deren Betriebskosten.

Zum 31. Dezember 2022 waren 663 Personen beschäftigt. Davon wurden 518 Personen von ProActif betreut. Deren eigentliches Personal (Ausbilder, Verwaltung, Technik etc.) beziffert der letzte verfügbare Geschäftsbericht aus dem Jahr 2022 zum gleichen Zeitpunkt mit 145 Personen. Das Arbeitsministerium hat laut seinem Chef, dem Minister, keinerlei Einfluss auf die Initiative und kein Stimmrecht.

Ein Mitarbeiter des Ministeriums ist lediglich „Beobachter“ bei den Sitzungen des Verwaltungsrates, dem Aufsichtsgremium. Er hat kein Stimmrecht. Die Verantwortung für die Mitarbeiter liegt deshalb beim Verwaltungsrat in „seiner Eigenschaft als Arbeitgeber“, heißt es in der Antwort. Der wiederum wurde im Nachhinein über die Entlassung des Direktors, mit dem zudem vorher nicht gesprochen wurde, wie es das Arbeitsgesetz vorsieht, informiert. Es sei Sache der Gerichte, die Gründe für die Entlassung zu untersuchen, heißt es in der Antwort weiter.

Versuche des Verwaltungsratspräsidenten, Mitarbeiter zum Schweigen zu bringen, seien dem Ministerium zwar zu Ohren gekommen, jedoch nicht durch persönliche Zeugenaussagen von Mitarbeitern. Die Frage von Georges Engel, ob der Minister Maßnahmen ergreifen will, um eine Rufschädigung des Sektors zu verhindern, wird mit dem Verweis auf bestehende Kontrollmechanismen abgeschmettert. Arbeitsminister Mischo sieht keine Notwendigkeit, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Im Herbst 2023 erst war die letzte Kontrolle. Die Stellungnahme zu den Ergebnissen vonseiten der Sozialinitiative liegt dem Ministerium seit Anfang März vor und wird analysiert.