SolidaritätPolizisten helfen Polizisten: Luxemburger schicken Medizin-Material in die Ukraine

Solidarität / Polizisten helfen Polizisten: Luxemburger schicken Medizin-Material in die Ukraine
Das Material ist mittlerweile im Krankenhaus angekommen und wurde von einem freudestrahlenden Gennady Dombrowsky (links im Bild) in Empfang genommen Foto: privat

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Ein Kleintransporter, vollgeladen mit medizinischem Material und zwei Generatoren, ist vergangene Woche von Luxemburg aus Richtung polnisch-ukrainische Grenze losgefahren. Seine Ladung ist das Ergebnis einer Spendenaktion der Luxemburger Polizei. Die Reise ist aber auch die Geschichte eines doppelten persönlichen Einsatzes.

Gennady Dombrovsky ist Polizist in Khlemnytzky, einer Stadt im Südwesten der Ukraine, etwa 200 km von der Hauptstadt Kiew entfernt. Er ist eigentlich im Ruhestand. Mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine hat er jedoch, genau wie auch weitere pensionierte Kollegen, den Dienst wieder aufgenommen.

Dombrovsky war in seiner aktiven Zeit viele Jahre lang Mitglied der „International Police Association“. Und so wurde er zum Ansprechpartner der luxemburgischen Abteilung dieser weltweit 372.000 Mitglieder starken Vereinigung, die in über 100 Ländern der Welt aktiv ist.

Tatsächlich wollte die Luxemburger Sektion, mit dem jahrelang stark in der IPA engagierten Eugène Thommes an der Spitze, nicht tatenlos zusehen, wie in der Ukraine der Krieg wütet. Eine Spendenaktion brachte 11.000 Euro – ein Betrag, den die IPA-Kasse bis auf 15.000 Euro aufstockte.

Yvan Stepnyskyi (Mitte) vom Polizei- und Armeekrankenhaus in Khlemnytzk nimmt die Hilfsgüter von Vic Reuter (l.) und Nico Crelo entgegen
Yvan Stepnyskyi (Mitte) vom Polizei- und Armeekrankenhaus in Khlemnytzk nimmt die Hilfsgüter von Vic Reuter (l.) und Nico Crelo entgegen Foto: privat

Gleichzeitig ging die Frage nach dringend benötigtem Material an den Kontaktmann in der Ukraine. Medizinische Hilfe für das lokale Polizei- und Armeekrankenhaus, lautete die Antwort.

So gelangten Erste-Hilfe-Koffer, Spezialverbands- und Behandlungsmaterial für Brand- und Kriegswunden, Katheter, sowie zwei leistungsfähige Generatoren an die polnisch-ukrainische Grenze. Einkauf und Transport wurden großzügig von dem hiesigen Anbieter von medizinischem Material, der Firma Hospilux in Contern, sowie dem Transportverleih Intralux unterstützt. Auch bei dieser Aktion arbeiteten Pensionäre und Aktive der Polizei zusammen. Am Steuer des Kleintransporters saßen der noch immer aktive Nico Crelo und der mittlerweile pensionierte Sprecher Vic Reuter.

Auf nach Khlemnytzky

Auf nach Khlemnytzky: Die westukrainische Stadt Khlemnytzky liegt etwa sechs Autostunden von der Hauptstadt Kiew und fünf Autostunden von Lviv (in westlicher Richtung) entfernt, an der Eisenbahnstrecke Lviv-Odessa. Im Norden geht es zur weißrussische Grenze. Die Stadt zählt über 270.000 Einwohner, die Bevölkerung ist zu 94% ukrainisch, etwa 3% haben russische Wurzeln. In Friedenszeiten wurde hier, mit dem Atommeiler in Netishyn, Energie produziert. Transport, Agrikultur, Maschinenbau sowie Waffen- und chemische Industrie waren ebenfalls wichtige Handelssektoren. Khlemnytzky hat am 15. April 2021 vom Europarat einen Preis für seine herausragenden Bemühungen um den europäischen Einigungsgedanken bekommen.

Am Tankstellen-Rastplatz gleich hinter der Grenze wurde umgeladen
Am Tankstellen-Rastplatz gleich hinter der Grenze wurde umgeladen Foto: privat

Es war Yvan Stepnyskyi, der medizinische Experte des Polizei- und Armeekrankenhauses von Khlemnytzky, der die Ladung aus Luxemburg in Empfang nahm.

Dombrovsky und seine Kollegen waren bei der Übergabe des Materials, das mittlerweile im Krankenhaus angekommen ist, nicht dabei. Sie sitzen an den Checkpoints, kontrollieren Fahrzeuge und Papiere im Kampf gegen Saboteure und Spione. Sie fahren präventive Streifen, um Plünderungen zu vermeiden, sie nehmem an Evakuierungsmaßnahmen teil, begleiten humanitäre Konvois, schützen kritische Infrastruktur und gehen mitunter auch bis an die Front, um Menschen zu helfen. Sie waren auch in den beiden Städten Butscha und Hostomel im Einsatz.

Dieser Einsatz ist umso notwendiger, als die aktiven Polizisten verstärkt direkt an militärischen Operationen teilnehmen und in direktem Feindkontakt stehen. Die Bilanz ist bereits schwerwiegend. Über 50 Polizisten und Polizistinnen sind gefallen, 200 wurden schwer verwundet und 160 werden vermisst.

„Aus ihrer historisch geografischen Lage ist unsere Stadt in diesem Konflikt zu einem Knotenpunkt für die Flüchtlingsströme in Richtung Westen geworden“, erklärt Gennady Dombrowsky. Die aktuelle Situation bezeichnet er immer noch als kritisch, mit gelegentlichen Luftangriffen und -warnungen. Die Bevölkerung sei zwar im Ausnahmezustand, erlebe diesen jedoch weitgehend unaufgeregt.

Die Polizisten von Khlemnytzky sind auch im Kriegsgebiet im Einsatz
Die Polizisten von Khlemnytzky sind auch im Kriegsgebiet im Einsatz Foto: privat