„Israel hat seine Scham verloren“: Berühmt-berüchtigter Journalist Gideon Levy über den Nahostkonflikt

„Israel hat seine Scham verloren“: Berühmt-berüchtigter Journalist Gideon Levy über den Nahostkonflikt

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Man hasst oder liebt ihn, kalt lässt er niemanden: der berühmt-berüchtigte israelische Journalist Gideon Levy (66). Vor Jahren konnte er nur mit Personenschutz vor die Tür, nun erzählt er, wie es um die Gerechtigkeit in seinem Land steht. Ein Interview.

Mit Fotos von Isabella Finzi

Tageblatt: Hat Ihre Arbeit den gleichen Einfluss wie früher?
Gideon Levy: 1986 habe ich zum ersten Mal über eine Frau geschrieben, die ihr Baby an einem Checkpoint verloren hat. Sie fuhr zu drei verschiedenen Checkpoints. Niemand ließ sie durch. Sie brachte ihr Kind im Auto zur Welt. Dann trug sie ihr Kind im Dunkeln zwei Kilometer zu Fuß nach Ost-Jerusalem. Als sie ankam, war ihr Baby tot. Israel war schockiert. Seitdem habe ich über mindestens zehn ähnliche Fälle geschrieben: Fast niemand hat mehr reagiert.

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Woran liegt das?
Die sozialen Medien sind ein großes Problem. Ich glaube, sie zerstören den Journalismus. Ich erzähle trotzdem weiter die Wahrheit.

Frustriert Sie das?
Ja, aber welche Wahl habe ich? Wir sagen auf Hebräisch: „Einer muss den Job machen“. Ich glaube fest daran, dass jemand die Besetzung dokumentieren muss. Ich schäme mich oft für das mangelnde Interesse an meiner Arbeit. Aber solange meine Zeitung bereit ist, meine Arbeit zu veröffentlichen, schreibe ich weiter. Kein Zweifel.

(lange Denkpause, Blick nach unten)

Ich empfinde oft Genugtuung, wenn ich zurückblicke … 35 Jahre Journalismus … Woche für Woche – die gleiche Story. Gleichzeitig wurde die Okkupation immer brutaler und grausamer. Wenn ich auf das ganze Projekt blicke, sage ich mir: Es hat sich gelohnt. Es muss irgendeine Bedeutung haben.

Berichten Sie noch vor Ort?
Journalisten müssen vor Ort sein. Sie können nicht nur in ihrem Büro hocken und philosophieren. Ich schreibe oft Meinungsartikel über meine Erlebnisse, die mehr gelesen werden als meine Reportagen. Aber der Kontakt mit den besetzten Gebieten ist für mich zentral. Sie können sich nicht vorstellen, wie schlimm es für mich ist, nicht nach Gaza zu können.

Israelische Journalisten dürfen nicht nach Gaza reisen.
Ja, das ist fatal. Das schmerzt mich sehr. Ich darf nicht einmal mit Menschen aus Gaza telefonieren. Die Hamas verbietet es den Menschen, mit israelischen Journalisten zu reden. Früher konnte ich jemanden mit ein wenig Glück per Skype erreichen, heute kann ich das vergessen.

Was löst das in Ihnen aus?
Wenn ich einen Platz auf der Welt auswählen könnte, an dem ich sein möchte, wäre es Gaza – nicht Bali oder sonst irgendwo. Ich träume davon.

Sie kritisieren, dass dies die israelische Jugend kaltlässt. Sie sei ignorant. Warum?
Ich will nicht wie diese alten Menschen klingen, die sich immer über die ignorante Jugend beschweren – es stimmt aber meistens. (lacht) Es stimmt auch, dass die Alten immer glauben, ihre Generation sei wunderbar gewesen. Aber die jungen Menschen in Israel lesen wenig.

Das klingt pauschal.
Gehen Sie nach Israel in ein Klassenzimmer und fragen Sie, wer Ben-Gurion ist. 40 bis 50 Prozent der Schüler werden es nicht wissen. Sie haben vielleicht von ihm gehört, weil eine Straße nach ihm benannt ist. Die heranwachsende Generation in Israel ist extrem ignorant. Es gibt kleine sachkundige Gruppen. Aber ich schäme mich für die Mehrheit.

Wie geht die Politik mit der militärischen Besetzung der Palästinensergebiete um? Kein Politiker hat die Okkupation während der letzten beiden Wahlkampagnen thematisiert. Sie ist der unsichtbare Elefant im Raum. Sie wissen das. Ich bin mir aber nicht sicher, ob jeder das noch weiß: Es ist eine militärische Besetzung, die eine halbe Stunde von unserem Zuhause entfernt stattfindet. Wir reden hier nicht von einer Kolonie in Übersee. Die Besetzung findet in unserem Hinterhof statt.

Entsteht Politikverdrossenheit durch Korruption? Gegen Premier Benjamin Netanjahu wird gerade in mehreren Fällen ermittelt.
Nicht alle Politiker sind korrupt. Gerade die israelische Linke ist es weniger, bis auf einige Ausnahmen. Die Rechte ist am korruptesten. Nebenbei: Netanjahu ist nicht der korrupteste israelische Politiker. Das wird oft übertrieben. Er ist ein unmöglicher Mensch und korrupt. Aber wenn man die aktuellen Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu näher betrachtet: Es ist hässliches Verhalten. Aber Avigdor Lieberman und Ariel Scharon waren zehnmal korrupter als er.

Beschönigen Sie gerade Korruption?
Ich kann jemandem verzeihen, der in seinem Privatleben ein wenig korrupt ist, wenn er das Verbrechen der Okkupation beendet. Aber es traut sich niemand. Das ist politischer Selbstmord in Israel.

Selbst die Linke nicht?
Die zionistische Linke und Labour sind die Gründungsväter der Besetzung und Siedlungen. Ich glaube, dass Menschen wie Schimon Peres (ehemaliger Präsident und Premierminister Israels, Anm. d. Red.) für mehr Siedlungen verantwortlich sind als Benjamin Netanjahu und seine Partei Likud.

Warum?
Die Linken versuchen, von allen Welten zu profitieren: Sie sind die Liberalen, die Friedensnobelpreise gewinnen. Gleichzeitig errichten sie Siedlungen. Es gibt keine Alternative. Eine echte politische Linke existiert nicht in Israel. Sie haben die Wahl zwischen netten und weniger netten Rechten.

Wen bevorzugen Sie?
Die radikalen Rechten sind zumindest ehrlich. Sie verstecken ihren Rassismus und ihre Diskriminierung nicht. Was mich viel mehr ärgert, ist der versteckte Rassismus, den man bei fast jeder Partei findet.

Das heißt?
Extremismus und Rassismus sind in Israel politisch korrekt geworden. Sie sind Mainstream. Der größte Unterschied zwischen Israel und anderen Staaten ist, dass der Rassismus nicht von den armen und frustrierten Klassen kommt, sondern von ganz oben: der Politik und den Medien. Es ist fast politisch inkorrekt, gegen Rassismus zu sein. Israel hat seine Scham verloren.

Dennoch beschwört die EU weiter eine Zwei-Staaten-Lösung. Alles nur Wunschdenken?
Ich rede gelegentlich mit europäischen Politikern. Ich habe etwa die ehemalige schwedische Außenministerin Margot Wallström getroffen. Ich habe bei ihr gespürt, dass sie weiß, dass sie eine Sprache spricht, die nicht mehr relevant ist. Einige Politiker wissen es. Aber ihnen fehlt der Mut.

Warum?
Der Schritt von der Zwei-Staaten-Lösung hin zur Ein-Staaten-Lösung bedeutet das Ende des Zionismus, des jüdischen Staats und vieler legitimer Träume. Das ist nicht einfach für die internationale Gemeinschaft. Ich bin mir nicht sicher, ob die EU sehr daran interessiert ist, die Okkupation zu beenden. Sicher bin ich mir heute, dass die Amerikaner nie ein echtes Interesse daran hatten, die Besetzung zu beenden. Warum sollten sie auch? Man kann ewig weitermachen, ohne einen Preis dafür zu bezahlen. Jeder alternative Weg wird ein teures Preisschild dran haben. Das gilt auch für die Palästinensische Autonomiebehörde.

Die Zwei-Staaten-Lösung ist ihre Raison d’Être.
Genau. Ich bin mir sicher, dass es palästinensische Politiker gibt, die wissen, dass es nie einen vertretbaren palästinensischen Staat geben wird. Man muss realistisch sein. Entweder wartet man auf etwas, das nie passiert. Oder man verändert den Diskurs. Die Ein-Staaten-Lösung ist die einzige Lösung. Die Frage ist, welche Art von Staat es sein wird.

Wie stellen Sie sich die Ein-Staaten-Lösung vor?
Viele Dinge, die undenkbar waren, sind passiert. Nehmen Sie Südafrika. Als ich dort war, sah ich weiße Bettler in den Straßen und einen schwarzen Boss mit einer weißen Sekretärin. Wer hätte das früher für möglich gehalten? Wer hätte früher an die Wiedervereinigung Deutschlands geglaubt? Und sie passierte.

Aber wie stellen Sie es sich konkret vor?
Die Zwei-Staaten-Lösung löst weder das Problem der palästinensischen Minderheit in Israel noch der palästinensischen Flüchtlinge oder des Rechts auf Rückkehr. Die Ein-Staaten-Lösung hilft hingegen. Vollständige Gerechtigkeit wird es aber nie geben.

Warum?
Das würde für die Palästinenser bedeuten, dass sie ihr Land zurückbekommen und wir Juden gehen. Aber dann stellt sich die Frage: Wo gehen wir hin? Dadurch entsteht eine neue Ungerechtigkeit. Wir können nirgends hin. Wir gehen nicht zurück nach Europa. Ich bin mir nicht sicher, ob Europa uns will. Wir gehen auch nicht zu den arabischen Staaten. Wir sind jetzt Israelis. Es ist also ein Kompromiss.

Wie stellen Sie sich den Kompromiss vor?
Gleiche Rechte für alle: ein Mensch, eine Stimme. Lassen Sie Israel Nein sagen. Wenn Israel gleiche Rechte für alle ablehnt, gibt es zu, ein Apartheid-Staat zu sein.

Das Totschlagargument lautet: Die demografische Entwicklung spricht für die arabischen Einwohner.
Was ist die Alternative? Wir leben seit 52 Jahren in der Ein-Staaten-Lösung. Das einzige Problem dieses Staats ist das Regime. Es ist keine Demokratie, sondern eine Tyrannei für die Palästinenser. Es ist eine der brutalsten Tyranneien auf dem Planeten.

Wie groß ist der Schaden von Donald Trumps Nahostpolitik?
Falls Trump gestoppt wird, sind seine Taten schnell umkehrbar. Wenn man Israel jedoch erlaubt, die Westbank zu annektieren, dann ist das ein positiver Schritt. Ich glaube, dass Israel nicht gewillt ist, seinen Bürgern die gleichen Rechte zu geben. Ich freue mich auf die Annektierung. Ich weiß, dass es schrecklich klingt. Wenn die Annektierung stattgefunden hat, wird Israel als Apartheid-Staat bezeichnet. Dann ist die Maskerade beendet.

Ist das eine Ihrer Provokationen oder Ihr Ernst?
Nein, das ist keine Provokation. Die Palästinenser sind gespalten, ohne Führung und ohne Kampfgeist. Israel ist militärisch, wirtschaftlich, politisch und diplomatisch sehr stark. Das könnte noch lange so bleiben. Das System muss erschüttert werden.

Wie meinen Sie das mit der Führung?
Die Palästinenser haben keinen Nelson Mandela, einen großartigen, charismatischen Führer. Sie haben auch keinen Jassir Arafat mehr. Er setzte sich für das gesamte palästinensische Volk ein. Heute kann niemand mehr für die gesamte palästinensische Bevölkerung sprechen. Israel hat lange an dieser Spaltung gearbeitet. Die Palästinenser tragen auch die Verantwortung für sehr viele ihrer eigenen Fehler.

Sie zeichnen ein düsteres Bild.
Vor zwei Jahren war meine Einschätzung noch düsterer. Jetzt habe ich eine Art Vision: die Ein-Staaten-Lösung mit gleichen Rechten für alle. Es klingt wie ein Traum. Vorher hatte ich nicht mal einen Traum.

Es gibt Menschen, die nennen jene, die mit kritischen Journalisten wie Ihnen reden, Antisemiten. Ärgert Sie das?
Die politische Strategie Israels änderte sich vor einigen Jahren. Um Kritik an Israel zu bekämpfen, wird jede Kritik als antisemitisch bezeichnet. Das ist eine strategische Entscheidung und eine zynische Manipulation. Was mich sehr überrascht: wie die EU und die USA dem nachgeben.

Wie schwierig ist das für Sie?
Das ist eine größere Herausforderung für Sie als für uns in Israel: Es ist Ihre Demokratie, Ihre Meinungs- und Ausdrucksfreiheit. Wenn Sie die Erpressung durch Israel akzeptieren, haben Sie ein Problem.

Schmerzt es Sie, mundtot gemacht zu werden?
(Das einzige Mal, dass Levy kurz Tränen in den Augen hat.) Es ist sehr unangenehm. Früher war ich öfters zu Gast im israelischen Fernsehen. Das ist nicht mehr der Fall. Das letzte Mal war vor einigen Jahren. Ich werde nicht mehr eingeladen … „Ja“ (auf Hebräisch) … Das ist der Preis. Ich kann es nicht vermeiden. Was soll ich tun? Ich kann niemanden dazu zwingen. Ich kann meine Ansichten aber auch nicht verändern.

Sind Sie radikaler als früher?
Ich bin zu radikal geworden. Sobald man sich nicht mehr als Zionist definiert, ist man nicht mehr legitim in Israel. Das ist die rote Linie. Wenn Sie sagen, „mir ist der jüdische Staat egal, ich will nur eine Demokratie“ (Schnalzlaut), dann haben Sie verloren. Es ist vielleicht nicht taktisch klug von mir. Aber ich kann mich nicht selbst belügen. Es fällt mir heute nicht mehr so schwer wie am Anfang. Ich stand früher stärker in der Öffentlichkeit. Das war auch nicht sehr effizient. Dafür fühle ich aber, dass ich die Wahrheit sage … Ich habe mir nicht gewünscht, dass es so kommt. Ich bin in Israel komplett ausgegrenzt. Meine Zeitung ist die einzige Ausnahme.

Hat Haaretz Sie jemals im Stich gelassen?
Nein. Nicht einmal 2014: Ein Artikel von mir über einen israelischen Piloten führte zu einem Schaden für Haaretz, den sie auf eine Million Euro schätzen. Die Verleger und die Chefredakteure standen hinter mir. Ich weiß nicht, welcher andere Verleger mich nach so einem Vorfall weiterhin beschäftigt hätte. Aber auch das kann ich nicht als selbstverständlich betrachten. Der aktuelle Herausgeber ist nicht jung. Ich weiß nicht, was nach ihm passiert. Ich weiß nicht, was in Israel passiert.

Wie meinen Sie das?
Wenn diese Regierung weitergeführt wird, könnten viele Dinge, die ich heute schreibe, illegal werden. Es wird zum Beispiel darüber nachgedacht, ein Gesetz einzuführen, das die Kritik an Soldaten verbietet. Dann kann ich „mein Geschäft schließen“, wie wir auf Hebräisch sagen. Wenn ich israelische Soldaten oder die Armee nicht mehr kritisieren darf, kann ich überhaupt nichts mehr tun.

Müssen Sie noch um Ihr Leben fürchten?
2014 wurde ich von Bodyguards begleitet. Jetzt ist es wieder in Ordnung. Je weniger ich ins Fernsehen eingeladen werde, desto weniger erkennen mich die Menschen auf der Straße. Und die Haaretz-Leser haben gelernt, mit mir zu leben. (lacht) Aber es gab Zeiten, während denen ich ziemliche Angst hatte. Ich wurde mehrmals physisch angriffen … „ja“…

Sie sind zu Hause isoliert, dafür hallt Ihre Stimme um die Welt. Schöpfen Sie daraus Kraft?
(Levys Augen strahlen) Es ist einerseits sehr ermutigend. Wirklich. Andererseits ist es sehr frustrierend. Am Ende des Tages will ich die israelische öffentliche Meinung erreichen. Ich will in Israel gehört werden, nicht in Luxemburg. Aber ich bin jetzt wirklich ehrlich: Ich habe in den letzten Jahren, wenn ich meine Artikel geschrieben habe, mehr an meine internationalen Leser gedacht und stärker auf die englische als auf die hebräische Version von Haaretz geachtet. Ich habe wirklich aufgegeben. Das ist die Wahrheit.


Gideon Levy und
der Luxemburger Robert Goebbels

Der israelische Journalist Gideon Levy war jüngst auf Einladung der luxemburgischen NGO „Comité pour une paix juste au Proche-Orient“ (CPJPO) in Luxemburg. Das CPJPO hatte in der Abtei Neumünster ein Symposium veranstaltet, an dem neben Levy auch Außenminister Jean Asselborn sprach. Besonders kurios: Levy bemerkte zu Beginn seines Vortrags an, dass er einen Luxemburger im Publikum kenne: den LSAP-Politiker Robert Goebbels. Das Tageblatt hat während des Interviews nachgefragt, woher Levy Goebbels kennt.

Hier die Antwort von Levy im Wortlaut: „Vor 40 Jahren waren wir beide, das haben die Amerikaner so entschieden, ‚vielversprechende Führungspersönlichkeiten unserer Länder‘. Das US-Außenministerium hat ein spezielles Programm, mit dem es junge Menschen aus der ganzen Welt einlädt. Jeder reist alleine an und bleibt einen Monat in den USA. Ich reiste und wurde zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Robert Goebbels in Verbindung gesetzt. Wir haben nur drei bis vier Tage zusammen verbracht. Ich habe ihn danach nie wiedergesehen. Als ich nach Luxemburg eingeladen wurde, kam mir als Erstes in den Sinn: Ist Robert noch am Leben? Ich wusste noch, dass er älter ist als ich. Ich erinnere mich noch daran: Wir haben abends zusammen gegessen, ich habe Robert ins Hotel gebracht und bin ins Restaurant zurückgekehrt. Die Kellnerin hat mir gut gefallen. Ich werde darüber schreiben. Er hat mir inzwischen ein Foto geschickt, auf dem er zwischen François Mitterrand und Golda Meir (ehemalige Ministerpräsidentin Israels, Anm. d. Red.) zu sehen ist. Ich habe ihm gesagt: ‚Die Amerikaner haben zumindest in deinem Fall eine gute Wahl getroffen, weil du Minister geworden bist. Bei mir bin ich mir mit der Wahl nicht so sicher.‘“ (lacht)


Wer ist Gideon Levy?

Gideon Levy (66) ist ein israelischer Journalist. Er schreibt seit 1982 für Israels älteste Zeitung Haaretz und ist Mitglied ihres Herausgeberkreises. Levy wurde in Tel Aviv geboren und hat einen M.A. in Politikwissenschaften der Tel Aviv University. Levy diente ab 1974 im israelischen Militär als Reporter für einen Armeesender. Er arbeitete gleichzeitig von 1978 bis 1982 an der Seite von Schimon Peres, damals in dessen Funktion als Leader der israelischen Arbeiterpartei.

1982 begann Levy, für Haaretz zu schreiben. Er war vier Jahre lang stellvertretender Chefredakteur und wurde durch seine wöchentliche Kolumne „Twilight Zone“ bekannt. In dieser beschreibt er Israels militärische Besatzung des Westjordanlands und von Gaza. Er ist zudem für seine kritischen Leitartikel bekannt. Levy hat mehrere Journalistenpreise gewonnen (Emil-Grünzweig-Menschenrechtspreis der Vereinigung für Bürgerrechte in Israel, Preis der Vereinigung der Journalisten Israels, Euro-Med-Journalistenpreis der Anna-Lindh-Stiftung, Peace Through Media Award der Next Century Foundation, Olof-Palme-Preis der Olof-Palme-Stiftung für seinen „Kampf gegen Besatzung und Gewalt“).

Levy erlangte 2014 wegen seiner Kommentare gegen den Gaza-Krieg Weltberühmtheit. Seine kritischen Berichte führten dazu, dass innerhalb kürzester Zeit 1.000 ältere, treue Leser ihr Abonnements kündigten. Obschon Haaretz ähnliche Erfahrungen in vergangenen Kriegen gemacht hatte, war es neu, dass sich die Wut gegen einen einzelnen Journalisten richtete. Das Argument: Levy bewege sich „außerhalb des zionistischen Konsenses und schade der Öffentlichkeit“. Was jedoch positiv war: Die Zahl der Neu-Abonnenten für die hebräische Digital-Ausgabe überstieg die Zahl jener Leser, die ihr Print-Abo gekündigt hatten. Haaretz ist die einzige Zeitung in Israel mit einem Bezahlsystem für seinen Online-Auftritt.