Es ist ein kaum versteckter Seitenhieb in Richtung der Koalitionäre auf Schloss Senningen. „Mit uns ist nicht gesprochen worden“, sagt Paulette Lenert am Dienstag in der Parteizentrale der LSAP am Krautmarkt. Die Wahlen sind mehr als fünf Wochen her, aber der verletzte Stolz, er scheint immer noch ein bisschen zu schmerzen. Für die Luxemburger Sozialisten markiert die kleine Pressekonferenz an diesem Vormittag den Startschuss für einen Neuanfang. „Die LSAP ist gestärkt aus den Wahlen hervorgegangen“, sagt Lenert. „Das macht uns optimistisch, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen.“
Die nächste Etappe, das sind mindestens fünf Jahre Opposition – nach zehn Jahren Regierung. Anführen wird diese LSAP-Opposition, und das ist die große Neuigkeit dieses Tages, die Noch-Innenministerin Taina Bofferding. Lenert betont den Teamgeist, das Zusammenstehen und die Solidarität innerhalb der Partei. Es gebe bei der LSAP keinen Automatismus, der die Spitzenkandidatin zwangsläufig zur Fraktionspräsidentin küren würde. „Ich hatte die große Chance, das Vertrauen von meiner Partei zu bekommen, das Regierungsteam als Vizepremierministerin anführen zu dürfen“, sagt Lenert. Es sei aber auch ihre starke persönliche Überzeugung, dass „wir im Team stark sind und dass es darum geht, einem Maximum an Menschen auch ein Maximum an Chancen geben zu können.“ Für Lenert und die LSAP sei es klar gewesen, dass sie den Stab nun weiterreichen möchte.
Ein halbes Leben LSAP
Der geht nun an Taina Bofferding. „Ich bin wahnsinnig froh über das Vertrauen, das meine Kolleginnen und Kollegen in mich setzten und ich bin ganz motiviert für die neue Herausforderung“, sagt Bofferding. Die 40-Jährige ist schon beinahe ihr halbes Leben LSAP-Mitglied. 2004 trat sie in die Partei ein, von 2008 bis 2012 war sie Präsidentin der Jungsozialisten. Bofferding saß im Escher Gemeinderat, arbeitete für den OGBL. 2013 wurde sie ins Parlament gewählt, im Kabinett Bettel II stieg sie 2018 zur Innenministerin und Ministerin für Chancengleichheit auf. Nun führt Bofferding als Fraktionspräsidentin der LSAP die stärkste Oppositionspartei im Parlament an – mit Lenert als Vizepräsidentin und Stellvertreterin.
Wir werden nicht kritisieren, einfach nur um zu kritisieren
„Wir fühlen uns absolut bestätigt in unseren Ideen und Positionen und die werden wir auch weiterhin offensiv nach vorne tragen und verteidigen“, sagt Bofferding. Dennoch werde man als Oppositionspartei nicht alles aus Prinzip schlecht finden. „Wir werden nicht kritisieren, einfach nur um zu kritisieren.“ Wenn es um Fortschritt gehe, um Modernisierung, sei die LSAP auch bereit, CSV und DP in ihrer Arbeit zu unterstützen. Aber überall dort, wo die zukünftige konservativ-liberale Regierung weniger gerecht, weniger sozial, weniger ökologisch handeln werde, werde sich die LSAP zu Wort melden. „Uns ist es wichtig, für die Bedürfnisse der ganzen Gesellschaft einzustehen, egal welcher Nationalität, welchen Geschlechts oder welcher sozialer Herkunft“, sagt Bofferding. „Wir können Majorität, aber wir können auch Opposition.“
Schon wenige Tage nach der Wahl am 8. Oktober hatte sich Alex Bodry, ehemaliger LSAP-Minister und -Abgeordneter, auf X zu Wort gemeldet, um seinen Parteikollegen eine stärkere Zusammenarbeit mit den Grünen nahezulegen, ein „gemeinsames regierungstaugliches sozial-ökologisches Projekt“. Dazu sagt Bofferding heute: „Dort, wo Überschneidungen sind, dort, wo wir unsere Stärken bündeln können, werden wir ganz sicher zusammenarbeiten.“ Die LSAP steht mit elf Abgeordneten als mit Abstand größte Fraktion einer Opposition vor, in der es außerdem nur eine weitere Partei in Fraktionsstärke gibt: die ADR. Auf die Frage, wie man mit deren Provokationen umgehen werde, antwortet Bofferding: Man habe das Wahlergebnis zu akzeptieren, „aber wenn es uns zu bunt wird, wenn sie mit Forderungen kommen, die im Gegensatz zu unseren Prinzipien stehen, dann werden wir das auch so artikulieren.“
In einem Gastbeitrag im Tageblatt kritisierte der noch amtierende Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) vor wenigen Tagen den zukünftigen Regierungschef Luc Frieden und dessen anvisierten Sparkurs mit scharfen Worten. Hat er damit den Ton für die neue LSAP-Opposition vorgelegt? „Wir sind nicht für einen Kuschelkurs bekannt“, sagt Bofferding. Die Fraktion sei breit aufgestellt, unterschiedliche Profile, unterschiedliche Kompetenzen, unterschiedliche Generationen. „Das ist eine Stärke“, sagt Bofferding. Lenert werde sich der Oppositionsarbeit mit derselben Energie widmen wie ihrer Regierungsarbeit. „Die Wählerinnen und Wähler können absolut auf mich zählen.“
Auch Bofferding kann sich am Ende einen Seitenhieb nach Senningen nicht verkneifen. Gerne hätte sie an diesem Tag in ihrer neuen Rolle als Fraktionspräsidentin die Gelegenheit genutzt, um auf die neusten Entwicklungen bei den Koalitionsverhandlungen zu reagieren. „Aber nun ist es so, dass der Herr Frieden nichts gesagt hat, auf was man reagieren könnte.“ Bofferding stellt ein großes Transparenzdefizit in der Art und Weise fest, wie die künftige Regierung aus CSV und DP agiert. „Das ist ein Novum im Vergleich dazu, wie wir als Dreier-Regierung bislang funktioniert haben, wie überhaupt eine Regierung funktionieren sollte.“
De Maart
Ah jo Ujheen do kann ech der nëmmen zoustëmmen.
Sie solle net soueren, sie hunn och 2013 an 2018 d‘Paafen ignoréiert an an d‘Oppositioun gedréckt. D‘Kaviarsozialiste sinn esou schlecht a beleidegt Verléierer, dat hu mer un dem Fayot sengem Artikel leschtens gesinn!