Overshoot DayLuxemburg lebt auf großem Fuß

Overshoot Day / Luxemburg lebt auf großem Fuß

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Rund vier Wochen: So lange leben die Menschen im Großherzogtum nun bereits von natürlichen Ressourcen, die ihnen theoretisch gar nicht zur Verfügung stehen. Denn am 15. Februar war der sogenannte „Overshoot Day“ für Luxemburg.

Der ökologische Fußabdruck

Die Berechnung des Erdüberlastungstages beruht auf dem sogenannten ökologischen Fußabdruck – einem Indikator zur Messung von Nachhaltigkeit. Dieser wurde in den 1990er Jahren von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt. Heute gilt der ökologische Fußabdruck als Synonym für menschliches Verhalten und dessen Auswirkungen auf die Umwelt und erlaubt es, die Beanspruchung der Natur mit deren Fähigkeit zur Regeneration zu vergleichen.

Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie viel Fläche für die Produktion von beispielsweise Energie, Nahrung oder Kleidung benötigt wird. Konkret wird die Nutzung von sechs Kategorien produktiver Flächen gemessen: bebaute Flächen, Ackerland, Wälder, Weideland, Fischgründe und Kohlenstoffaufnahme des Landes.

Basierend auf dem ökologischen Fußabdruck, berechnet „Global Footprint Network“ jedes Jahr die Erdüberlastungstage der Länder, für die UN-Daten verfügbar sind. 

„Ich achte darauf, kein Wasser zu verschwenden, schalte das Licht aus, wenn ich es nicht brauche, und ziehe die Stecker meiner Ladegeräte“, erzählt die 24-jährige Camilla Micoui, wenn man sie nach einem nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde fragt. Die in Luxemburg-Stadt lebende Frau achtet im Alltag auf die Umwelt, denn sie will für ihre eigene, aber auch nachkommende Generationen das Beste geben.

Auch Patrick Löwen aus Mersch ist um einen ressourcenschonenden Lebensstil bemüht: „Wir haben zu Hause eine Fotovoltaikanlage, essen Obst aus dem eigenen Garten, trennen und kompostieren den Müll.“ Eine Lebensweise, die dem 48-Jährigen laut eigener Aussage einfach fällt. Doch viele Bürger des Großherzogtums tun sich mit einer nachhaltigen Art zu leben offensichtlich schwer.

Denn bereits am 15. Februar hatte Luxemburg laut Berechnung der internationalen Forschungsorganisation „Global Footprint Network“ seinen Erdüberlastungstag. Das bedeutet, dass die verfügbare Menge an natürlich nachwachsenden Ressourcen – darunter fruchtbarer Boden oder Waldflächen – für 2021 bereits seit vier Wochen aufgebracht ist.

„Stellen wir uns den Vorratskeller in einem Haus vor. Dort werden Lebensmittel gelagert, die wir zum Leben brauchen. Jahr für Jahr wird der Vorrat mit einer begrenzten Anzahl an Nahrungsmitteln aufgestockt. Wenn mehr entnommen als nachgefüllt wird, ist im kommenden Jahr weniger da. Irgendwann ist der Erd-Keller dann leer. Würde jeder so wie die Luxemburger leben, wäre das am 15. Februar der Fall gewesen“, erklärt Gil Kirchen, Projektkoordinator bei „Ëmweltberodung Lëtzebuerg asbl“.

LINK Mehr Informationen gibt es unter footprintnetwork.org.
Dort kann man auch den eigenen ökologischen Fußabdruck berechnen.

Die Organisation steht unter anderem Gemeinden, Vereinen und Institutionen beim Thema Umweltschutz zur Seite. Im internationalen Vergleich landet das Großherzogtum mit seinem Erdüberlastungstag auf Platz zwei. Nur Katar hat seine Ressourcen in diesem Jahr schneller aufgebracht – nämlich am 9. Februar. Der Überlastungstag der gesamten Weltbevölkerung fiel 2020 hingegen auf den 22. August. Im Vergleich zu anderen Ländern findet der „Overshoot Day“ in Luxemburg also sehr früh statt.

„Das Großherzogtum besitzt einen hohen Lebensstandard und somit steigt im Verhältnis zu unseren Nachbarländern der Konsum an Gütern und damit auch der indirekte Energieverbrauch durch den Kauf und die Nutzung dieser Konsumgüter“, stellt der Luxemburger „Conseil supérieur pour un développement durable“ (CSDD) in einem zum „Earth Overshoot Day 2020“ erschienenen Bericht fest.

Gil Kirchen ist Projektkoordinator bei „Ëmweltberodung Lëtzebuerg“
Gil Kirchen ist Projektkoordinator bei „Ëmweltberodung Lëtzebuerg“ Foto: Editpress/Sandra Schmit

Mathieu Wittmann, zuständig für politische Kampagnen und Projekte bei der Umweltschutzorganisation „natur&emwëlt“ zieht ähnliche Schlüsse: „Tatsächlich hat Luxemburg einen hohen Lebensstandard. Täglich fahren wir mit dem Auto zur Arbeit, werfen Lebensmittel weg, besitzen viele Kleider, die wir gar nicht tragen. Das ist verschwenderisch und energieintensiv.“ Doch es gibt noch einen anderen Grund für den großen ökologischen Fußabdruck. Bei der Berechnung fließen die zahlreichen Pendler und deren lokaler Verbrauch mit ein. Um nun ein differenziertes Bild des nationalen Fußabdruckes von Luxemburg zu gewinnen, hat der Nachhaltigkeitsrat CSDD für eine im August 2020 veröffentlichten Studie zur Berechnung ebendieses Fußabdruckes den Tanktourismus und den Verbrauch von Grenzgängern ausschließen lassen. Das Ergebnis: „Nach Berücksichtigung der Sondereffekte des ‚Non-Resident-Tankens‘ und des Konsums der Grenzgänger in Luxemburg bleibt immer noch ein Verbrauch von fast sechs Planeten und damit mehr als das Doppelte als bei unseren Nachbarn.“

Zum Problem wird das Verschwenden von Ressourcen vor allem für die nachkommenden Generationen; sie werden mit einem leeren Erd-Keller leben müssen. Um das zu ändern, wird laut Gil Kirchen bereits einiges getan: Gemeinden verpflichten sich im Rahmen des Klimapaktes, umweltfreundliche Maßnahmen zu ergreifen, der öffentliche Verkehr ist seit rund einem Jahr kostenlos und der Einsatz von Pestiziden im öffentlichen Raum verboten. Aber auch Einzelpersonen können aktiv zum Umweltschutz beitragen – mit kleineren oder größeren Veränderungen ihrer Gewohnheiten. „Da der Transport als Energiefresser gilt, kann man zum Beispiel mit dem Rad zur Arbeit fahren. Oder man lässt das Auto bei einer anderen Gelegenheit einfach mal stehen. Auch die Beleuchtung frisst Energie. Deshalb sollte man nachts nur dort Licht brennen lassen, wo es auch wirklich nötig ist. Dabei kann man auf Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren setzen“, so Kirchen.

Patrick Löwen hat zu Hause eine eigene Fotovoltaikanlage
Patrick Löwen hat zu Hause eine eigene Fotovoltaikanlage Foto: Editpress/Sandra Schmit

Transport, Energie, Ernährung – nur einige der Bereiche, in denen man die eigenen Gewohnheiten hinterfragen kann. Um den Menschen dabei zu helfen, hat „Ëmweltberodung Lëtzebuerg“ mit Unterstützung von „Youth for Climate Luxembourg“ und „natur&ëmwelt“ die Kampagne „E klenge Schrëtt fir mech, e grousse Schrëtt fir meng Ëmwelt“ gestartet. Auf der Website klengschrett.lu werden zu unterschiedlichen Themen – wie etwa „Manner Plastik“ oder „Richteg hëtzen“ – praktische Tipps gegeben. Außerdem gibt es Spiele, Quizze sowie Informationen und Fakten zu den verschiedenen Themen.

Camilla Micoui achtet im Alltag auf die Umwelt
Camilla Micoui achtet im Alltag auf die Umwelt Foto: Editpress/Sandra Schmit

Auch unter naturemwelt.lu/de/project/conscious-challenge/ finden sich im Rahmen der „Conscious Challenge“ kleine Alltagstipps für aktiven Naturschutz. Wer bei dieser Vielzahl an Möglichkeiten gar nicht weiß, wo er anfangen soll, dem rät Mathieu Wittmann: „Man soll sich einfach fragen, was man braucht und worauf es sich vielleicht leichter verzichten lässt. Wenn jemand ohnehin nicht viel Fleisch isst, fällt es leichter, dieses öfters wegzulassen. Ein anderer interessiert sich vielleicht schon lange für Elektroautos, ein Umstieg darauf ist dann nicht schwer. Es geht nicht darum, perfekt zu sein und alles umzusetzen, man soll vielmehr einfach das machen, was man kann. Jeder kann sich etwas verbessern. Man muss nur damit anfangen.“

Und kann so dann dazu beitragen, dass der Erdüberlastungstag in den kommenden Jahren vielleicht erst später kommt.

Laurent Schreiner
29. Juli 2021 - 9.55

Ech kommentéieren den Artikel net well en nëmmen d'Wourecht enthält. Wéi och ëmmer, dës Kommentarer solle kommentéiert ginn: dës Leit hunn einfach näischt verstan a realiséiere net wat geschitt wa mir weider d'Ressourcen vun der Natur klauen. D'Konsequenze ginn eis all Dag kloer gewisen; vu kengem anere wéi der Natur !!!

Rufus
17. März 2021 - 9.00

Ech retten den Erdkeller net andeens ech LED ausschalten. En plus hu mir grengen Stroum. Deen Text ass e bessen naiv.

Mann Mann Mann
16. März 2021 - 18.53

Jeden Tag, kommt es euch Oekos denn gar nicht in den Sinn mal eine Pause einzulegen? Hoffentlich geht es den meisten wie mir, ich kann keinen von euch mehr sehen. Als nächste werden die Strassen wieder gesperrt für Fahrradfahrer mit Hänger wie Frau Hammer geschiedene Sichel, sowie der Kabarettist Andreas Rebers die nennt. Ich hab noch nie eine leere Dose in den Wald geschmissen, bekomme aber immer mehr Lust darauf?

Antoine
16. März 2021 - 15.37

Mengt dir, d'Leit hätten net schons genuch d'Flemm.

Till d‘Eil virum Spiggel
16. März 2021 - 10.43

„ Ablass „ mat menger CO2 Steier , Ökotaxen sin ech vun allen Emweltsennen frai gesprach.

Jemp
16. März 2021 - 10.40

Allein die Veröffentlichung dieses Artikels hat mehr Energie und Ressourcen gekostet, als das ganze Land sparen kann, wenn jeder den Stecker seiner Ladegeräte ein Jahr lang herauszieht, wenn nicht geladen wird. Die Sache ist eigentlich ganz einfach: Die Erde kann keine 6 Milliarden Menschen ernähren, weder auf modernem Niveau, noch auf Mittelalterniveau, noch bei Steinzeitlebensweise.