OGBL-Analyse der ProgrammeKeine Wahlempfehlung, aber Parteien, die zu weit gehen

OGBL-Analyse der Programme / Keine Wahlempfehlung, aber Parteien, die zu weit gehen
Spezialdossier der Gewerkschaft zu den anstehenden Nationalwahlen Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Nationalvorstand des OGBL beschäftigte sich am Dienstag ausführlich mit den Wahlprogrammen der Parteien. In einem Dossier, das in den nächsten Tagen verteilt werden wird bzw. auf der Internetseite der Gewerkschaft eingesehen werden kann, vergleicht der OGBL die jeweiligen Programme mit den eigenen Vorstellungen und geht davon aus, dass dies den Mitgliedern als Orientierung in der Wahlkabine dienen kann.

Erst zweimal in der Geschichte des OGBL gab dieser eine Wahlempfehlung ab, beide Male gegen die CSV. Zuletzt war dies der Fall, als ein CSV-Finanzminister dem Land eine kontraproduktive Austeritätspolitik aufzwang. Dass dieser Politiker, Luc Frieden, ausgerechnet jetzt Spitzenkandidat der CSV ist, reicht der Gewerkschaft nicht für eine weitere elektorale Empfehlung, auch wenn der OGBL, wie Präsidentin Nora Back im Anschluss an den Nationalvorstand erläuterte, angesichts der von ihm versprochenen Steuererleichterungen für alle davon ausgeht, die CSV habe sich in eine Zwickmühle manövriert. Mittlerweile haben zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler der Theorie des ehemaligen Bankers der Deutschen Bank, Frieden, widersprochen, der behauptet, die versprochenen umfassenden Steuererleichterungen würden sich durch Wachstum selbst finanzieren. Dass sich der erst jüngst von diesem Posten zurückgetretene Präsident der Handelskammer zum arbeitnehmerfreundlichen Sozialpolitiker gewandelt haben soll, hat Back unlängst auf RTL eher skeptisch kommentiert und angekündigt, die Gewerkschaft werde seine Entwicklung nicht aus den Augen verlieren.

Also diesmal keine Wahlempfehlung, weder eine positive noch eine negative, dennoch wird bei der Lektüre der Programmanalyse schnell klar, welche Parteien den Vorstellungen der Arbeitnehmervertreter eher entsprechen und welche nicht.

ADR in einer weltfremden Blase

So wird gleich zu Beginn der Publikation, in einer Art Vorwort, darauf verwiesen, dass sich rechtspopulistisches, nationalistisches und identitäres Gedankengut wie ein roter Faden durch das Wahlprogramm der ADR zieht. Die Partei bewege sich politisch und ideologisch in einer weltfremden Blase einer vermeintlich ethnisch homogenen luxemburgischen Kultur- und Volksgruppe, die es in Wirklichkeit so noch nie gegeben habe, und verneine den historischen Fluss der Ansammlung vielfältiger Kultureinflüsse. Die Partei mache sich der Spaltung der luxemburgischen Gesellschaft schuldig.

Auf wenig Gegenliebe stößt auch die ADR-Abspaltung „Liberté – Fräiheet“, deren Programm sich über weite Strecken wie Stammtischtiraden oder Twitterposts lese. Das Programm dieser neuen Reding-Partei wurde deshalb im Analyse-Papier nicht berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wurde auch das Programm der KPL, dies allerdings nicht aus politischen Gründen, sondern schlicht und ergreifend, weil es zu spät in seiner gedruckten Form vorlag, um in der Analyse behandelt werden zu können.

Die DP überschreite derweil einige rote Linien in ihrem Programm. So ist der OGBL in Sachen Arbeitszeitdiskussion nicht mit der anvisierten weiteren Flexibilisierung einverstanden, bei der es sich um die schiere Übernahme einer UEL-Position, also eines Wunsches der Arbeitgeber, handele. Auch die konsequente Ablehnung einer Vermögenssteuer – für den OGBL eine Möglichkeit, den generationenübergreifenden sozialen Ungerechtigkeiten zu begegnen – durch die DP sieht die Gewerkschaft als falsches Vorgehen. Weitere Senkungen der Betriebsbesteuerung, wie sie die DP verspricht, seien ebenso wenig notwendig, so Nora Back, die allerdings in den Programmen der meisten Parteien auch positive Momente erkennt.

Nur Fokus und Piraten für gedeckelten Index

So versuche mittlerweile – nach der Tripartite vom Oktober letzten Jahres, bei der den OGBL-Forderungen nach einem kompletten Ausbezahlen der geschuldeten Index-Tranchen aufgrund von massiven Protesten nachgegeben werden musste – fast keine Partei mehr, an dem bestehenden Index-Modell zu rütteln. Lediglich Fokus und die Piraten schlagen einen gedeckelten Index vor. Auch diese beiden Parteien überschreiten damit eine vom OGBL gesetzte rote Linie. Die DP widersetzt sich dem Prinzip des Index zwar nicht, verlangt aber eine Neutralisierung der Erdölprodukte im Warenkorb des inflationsausgleichenden Instrumentes; eine Manipulationsabsicht, die der Gewerkschaft nicht gefallen kann.

Positiv hob Nora Back während der Pressekonferenz vom Dienstag hervor, dass mittlerweile alle Parteien verstanden hätten, dass der Wohnungsnot im Land aktiv begegnet werden müsse, und dass der Markt und seine unsichtbaren Kräfte die Dinge diesbezüglich nicht zum Besseren wenden können.

In seiner Analyse der Programme behandelt der OGBL ausschließlich jene Themenbereiche, die für die gewerkschaftliche Arbeit zentral sind. Hierzu gehört auch der Mindestlohn. Fast alle Parteien sind bereit, diesen sowohl an die Preis- als auch an die allgemeine Lohnentwicklung anzupassen. LSAP und „déi Lénk“ wollen ihn erhöhen, LSAP, Fokus und Piraten wollen ihn komplett von Steuerabgaben befreien.

Grüne und Piraten ohne Meinung zu Arbeitszeitverkürzung

Eine gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit, ein zentrales historisches Thema der Gewerkschaftsbewegung, klaffen die Vorstellungen der Parteien weit auseinander. LSAP und Linke wollen eine sechste gesetzliche Urlaubswoche einführen und die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verkürzen. Diese sozialen Fortschritte werden von DP, CSV, Fokus und ADR kurzerhand abgelehnt. Diese für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen wichtige Debatte berührt Grüne und Piraten offensichtlich nicht, die sich in ihren Programmen hierzu nicht äußern.

Eine positive Feststellung in dem Papier ist die Tatsache, dass sich alle großen Parteien für einen Ausbau der beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen und -möglichkeiten aussprechen. Ein Recht auf Weiterbildung komme allerdings in keinem der vorliegenden Programme vor.

Fast alle Parteien, bis auf die ADR, sind sich darüber einig, dass die Besteuerung der arbeitenden Menschen reformiert werden muss. Ob dies nun durch eine Anpassung der Steuertabelle mit Anpassung an den inflationsbedingten Einkommensverlust (kalte Progression), durch Abschaffung der Steuerklassen, durch Erleichterungen oder Vergünstigungen erfolgen soll, darüber gibt es unterschiedliche Vorschläge. Wichtig ist für den OGBL, dass die fünfeinhalb Index-Tranchen, die sich über die Inflationsverluste angesammelt haben, nachgeholt werden.

Schließlich zeigt die Gewerkschaft sich erleichtert darüber, dass keine Partei in ihrem Programm eine Verschlechterung der Renten, sprich eine von der Arbeitgeberseite geforderte Erhöhung des Renteneintrittsalters oder eine Verschlechterung der Leistungen, vorsieht. Lediglich die ADR sieht die Renten gefährdet und möchte die Renten der Immigranten und Grenzgänger deckeln, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren. Wieder ein ausländerfeindlicher Tenor der Partei, der für den OGBL nicht zu akzeptieren ist.

max.l
1. Oktober 2023 - 18.55

ëch fannen nët richtëg, dat elo op eemol eng Gewerkschaft sëch an de Wärdegang vun de Waalen amëscht, oder och soss iirgend Een.. an enger komplizéierter Welt, wéi ët am Moment ass, huët de Biirger genug "Pouvoir" a sëcherlëch genug "Mënschverstand" fiir selwer zë wëssen Wiën a Wat hië wiëlt ët gët scho genug Waasser op d'Mille gedrëckt a wa mër solle Wiële goën, heescht dat, dat de Biërger seng eege Meenung an seng eege Idii déi hië vertrët selwer können op de Papäier brengen mat ë bëssië Iwwerleeung ass gewosst mat méi Drock op Eppes gemaach gët, dann kënnt just dë Contraire dobäi raus