TransportMissstände bei Adapto: Petition wird in der Chamber besprochen

Transport / Missstände bei Adapto: Petition wird in der Chamber besprochen
Oft kommen die Busse nur mit starker Verspätung, manchmal gar nicht, bemängeln die Initiatoren der Petition 2749 Foto: Voyages Unsen

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Viele Probleme bei Adapto. Der Transportdienst böte Menschen mit Behinderung keine verlässliche Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, so die Petenten.

Staaten müssen geeignete Maßnahmen treffen, um Menschen mit Behinderung eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, so schreibt es die UN-Behindertenrechtskonvention vor. Dazu benötigen sie nicht nur Zugang zu Informationen und dem öffentlichen Raum, sondern auch zu Transportmitteln, die ihnen eine selbstbestimmte Mobilität ermöglichen. In Luxemburg soll das über den Adapto-Dienst geleistet werden, der bei Bedarf über die gleichnamige App Busse zur Verfügung stellen soll. So das Konzept.

Dass dies jedoch tagtäglich scheitert, war der Hauptpunkt im Bericht von Vertreterinnen und Vertretern der Petition Nummer 2749 in der Chamber. Diese wurde im April 2023 gestartet und erreichte innerhalb kurzer Zeit 5.593 Unterschriften (wir berichteten). Am 21. März erfolgte nun die Anhörung in der Chamber. In Anwesenheit von Fachpolitikern der Parteien und der zuständigen Ministerin Yuriko Backes, gab Initiatorin Ana Pinto, mit Unterstützung von Vertretern des „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET), „Zesumme fir Inklusioun“ (ZEFI), Trisomie 21 Lëtzebuerg, „Union luxembourgeoise des consommateurs“ (UCL) und dem „Département des travailleurs handicapés“ (DTH) des OGBL, Auskunft. 

Keine Einzelfälle

Die Berichte der Petenten werfen ein katastrophales Licht auf Adapto. Ein grundlegendes Problem seien massive Verspätungen und die Unzuverlässigkeit der Busse. Menschen, die auf den Transportdienst angewiesen seien, kämen regelmäßig zu spät zu Arztterminen oder zur Arbeit. Menschen hätten deswegen bereits ihren Job verloren, so Joël Delvaux (DTH/OGBL). Auch eine verlässliche Planung von Freizeitaktivitäten sei nicht möglich. Die Vertreter berichteten von teils schockierenden Vorfällen. Laut Marcel Laschette (UCL)  seien zwei Rollstuhlfahrer im Winter auf einem Parkplatz vergessen worden und hätten zwei Stunden in der Kälte gestanden. Ein weiterer Rollstuhlfahrer hätte sich Verletzungen zugezogen, als er bei einer Bremsung durch den Bus flog, weil das Befestigungssystem des Busses mit dem Rollstuhl inkompatibel gewesen sei. Martine Eischen (Trisomie 21 Lëtzebuerg) berichtete von einem Fall, bei dem ein 13-jähriges Mädchen mit einer geistigen Behinderung nach ihrem Sporttraining vom Adapto-Bus vergessen und nur durch Zufall von ihrem Sporttrainer aufgefunden wurde.

Viele Menschen trauten sich nicht mehr, den Dienst zu nutzen und seien damit vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Damit werde Luxemburg der UN-Behindertenkonvention nicht gerecht, so das einschlägige Urteil. Vor allem der Umgang von Adapto mit den Erfahrungen der Nutzer macht die Petenten sauer. Es werde immer nur von Einzelfällen gesprochen.

Die Einzelfälle sind mittlerweile chronisch und systematisch

Joël Delvaux (DTH/OGBL), Gewerkschafter und Nutzer des Adapto

Die skandalösen Beispiele seien einerseits auf schlecht angewiesene Chauffeure, andererseits auf eine schlechte Koordination durch die App zurückzuführen. Das Callcenter, das bei Ausnahme- oder Notsituationen unterstützen soll, könne oft nicht weiterhelfen. Eine direkte Verbindung zu dem eingesetzten Busunternehmen sei über die App nicht möglich. Teilweise würden Busse Menschen stundenlang durch die Gegend fahren, obwohl sie nur wenige Kilometer transportiert werden müssen. Sammelfahrten über längere Strecken scheiterten oftmals an der Organisation. Der häufige Wechsel der Fahrer sei insbesondere für Menschen mit geistiger Behinderung schwierig, so Martine Eischen. Für diese sei es besser, die Chauffeure zu kennen.

Interview mit der stellvertretenden Direktorin des Verkehrsministeriums

Im Juli 2023 haben wir mit Annick Trmata, der stellvertretenden Direktorin des Verkehrsministeriums, über die Probleme bei Adapto gesprochen. Das Interview lesen sie hier.

Weitere Probleme bestünden einerseits in schlechten Sprachkenntnissen – was insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung vor unlösbare Probleme stelle – und andererseits in mangelnder Sensibilität im Umgang mit den Adapto-Nutzern. Ministerin Yuriko Backes wies darauf hin, dass das auch am landesweiten Mangel an Busfahrern läge. Dem entgegnete Joël Delvaux (DTH/OGBL), dass die starke Rotation der Busfahrer auch ein Problem hoher Arbeitsbelastung sei. Man müsse Fahrern mehr Anerkennung entgegenbringen. Dazu eigne sich eine bessere Bezahlung oder die Möglichkeit zur beruflichen Weiterorientierung in den sozialen Bereich.

Backes will sich für Verbesserungen einsetzen

Ministerin Backes dankte den Petenten für ihr Engagement und versprach, eine Untersuchung durchzuführen, um die Erfahrungen der Nutzer großflächig abzufragen. Zudem brauche es ein besseres System für die Begleitung von Menschen mit Behinderung, Busfahrer könnten diese Betreuung nicht leisten. Bei der App sei in Sachen Barrierefreiheit Luft nach oben, auch der Callcenter müsse reformiert werden. Die Verbesserung des Services sähe sie als ihre Aufgabe, so Backes. 

Martine Kirsch („Zesumme fir Inklusioun“) stellte klar, dass Adapto „keine Extrawurst“ sei. Er solle lediglich einen Ausgleich leisten, damit Menschen mit einer Behinderung die gleichen Dinge machen können wie alle anderen auch. Ana Pinto merkte an, dass jeder nicht-behinderte Mensch nur eine schlechte Diagnose davon entfernt sei, auch auf den Transportdienst angewiesen zu sein.