Europaweite StudieLuxemburgs Medienlandschaft ist zu wenig inklusiv und zu abhängig

Europaweite Studie / Luxemburgs Medienlandschaft ist zu wenig inklusiv und zu abhängig
Luxemburg schneidet insgesamt gut ab, hat aber in einigen Bereichen noch Luft nach oben Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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Die Medienlandschaft in ganz Europa steht unter Druck. Das stellt auch die Studie „Media Pluralism Monitor 2020“ fest. Dazu wird die Situation der Medien in 30 Ländern untersucht. Luxemburg schneidet insgesamt gut ab, hat aber bei einigen Themen noch Luft nach oben. 

Seit 2013 analysiert das „Centre for Media Pluralism and Media Freedom“ die Situation der Medien in den Mitgliedsländern der EU und einigen Kandidaten-Staaten. Dabei werden wirtschaftliche, politische und juristische Variablen beachtet und bewertet. 2020 wurden 30 Länder geprüft, darunter auch Luxemburg. Die Ergebnisse wurden in vier großen Themenbereichen zusammengefasst. 

„Basic Protection“ beschäftigt sich mit der allgemeinen Situation der Pressefreiheit und Informationsfreiheit in den Ländern. 2020 wird zum ersten Mal auch untersucht, inwiefern die Meinungsfreiheit im Web gesichert wird, ob Journalisten im Netz geschützt sind und wie gut die Daten gesichert sind.18 von 30 Ländern schneiden hier sehr gut ab. Es bestehe ein „geringes Risiko“ unter anderem in Österreich, Belgien, Luxemburg, Frankreich und Deutschland. Elf Länder, darunter Spanien, Italien und mehrere Staaten aus Osteuropa, erhalten eine „Mittleres Risiko“-Bewertung. Sehr gefährdet sei die Pressefreiheit nur in der Türkei. Im MPM 2020 hält das Zentrum allerdings auch fest, dass sich die Situation zusehends verschlechtert. 

Morde und Drohungen

Sogenannte „Slapp“-Gerichtsverfahren, also strategische Anklagen, um eine öffentliche Berichterstattung zu unterdrücken, hätten einen abschreckenden Effekt auf Journalisten und würden die Meinungsfreiheit einschränken. Außerdem kritisiert der MPM, dass in vielen europäischen Ländern Whistleblower nicht genug geschützt seien und die Arbeitsverhältnisse von Journalisten sich verschlechtern würden. Dazu komme ein steigendes Risiko, dass Journalisten bedroht würden. Besorgniserregend sei es, „dass diese Drohungen öfters von Politikern kommen, die eigentlich ein befähigendes Umfeld für Journalisten garantieren sollten“. Im Bericht werden auch die Morde an Daphne Caruana Galizia in Malta 2017, Jan Kuciak und Martina Kušnírová in der Slowakei, Lyra McKee in Nordirland, Jamal Khashoggi in Istanbul und Viktorija Marinova in Bulgarien hervorgehoben. 

Auch im Netz seien Journalisten Anfeindungen ausgesetzt. Die digitale Sicherheit sei eine „ernste Sorge“ für Journalisten aus vielen Ländern: Sie müssten sich Beleidigungen und Drohungen – insbesondere gegen Journalistinnen – stellen und mit dem Abgriff von Internet- und Telefondaten durch Geheimdienste rechnen.   

Beim Thema Vielfältigkeit der Märkte stellt der Bericht fest, die wirtschaftliche Situation der Medienunternehmen in Europa habe sich allgemein verschlechtert. In keinem Land in Europa gebe es ein „geringes Risiko“. 17 Länder erreichen einen Wert von „mittlerem Risiko“, darunter auch Luxemburg. In 13 Ländern ist die Vielfältigkeit der Medienmärkte sogar stark bedroht. 

Wer besitzt die Medien?

Der Bericht führt das vor allem auf die Eigentumskonzentration im Medienbereich zurück. Wenige Firmen oder Personen besitzen größere Mengen der verfügbaren Medien. Während die Studie die Vielfalt der Medienlandschaft angesichts des kleinen Marktes in Luxemburg lobt, ist diese Konzentration auch in Luxemburg ein großes Problem. Allerdings sei man gleichzeitig sehr transparent, wer die Medienunternehmen besitze. Das ist nur in Frankreich, Deutschland und Portugal ebenfalls der Fall. Durch den wirtschaftlichen Druck wachse zudem der Einfluss von Werbung und den Eigentümern auf den redaktionellen Inhalt der Zeitungen, heißt es im Bericht. 

Der dritte untersuchte Bereich ist die politische Unabhängigkeit der Medien. Diese sei eine der „kritischen Voraussetzungen für eine Demokratie und eine demokratische Gesellschaft“. Gemessen wird unter anderem, wie viel Autonomie die Medienhäuser haben und ob es Versuche aus der Politik gibt, Einfluss auf die Medien zu nehmen. In sieben Ländern sieht der Bericht ein „hohes Risiko“. Dies unter anderem in Bulgarien, Ungarn, Polen und der Türkei. Sieben andere haben ein „geringes Risiko“, darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland und Portugal. Luxemburg landet im Mittelfeld. Die schlechtere Platzierung kommt unter anderem durch die fehlende Unabhängigkeit bei der Finanzierung der Medien und den Einfluss der Politik auf einige Medienunternehmen. 

Es fehlen Frauen in Führungspositionen

Im vierten und letzten untersuchten Feld geht es um die soziale Inklusion bei den Medien. Gemessen wird unter anderem, wie erreichbar die Medien für Minderheiten sind. Nur drei Länder schneiden mit einem „geringen Risiko“ ab: Frankreich, Schweden und Großbritannien. Fünf Länder – Albanien, Bulgarien, Zypern, Rumänien und die Türkei – sind am weitesten von sozialer Inklusion bei den Medien entfernt und werden als „hohes Risiko“ klassiert. Luxemburg landet auch hier im Mittelfeld. 

Die Studie kritisiert unter anderem, dass es keine ausreichende Medienkompetenz-Strategie im Großherzogtum gibt. Außerdem seien in Luxemburg die Frauen in den Medienunternehmen weiterhin unterrepräsentiert. Das gelte besonders für Führungsrollen. Weit weg von einer guten Inklusion sei man auch bei den Personen mit einer Behinderung. Die Studie nimmt positiv zur Kenntnis, dass es in Luxemburg, neben Schweden, Belgien und Deutschland, eine Gesetzesbasis dafür gibt, wie man mit Hate Speech im Internet umgehen soll. 

Der Länderbericht enthält für Luxemburg eine Reihe von Empfehlungen. Zum Beispiel rät der Bericht, ein nationales Forschungsinstitut mit Schwerpunkt Medienlandschaft zu gründen. Außerdem soll Luxemburg sein Medienbildungssystem verbessern und für Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Medien erleichtern. 

Die komplette Studie können Sie hier nachlesen. 

J.Scholer
25. Juli 2020 - 8.21

@florent,Gerner: Eine pluralistische, freiheitliche Presse ist nicht mit Gold aufzuwiegen, ohne freie, pluralistische Presse keine Demokratie. Leider hat sich in unserer Gesellschaft „ das gönne ich meinem Nachbar nicht „ eingebürgert, was zur Folge hat , der Gedankenfluss vieler Zeitgenossen nur vom Geldgedanken geleitet wird.

Gerner JL
24. Juli 2020 - 17.54

@Scholer " Ich glaube eher man die Printmedien , per Gesetz , allgemein von der Entrichtung der Steuern entbinden , die Zustellung durch das Postunternehmen kostenfrei sein sollte." Glauben Sie, die zahlen viele Steuern? Die Zeitungen sind alle pleite. Das Wort hat gefühlt ein Dutzend Restrukturationen hinter sich. Wird die Post nicht schon genug subventioniert?

florent
24. Juli 2020 - 15.52

@J. Scholer " Ich glaube eher man die Printmedien , per Gesetz , allgemein von der Entrichtung der Steuern entbinden , die Zustellung durch das Postunternehmen kostenfrei sein sollte." Aha, also anstatt redaktionelle Seiten zu subventionieren wollen sie das Geld umtaufen. Ich nehme an Online-Medien bekommen dann IT, Router und Programmierer bezahlt, da sie ja keine Post benötigen?

winston
24. Juli 2020 - 10.20

letzebuerger Medien?Alles einfach copy-paste a soss neischt,vun Journalismus keng Spur.

J.Scholer
24. Juli 2020 - 9.03

Ich bin mir bewusst für Printmedien das Überleben nur durch potentielle Werbekunden oder staatliche Zuschüsse möglich ist. Doch gerade hier verbirgt sich die Gefahr für eine unabhängige Pressearbeit. In meinen Augen müssten die augenblicklichen Zuschüsse abgeschafft werden. Ich glaube eher man die Printmedien , per Gesetz , allgemein von der Entrichtung der Steuern entbinden , die Zustellung durch das Postunternehmen kostenfrei sein sollte.Dies eher den Weg einer dauerhaften Unabhängigkeit von der Regierungspolitik entspricht . Allerdings stehe ich kritisch gegenüber, der Finanzierungspolitik durch unsere Regierung von RTL, der Einflussnahme der Politik , politische Gefolgsleute in Verwaltungsräte zu delegieren , wie auch politischen Einfluss auf das Radio 100,7 auszuüben. Hier wird in meinen Augen definitiv ein politischer Einfluss auf die Unabhängigkeit des pluralistischen Journalismus ausgeübt.