LNS und FNROnline-Studie: Luxemburger sind weitaus weniger gesellig als vor der Pandemie

LNS und FNR / Online-Studie: Luxemburger sind weitaus weniger gesellig als vor der Pandemie
Nach den Ausgangsbeschränkungen zu Beginn der Pandemie dürsten die Bürger wieder nach sozialen Kontakten Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Während des Lockdowns zwischen Mitte März und Ende April sind die zwischenmenschlichen Kontakte in Luxemburg um mehr als 80 Prozent gesunken. Trafen sich die Luxemburger vor der Pandemie täglich mit 17 Personen, wurden während des Lockdowns im Schnitt nur noch drei Kontakte registriert. Tendenz (wieder) steigend.

Dieser Befund geht aus einer Studie des „Laboratoire national de la santé“ (LNS) und des „Fonds national de la recherche“ hervor, die nun veröffentlicht wurde. Gestartet wurde die Online-Umfrage kurz nach der Einführung der Ausgangsbeschränkungen Mitte März. Ziel war es, die Auswirkungen der staatlichen Maßnahmen während der Corona-Pandemie auf die sozialen Kontakte der Bürger näher unter die Lupe zu nehmen.

Größere Überraschungen bleiben zwar weitestgehend aus. Dennoch sind die Resultate Wasser auf den Mühlen jener Verantwortlichen, die im Kampf gegen die Pandemie verstärkt auf die „gestes barrières“ und eine Einschränkung der sozialen Kontakte setzen wollen. Tatsächlich liefert die Studie in diesem Zusammenhang äußerst sachdienliche Ergebnisse, wie Projektleiter Ardashel Latsuzbaia im Gespräch mit dem Tageblatt betont.

„Die Verbreitung des Virus ist eng mit der Zahl der sozialen Kontakte verbunden. Je kleiner die Zahl der zwischenmenschlichen Berührungen ist, umso niedriger ist auch die Infektionsrate“, erklärt der Epidemiologe am LNS. Im Umkehrschluss konnte mit der Wiederaufnahme der Kontakte nach der Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen Anfang Mai auch wieder eine Zunahme der Infektionszahlen festgestellt werden.

Nur drei Kontakte am Tag

Vor der Pandemie lag die Anzahl der täglichen Kontakte von in Luxemburg ansässigen Personen im Schnitt bei 17,5. „Während des Lockdowns ist diese Zahl auf 3,2 gesunken, was einem Rückgang von mehr als 80 Prozent entspricht“, betont Latsuzbaia. Dabei beruft sich der Forscher auf insgesamt 5.644 Personen, die zwischen dem 25. März und dem 1. Mai an der Studie teilgenommen hatten. Die Gesamtzahl der gemeldeten Kontakte betrug in diesem Zeitraum 18.118, was eben dem täglichen Durchschnitt von 3,2 Kontakten pro Person entspricht.

Beträchtliche Unterschiede konnten die Forscher etwa im Hinblick auf das Alter der Menschen und den Ort der Zusammenkünfte feststellen. So hatten junge Menschen im Schnitt beispielsweise mehr Kontakte als ältere Menschen: Bei Personen unter 25 Jahren lag die Quote während des besagten Zeitraums bei 4,2, während Menschen über 64 Jahren im Schnitt nur mit 1,7 Personen zusammenkamen.

Mehr Zusammenkünfte im Juni

Die meisten Kontakte wurden am Arbeitsplatz (6,2) registriert, die wenigsten in der Freizeit (3,2) und im Supermarkt (2,9). Und: „Die Einwohner portugiesischer und luxemburgischer Nationalität verzeichneten eine leicht überdurchschnittliche Anzahl von Kontakten und die in französischer Sprache durchgeführten Umfragen ergaben deutlich mehr Kontakte als die in deutscher und englischer Sprache“, fügt der Epidemiologe hinzu.

Im Verlauf des Lockdowns ist die Zahl der täglichen Kontakte von 2,9 auf 3,6, also um fast 25 Prozent, gestiegen. Eine Tendenz, die sich nach der Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen noch verstärkt hat: „Ein erster Anstieg erfolgte nach dem Beginn der ersten Phase der Lockerungen am 20. April, als Baustellen, Baumärkte und Recyclingzentren wieder öffnen durften“, berichtet Latsuzbaia. „Im Juni, also nach dem Lockdown, hat sich die Zahl der Kontakte dann mehr als verdoppelt, blieb aber immer noch um 60 Prozent niedriger als in der Zeit vor der Pandemie.“

Die Verbreitung des Virus ist eng mit der Zahl der sozialen Kontakte verbunden. Je kleiner die Zahl der zwischenmenschlichen Berührungen ist, umso niedriger ist auch die Infektionsrate.

Ardashel Latsuzbaia, Epidemiologe am LNS

Diese Zunahme der Kontakte habe denn wohl auch zu einem Anstieg der viralen Reproduktionsrate geführt und zum Ausbruch der sogenannten zweiten Welle Anfang Juli. Problematisch erscheint dabei der Umstand, dass nach der Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen bei weit mehr als der Hälfte der zwischenmenschlichen Zusammenkünfte – genau genommen waren es 61 Prozent – keine Maske getragen wurde. „Was das Übertragungsrisiko zusätzlich erhöht“, betont Latsuzbaia.

Nicht repräsentativ, aber aussagekräftig

Repräsentativ ist die Studie aber nicht. Dafür müssten die Teilnehmer die genaue Zusammensetzung der Luxemburger Bevölkerung widerspiegeln, was in diesem Zusammenhang nicht der Fall ist. Vielmehr hatten sich die Forscher von LNS und FNR bewusst für eine unkomplizierte Herangehensweise im Netz entschlossen – mit insgesamt vier Umfragen während des Lockdowns und zwei Erhebungen nach Ende der Ausgangsbeschränkungen.

Sechsmal also wurden die Teilnehmer zwischen März und Juni im Netz dazu aufgerufen, via „Survey Monkey“ eine kleine Anzahl an Fragen zu beantworten. „Wir wollten die Umfrage so kurz wie nur möglich halten, um eine möglichst hohe Beteiligung zu erzielen“, unterstreicht Latsuzbaia. Während des Lockdowns wurden lediglich die Alterskategorie, die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen, die Staatsbürgerschaft, die Anzahl der Kontakte in den vorangegangenen 24 Stunden sowie der Ort, an dem diese Kontakte stattgefunden haben, abgefragt. Nach Ende des Lockdowns wurde die Umfrage noch um einige Fragen erweitert – etwa ob bei den Zusammenkünften auch Masken getragen wurden.

Mit insgesamt fast 6.800 Teilnehmern sei die Studie dennoch recht aussagekräftig, so der Forscher. So könnte man daraus schließen, dass die strikten Maßnahmen zur physischen Distanzierung in Luxemburg erhebliche Auswirkungen auf die sozialen Interaktionen hatten. Dies wiederum habe konkret zu einer Reduzierung der durchschnittlichen Anzahl der täglichen Kontakte geführt.

Wieder weniger Kontakte im August

„Dies würde auch erklären, warum die Zahl der Neuinfektionen zu Beginn der Krise so rasch zunahm und dann ebenso rasch wieder zurückging“, meint der Experte. Auch sei die weitere Entwicklung mit einem Anstieg der Kontakte und der Infektionen keine weitere Überraschung: Angesichts der strengen Regeln zu Beginn der Pandemie und der späteren Lockerung der Ausgangsbeschränkungen sei diese Entwicklung durchaus nachvollziehbar, bestätigt Latsuzbaia.

„Irgendwann waren sich die Bürger der strengen Regeln überdrüssig, sie wollten wieder mit anderen Menschen kommunizieren“, so der Forscher. Mit der Folge, dass im Juli eine zweite Infektionswelle über das Land schwappte. Dass diese Zahlen inzwischen wieder abgeklungen sind, dürfte die Forscher auch nicht weiter überraschen: Laut einer aktuellen Erhebung aus dem Monat August sind die zwischenmenschlichen Kontakte im Land wieder gesunken. „Was die geringere Zahl der in den vergangenen Wochen gemeldeten Neuinfektionen erklären dürfte“, fügt der Epidemiologe hinzu.

tania
1. September 2020 - 16.46

@Knutschfleck

"Dir sidd awer optimistesch, wéi wann hei am Land nach irgendeen Jugendlechen sech eng Kéier en Haus kéint leeschten."

Bal 80% vun den Ex-Jugendlechen hunn et op jiddwer Fall gepackt.

"Zu zwee vlait, mee alleng net. An d’Appartementer ginn och emmer méi kleng."

Dir sot dat, wéi wann et eppes Schlechtes wär.

Knutschfleck
1. September 2020 - 14.07

Dir sidd awer optimistesch, wéi wann hei am Land nach irgendeen Jugendlechen sech eng Kéier en Haus kéint leeschten. Zu zwee vlait, mee alleng net. An d'Appartementer ginn och emmer méi kleng.

tania
1. September 2020 - 12.48

Dürsten? Nein, das sind bloß die Jugendlichen die noch zu Hause wohnen, wenn sie bis ihren eigenen Garten oder Balkon haben, dann bleiben die auch zuhause.