Exit-StrategieNach der Quarantäne ab in den Baumarkt – Andrang in Läden hält sich aber in Grenzen

Exit-Strategie / Nach der Quarantäne ab in den Baumarkt – Andrang in Läden hält sich aber in Grenzen
Geschäftiges Treiben vor der Filiale einer deutschen Baumarktkette in Bartringen. Wenn die Schutzmasken nicht wären, käme es einem vor, als wäre der gewöhnliche Alltag wieder eingekehrt.  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Mit der Inbetriebnahme der Baustellen und Handwerksunternehmen wurden am Montag nach sechs Wochen Lockdown in Luxemburg auch die Gärtnereien, Baumschulen und Baumärkte wieder eröffnet. Neben den professionellen Handwerkern und ihren Mitarbeitern freuen sich auch die Hobbybastler und Do-It-Yourself-Künstler, die die Quarantäne damit verbracht haben, die eigenen vier Wände mitsamt Garten wieder in Schuss zu bringen. Ein Ortsbesuch in Ingeldorf und Bartringen.

„Teak-Öl … Teak-Öl … Wo steht das Teak-Öl?“ Fieberhaft wandern die wachsamen Augen des Kunden über die Behälter in den Regalen, bis er schließlich triumphierend innehält. Mit einem Lächeln schnappt sich der Mann eine braun-grüne Dose mit dem gewünschten Schriftzug und studiert die Inhaltsangaben. Dann aber verhärten sich wieder die Gesichtszüge und das Lächeln weicht einem Stirnrunzeln: Das Wort „farblos“ wirft nun weitere Fragen auf, die er alleine nicht zu beantworten vermag.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, ob nun farblos oder pigmentiert“, erklärt der Mann und blickt sich suchend um. Von den Beratern, die ansonsten stets bereitwillig in den Gängen des Baumarktes auf wissbegierige Kunden lauern, fehlt am Dienstag jede Spur. „Dann muss ich halt alleine klarkommen“, murmelt der Betroffene, greift zum Smartphone und stützt sich auf den gut gefüllten Einkaufswagen. Blumenerde hat sich der Mann bereits besorgt, zwei große Farbtöpfe, Abdeckfolie, Haftschleifblätter, ein Set mit fünf neuen Fräseraufsätzen und andere Materialien.

Die Öffnung der Baumärkte als Teil der ersten Phase einer Exit-Strategie begrüßt der Mann. Wie viele andere Menschen habe auch er die letzten Wochen fast ausschließlich zu Hause verbracht. „Dabei hatte ich erstmals auch wirklich Zeit, die kleinen Projekte zu verwirklichen, die sich seit längerem zu Hause stapeln“, erklärt der Betroffene. Neben dem Home-Office habe er somit die Quarantäne genutzt, um die eigenen vier Wände und den angrenzenden Garten wieder auf Vordermann zu bringen.

„Großes war nicht dabei. Aber hier und da kleine Reparaturen und Verbesserungen, ein neuer Anstrich im Gästezimmer und im Büro, eine Generalüberholung der Gartenmöbel: Wenn man sich etwas umsieht, wird man auch fündig. Es gibt immer etwas zu tun“, so der Hobby-Handwerker. Die meisten Materialien habe er noch auf Lager gehabt. Den Rest habe er im Internet bestellt – „soweit das möglich war. Verschiedene Sachen aber möchte ich zuerst mit den eigenen Augen begutachten“, erklärt der Kunde.

Von Ingeldorf nach Bartringen

Wie ihm geht es wohl den meisten der Dutzenden Kunden, die sich in dem großen Baumarkt in Ingeldorf aufhalten. Überraschenderweise aber hält sich der Andrang am Dienstag in Grenzen. Der Parkplatz ist zur Hälfte gefüllt, vor dem Laden warten eine Handvoll Kunden auf Einlass. Aus Sicherheitsgründen wird der Zugang zum Baumarkt nämlich wie in anderen Geschäften auch geregelt.

Am Montag, dem ersten Tag der Wiedereröffnung, seien noch bedeutend mehr Menschen dort gewesen, meint ein Mann in Uniform, der vor dem Geschäft einige Einkaufswagen einsammelt. „Es war recht viel los. Doch war die Kundschaft über den ganzen Tag verteilt. Dabei hat man schon gemerkt, dass auch manche dabei waren, die einfach nur aus dem Haus wollten. Heute hat sich das aber wieder eingependelt“, so der junge Mann.

So erinnern in Ingeldorf am Dienstagmorgen nur die hohen Sicherheitsmaßnahmen an die Krise. Ansonsten erscheint die Szenerie erfrischend alltäglich: Das Verkehrsaufkommen auf der Hauptstraße vor der Industriezone ist gewohnt hoch, vor dem benachbarten Discounter laden Kunden ihre Einkäufe in den Wagen, während die einzige Zufahrt an dieser Stelle von einer Baustelle versperrt wird, auf der wieder emsiges Treiben herrscht.

Ähnliche Bilder auch in der Gewerbezone von Bartingen: Zwar ist der Parkplatz der Filiale einer großen Baumarktkette gut gefüllt. Lange Schlangen, wie vor manchen Supermärkten in Luxemburg, sind nicht zu sehen. Vielmehr winkt der nette Sicherheitsmann in Schutzmaske und Anzug die Kunden mit einer freundlichen Begrüßung gleich durch. Daneben erklärt ein Plakat die geltenden Hausregeln: maximal zwei Personen, zwei Meter Abstand, auch Kinder müssen Maske tragen und ein Einkaufswagen ist Pflicht.

Es sind herkömmliche Maßnahmen, die sich auch bereits in den Luxemburger Supermärkten und den anderen Filialen der deutschen Baumarktkette bewährt haben. Bis auf Niederlassungen in vier Bundesländern nämlich blieben alle anderen Läden im Nachbarland geöffnet. „Dass wir im Großherzogtum so lange schließen mussten, war für viele unserer Kunden schwierig“, erklärt Florian Preuß.

Alternative Angebote

„Das verstehen wir auch, doch handelt es sich dabei um eine politische Entscheidung, auf die wir keinen Einfluss hatten. Jetzt geht es darum, den Kunden unsere Waren anzubieten und darauf zu achten, dass die Schutzmaßnahmen eingehalten werden“, so der Unternehmenssprecher. So wird der Eingang etwa von dem besagten Sicherheitsmann überwacht, der auch die Kunden zählt. Je nach Größe sollten sich nicht mehr als 150 Menschen gleichzeitig im Innern aufhalten. Markierungen helfen den Kunden, Sicherheitsabstände einzuhalten, während Plexiglasscheiben und Holzkonstruktionen an den Kassen verhindern, dass sich Kunden und Mitarbeiter zu nahe kommen.

„Überall wurden Hygiene-Spender mit Desinfektionsmittel aufgestellt. Grundsätzlich werden sämtliche Geräte, die von Kunden genutzt werden, regelmäßig desinfiziert. Auch versuchen wir, so viele Kassen wie nur möglich zu besetzen, damit die Kunden nicht zu lange warten müssen“, erläutert Preuß. Der Service im Markt selbst sei jedoch reduziert worden: „Ein intensives Beratungsgespräch mit einem Kundenberater ist zurzeit leider nicht möglich“, betont der Sprecher. Die Beratung erfolgt nun am Infotresen, wo ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werden kann.

April und Mai seien in der Regel die Monate mit dem höchsten Kundenaufkommen. Von normalen Zahlen aber sei man dieses Jahr weit entfernt, auch wenn die Filialen inzwischen in ganz Deutschland, Österreich, Luxemburg und ab Montag auch in der Schweiz wieder geöffnet haben. „An normalen Apriltagen haben wir deutlich mehr Aufkommen als jetzt. Das liegt aber an uns selber, weil wir den Zugang beschränken“, so Preuß, der in diesem Zusammenhang an die Kundschaft appelliert, von den alternativen Angeboten des Unternehmens zu profitieren.

Trotz Wiedereröffnung versucht das Unternehmen, das Kundenaufkommen wegen sanitärer Beschränkungen im Baumarkt zu regulieren
Trotz Wiedereröffnung versucht das Unternehmen, das Kundenaufkommen wegen sanitärer Beschränkungen im Baumarkt zu regulieren Foto: dpa/Sven Hoppe

So sei etwa der Onlineverkauf in letzter Zeit regelrecht explodiert. Er wisse, dass die Kunden zurzeit einen größeren Bedarf hätten, vor allem mit Blick auf den Garten. Trotzdem sei die Zahl der Personen begrenzt, die sich gleichzeitig im Laden aufhalten dürfen. Viele Projekte seien aber nicht unbedingt zeitgebunden. Auch wüssten viele Menschen, welche Materialien sie brauchen. In dem Fall könnten die Kunden ihre Waren etwa übers Internet bestellen und vier Stunden später persönlich abholen. „Der Vorteil: Einerseits verbringt man nur fünf Minuten im Baumarkt und kommt mit höchstens einer Person in Kontakt. Andererseits können wir im Baumarkt dann Leuten den Vorzug geben, die Material brauchen, weil eine dringende Reparatur ansteht“, erklärt der Unternehmenssprecher.

So versucht das Unternehmen, in Krisenzeiten seine Verantwortung zu übernehmen und dem Schutz von Kunden und Mitarbeitern oberste Priorität einzuräumen. „Wenn möglich sollen die Kunden einzeln kommen und schnell und gezielt ihre Einkäufe erledigen, was meiner Wahrnehmung nach inzwischen auch recht reibungslos läuft“, betont Florian Preuß, der sich aber auch über die Begeisterung mancher Besucher freut: Gerade weil sie jetzt mehr zu Hause seien, suchten viele Menschen eine sinnvolle Beschäftigung.